Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

MoR 05 - Rubikon

Titel: MoR 05 - Rubikon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
Vom Netzwerk:
Marschieren wir nach Rom, rächen wir unsere Volkstribunen und gewinnen wir unsere dignitas zurück? Oder drehen wir um und kehren nach Ravenna zurück? Was wollt ihr? Vorwärts oder zurück?«
    Während Caesars Rede hatte keiner der Männer einen Laut von sich gegeben, nicht einmal ein Husten, ein Niesen oder ein Flüstern war zu hören gewesen. Auch nachdem der Feldherr geendet hatte, herrschte atemlose Stille.
    Dann schrie der primus pilus , der ranghöchste der Zenturionen: »Vorwärts! Vorwärts!«
    Die Soldaten fielen ein. »Vorwärts! Vorwärts!«
    Caesar stieg von seinem Podest. Lächelnd schritt er durch die Reihen und schüttelte Hände, die sich ihm entgegenstreckten.
    »Was für ein Mann!« sagte Pollio zu Orca.

Beim Abendessen hielt Caesar Kriegsrat. Auch die vier Flüchtigen waren anwesend; sie hatten gebadet und steckten in ledernen Brustpanzern.
    »Hirtius, wurde meine Rede wörtlich aufgezeichnet?« fragte Caesar.
    »Sie wird gerade abgeschrieben, Caesar.«
    »Ich wünsche, daß sie an alle meine Legaten verteilt und in allen Legionen verlesen wird.«
    »Stehen deine Legaten denn auf unserer Seite?« fragte Caelius.
    »Alle bis auf Titus Labienus.«
    »Warum er nicht?« Caelius war am schlechtesten informiert und fragte daher Dinge, die den anderen klar waren.
    Caesar zuckte nur mit den Achseln. »Ich wollte ihn nicht dabei haben.«
    »Und woher wissen deine Legaten, was wir vorhaben?«
    »Ich war im Oktober bei ihnen in Gallia Comata.«
    »Du hast das schon damals gewußt?« fragte Caelius erstaunt.
    »Mein lieber Caelius«, erklärte Caesar geduldig, »der Rubikon war immer eine Alternative, auch wenn ich sie mir bis zuletzt aufsparen wollte. Ihr wißt, daß ich die gegenwärtige Situation mit allen Mitteln abzuwenden versucht habe. Ich wäre aber ein Narr, würde ich nicht jede Möglichkeit erwägen.«
    Caelius wollte noch etwas fragen, aber Curio stieß ihm in die Seite.
    »Wohin marschieren wir jetzt?« fragte Quintus Cassius.
    »Unsere Gegner sind offensichtlich schlecht vorbereitet. Genauso offensichtlich ist, daß die Bevölkerung mich Pompeius und den boni vorzieht.« Caesar steckte sich ein Stück ölgetränktes Brot in den Mund, kaute und schluckte. »Ich teile die Dreizehnte. Du, Antonius, übernimmst die fünf Rekrutenkohorten und marschierst sofort nach Arretium, um die Via Cassia zu halten. Im Moment ist es wichtiger, die Zugänge nach Gallia Cisalpina offenzuhalten, als die Via Flaminia zu besetzen. Curio, du bleibst mit drei Kohorten hier in Ariminum, bis ich dir befehle, nach Iguvium zu marschieren und dort Thermus hinauszuwerfen. Dann habe ich sowohl die Via Cassia als auch die Via Flaminia in der Hand. Ich selbst marschiere mit den beiden Veteranenkohorten nach Süden, nach Picenum.«
    »Das sind nur tausend Mann, Caesar«, bemerkte Pollio stirnrunzelnd.
    »Aber es müßte reichen. Für den Fall, daß ich Verstärkung brauche, bleibt ja Curio vorerst hier.«
    »Du hast recht, Caesar«, sagte Hirtius. »Nicht die Zahl der Soldaten zählt, sondern die Fähigkeit ihrer Anführer. Attius Varus leistet vielleicht Widerstand, aber Thermus, Hirrus und Lentulus Spinther. . . Die könnten doch nicht einmal ein Mutterschaf an der Leine führen!«
    »Da fällt mir ein, daß ich Aulus Gabinius schreiben muß«, sagte Caesar. »Es ist Zeit, daß dieser großartige Soldat aus dem Exil zurückgeholt wird.«
    »Und Milo? Holst du den auch?« fragte Caelius, der ein Freund Milos war.
    »Nein, Milo nicht!« entgegnete Caesar kurz und beendete die Mahlzeit.
    »Ist dir eigentlich aufgefallen, daß Caesar so tut, als könnte er Verbannte einfach zurückholen?« sagte Caelius zu Pollio, als sie allein waren. »Glaubt er denn so fest, daß er diesen Krieg gewinnen wird?«
    »Er glaubt es nicht — er weiß es.«
    »Aber Pollio! Das wissen doch nur die Götter!«
    »Und wer, glaubst du, ist der Liebling der Götter?« fragte Pollio lächelnd. »Pompeius vielleicht? Oder Cato? Nein, Caelius! Ein großer Mann sorgt selbst für sein Glück, er packt es am Schopf. Die meisten von uns nehmen ihre Chancen gar nicht wahr, weil sie dem Glück gegenüber blind sind. Er aber sieht die Gunst der Stunde und nutzt sie. Das mögen die Götter.«
    Caesar verließ Ariminum mit seinen beiden Kohorten und zog langsam nach Süden. Als die Männer am Abend des vierzehnten Januar das Lager aufschlugen, hatten sie keine lange Strecke zurückgelegt. Caesar wollte dem Senat Gelegenheit geben, mit ihm zu einer Einigung zu

Weitere Kostenlose Bücher