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MoR 05 - Rubikon

Titel: MoR 05 - Rubikon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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Bäumen zum Ufer des glitzernden Flusses. Dort hielt er an.
    Er konnte immer noch zurück, noch hatte er Legalität und Verfassungstreue nicht hinter sich gelassen. Wenn er aber diesen unscheinbaren Fluß überquerte, wurde er vom Diener des Staates zu dessen Angreifer. Seit zwei Jahren hatte er diese Situation kommen sehen. Er hatte alles versucht — nachgedacht, geplant, die unglaublichsten Zugeständnisse gemacht. Er hätte sich sogar mit Illyricum und einer Legion abgefunden. Aber bei jedem Schritt, den er tat, war nur deutlicher geworden, was er immer gewußt hatte: daß sie nicht nachgeben würden. Sie wollten ihn in den Staub treten und auf ihn spucken, sie wollten ihn auslöschen. Aber ein Caesar gab sich niemals geschlagen. Cato hatte ihn gezwungen, gegen sein Land zu marschieren. Und Pompeius würde bald merken, was es hieß, einen starken Gegner zu haben. Wenn er sein Pferd jetzt in diesen Fluß lenkte, war er ein Geächteter. Um diese Schande von seinem Namen zu waschen, mußte er gegen seine eigenen Landsleute in den Krieg ziehen — und er würde diesen Krieg gewinnen.
    Was erwartete ihn jenseits des Rubikon? Wie viele Legionen hatten sie zusammengezogen? Wie gut waren sie vorbereitet? Sein Feldzug basierte nur auf seiner Annahme, daß sie gar nichts gemacht hatten, und darauf, daß Pompeius nicht wußte, wie man einen Krieg eröffnete, und die boni nicht wußten, wie man ihn führte. Denn Pompeius hatte nie einen Krieg eröffnet, er hatte immer mit den übriggebliebenen gegnerischen Truppen aufgeräumt. Und die boni konnten nichts, außer einen Krieg beginnen. Wie würden Pompeius und die boni miteinander auskommen, wenn der Kampf erst begonnen hatte? Wer würde Pompeius bremsen, wer ihn kritisieren, wer ihn aufhalten? Sie hielten den Krieg für ein Spiel, eine Möglichkeit — nicht eine Wirklichkeit. Wahrscheinlich war der Krieg auch ein Spiel. Er, Caesar, war nicht nur ein genialer Feldherr, er hatte auch Glück im Spiel.
    Plötzlich warf er lachend den Kopf zurück. Ein Vers seines Lieblingsdichters Menander war ihm eingefallen:
    »So sollen die Würfel fallen!« rief er auf Griechisch aus. Dann stieß er seinem Pferd in die Flanken und ritt durch den Rubikon nach Italia.

    Die Einwohner der wohlhabenden Stadt Ariminum am Ende der Via Flaminia wollten nicht kämpfen, und so waren sie lediglich mit herbstlichen Blumengirlanden bewaffnet. Laut jubelte die Menge Caesar zu und bewarf die Legionäre mit Blumen. Daß Ariminum nicht auf der Seite Pompeius’ und des Senats stand, war für Caesar eine große Überraschung, denn es lag bereits am Rand von Pompeius’ Herrschaftsgebiet. Wie heftig würde der Widerstand gegen ihn in Picenum sein? Er erfuhr, daß Thermus in Iguvium war, Lucilius Hirrus in Camerinum, Lentulus Spinther in Ancona und Varus in Auximum. Lentulus Spinther hatte mit zehn Kohorten wohl die größte Truppe ausheben können, die anderen hatten je fünf Kohorten. Für die Dreizehnte war das kein besonders schreckliches Aufgebot, zumal, wenn die Bevölkerung von Italia auf Caesars Seite stand. Zu Caesars Erleichterung schien dies plötzlich sehr wahrscheinlich. Er wollte kein Blutvergießen, je weniger es davon gab, desto besser.
    Am Morgen des elften Januar trafen Antonius, Cassius, Curio und Caelius im Lager vor Ariminum ein. Die beiden Volkstribunen boten in ihren zerrissenen und blutverschmierten Togen und mit den Kratzern und Blutergüssen in ihren Gesichtern einen jämmerlichen Anblick — gerade richtig für Caesars Zwecke. Er ließ die Legionäre zusammenrufen und trat mit Marcus Antonius und Quintus Cassius vor sie.
    »Genau deshalb sind wir in Italia einmarschiert!« rief er. »Um diesem Unrecht Einhalt zu gebieten! Keine Einrichtung Roms, so altehrwürdig und erhaben sie auch sein mag, hat das Recht, die Unantastbarkeit der Volkstribunen zu verletzen. Die Volkstribunen sind beauftragt, das Volk zu schützen, alle Mitglieder der Plebs, von den capite censi über die Soldaten bis zu den Geschäftsleuten und Beamten. Die Plebejer im Senat aber sind nur Möchtegern-Patrizier! Wenn sie die Volkstribunen so behandeln wie Marcus Antonius und Quintus Cassius, haben sie ihren plebejischen Stand verwirkt!
    Die Person des Volkstribuns ist unantastbar, sein Vetorecht unveräußerlich! Antonius und Cassius haben ihr Veto gegen einen dreisten, gegen die Volkstribunen und damit auch gegen mich gerichteten Beschluß eingelegt. Ich habe diese Möchtegern-Patrizier beleidigt, indem ich das

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