MoR 05 - Rubikon
abwesend; sie hatte im Moment andere Sorgen. »Willst du nicht endlich Dolabella kennenlernen? Sobald du ihn siehst, wirst du verstehen, warum ich mich der Heirat nicht widersetzt habe.« Ihr häßliches Gesicht hellte sich auf. »Er ist so reizend, Marcus, wirklich! Witzig, intelligent — und Tullia so ergeben.«
»Ich hatte es verboten!« rief Cicero. »Ich hatte es verboten, Terentia! Du hattest kein Recht, es zuzulassen!«
»Jetzt höre mir mal zu«, fauchte Terentia. »Tullia ist siebenundzwanzig! Sie braucht deine Erlaubnis zum Heiraten nicht!«
»Aber ich muß die Mitgift stellen, also bin ich auch der, der ihren Ehemann aussucht!« brüllte Cicero, ermutigt durch die vielen, fern von Terentia verbrachten Monate, in denen er sich als vortrefflicher Statthalter erwiesen hatte. Höchste Zeit, daß er seine Autorität auch in der häuslichen Sphäre geltend machte.
Verblüfft, daß er es wagte, ihr zu widersprechen, kniff Terentia die Augen zusammen, gab aber nicht klein bei. »Zu spät!« brüllte sie noch lauter. »Tullia hat Dolabella geheiratet, und du zahlst die Mitgift, oder ich kastriere dich eigenhändig!«
Von Brundisium reiste Cicero in Begleitung seiner Xanthippe, die ihm seine unveräußerlichen Rechte als pater familias vorenthielt, die italische Halbinsel hinauf. Er fand sich damit ab, den verhaßten Dolabella kennenlernen zu müssen, was er in Beneventum auch tat, wobei er zu seiner Bestürzung feststellte, daß er Dolabellas Charme genauso erlag wie Terentia. Zur Krönung des Ganzen war Tullia auch noch schwanger, ein Schicksal, das ihr bei keinem ihrer beiden früheren Männer vergönnt gewesen war.
Dolabella berichtete seinem Schwiegervater von der Niedertracht, mit der in Rom Politik gemacht wurde, klopfte ihm freundschaftlich auf den Rücken und ritt nach Rom zurück, um dort seinen Teil zur Schlägerei beizutragen, wie er es ausdrückte.
»Ich bin für Caesar!« brüllte er zum Abschied vom sicheren Pferderücken aus. »Feiner Kerl, dieser Caesar!«
Um schneller voranzukommen, verzichtete Cicero fortan auf Sänften und setzte die Reise ins westliche Kampanien mit einer in Beneventum gemieteten Kutsche fort.
In Pompeji, wo er eine gemütliche, kleine Villa besaß, traf er Pompeius. Von ihm hoffte er Genaueres über die undurchsichtige Lage in Rom zu erfahren.
»Ich habe gestern in Trebula zwei Briefe erhalten«, sagte er stirnrunzelnd zu Pompeius. »Einen von Balbus und einen von Caesar persönlich. Überaus nett und freundlich... wenn sie irgend etwas für mich tun könnten... es wäre ihnen eine Ehre, meinem wohlverdienten Triumphzug beizuwohnen, ob ich vielleicht ein kleines Darlehen brauchte? Wozu sollte Caesar das tun, wenn er vorhat, nach Rom zu marschieren? Weshalb umwirbt er mich? Er weiß genau, daß ich nie sein Parteigänger war.«
»Also in Wirklichkeit sind Gaius Marcellus die Nerven durchgegangen«, sagte Pompeius verlegen. »Er hat Dinge getan, zu denen er offiziell überhaupt nicht befugt war. Ich wußte das damals allerdings nicht, Cicero, ich schwöre es. Hast du gehört, daß er mir ein Schwert übergab und ich es annahm?«
»Ja, Dolabella hat es mir erzählt.«
»Das Problem ist, daß ich gedacht habe, der Senat hätte ihn geschickt, was aber nicht stimmte. Und da sitze ich nun zwischen Scylla und Charybdis — mehr oder weniger verpflichtet, Rom zu verteidigen, den Befehl über zwei Legionen zu übernehmen, die jahrelang für Caesar gekämpft haben, und in ganz Kampanien, Samnium, Lukanien und Apulien mit der Rekrutierung zu beginnen. Im Grunde verstößt das gegen das Gesetz, Cicero. Weder hat der Senat mich beauftragt, noch ist ein senatus consultum ultimum in Kraft. Trotzdem weiß ich, daß uns ein Bürgerkrieg bevorsteht.«
Ciceros Mut sank. »Bist du dir sicher, Gnaeus Pompeius? Ganz sicher? Hast du dich außer mit Fanatikern wie Cato und den Marcelli noch mit anderen beraten? Hast du mit Atticus oder anderen einflußreichen Rittern gesprochen? Hast du an den Senatssitzungen teilgenommen?«
»Wie kann ich an Senatssitzungen teilnehmen, wenn ich Truppen rekrutieren muß?« knurrte Pompeius. »Atticus habe ich vor ein paar Tagen getroffen. Na ja, eigentlich ist unsere Begegnung schon länger her, aber es kommt mir vor wie gestern.«
»Bist du absolut sicher, daß sich der Bürgerkrieg nicht mehr abwenden läßt?«
»Absolut«, sagte Pompeius entschieden. »Es wird Bürgerkrieg geben. Deshalb bin ich auch froh, eine Zeitlang nicht in Rom zu sein. Hier
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