MoR 05 - Rubikon
Gnaeus und Appius Claudius’ Tochter war weder besonders glücklich noch dauerhaft gewesen. Zum Verdruß des Vaters hatte Gnaeus nach der Scheidung Scribonius Libos Tochter geheiratet, und jetzt mußte Pompeius für den mittelmäßigen Scribonius Libo einen guten Posten finden. Da Caesar es kaum auf Etrurien abgesehen haben konnte, war dieses Gebiet gerade richtig.
Quintus Minucius Thermus bekam mit der Via Flaminia den Norden Ostumbnens zugeteilt und wurde angewiesen, in Iguvium Quartier zu beziehen.
Auch Pompeius’ Vorschlag seines Vetters Gaius Lucilius Hirrus für das picenische Camerium war von Nepotismus geleitet. Picenum war natürlich Pompeius’ Domäne. Da es Ravenna und somit Caesar am nächsten lag, wurden noch andere Männer dorthin entsandt: der Konsular Lentulus Spinther nach Ancona und der ehemalige Prätor Publius Attius Varus in Pompeius’ Heimatstadt Auximum.
Der arme Cicero, der an diesen Senatssitzungen teilnehmen konnte, weil sie außerhalb des pomeriums abgehalten wurden, wurde nach Kampanien geschickt, um dort Truppen auszuheben.
»Gut!« frohlockte Lentulus Crus am Ende der Sitzung. »Wenn Caesar hört, was wir alles getan haben, überlegt er es sich zweimal, nach Rom zu marschieren. Ich bin überzeugt, daß er es nicht wagt!«
Von Ravenna nach Ancona
Nachdem Antonius und Cassius aus der Senatssitzung geworfen worden waren, schickten sie, noch bevor sie selbst aus Rom flohen, einen Eilboten zu Caesar. Der Bote erreichte im Morgengrauen des neunten Januartages Caesars Villa in Ravenna. Caesar empfing ihn sofort, nahm den Brief entgegen und ließ dem Boten, der die zweihundert Meilen in einem mörderischen Ritt in weniger als zwei Tagen zurückgelegt hatte, zum Dank eine Mahlzeit bringen und ein bequemes Bett bereiten.
Antonius’ Brief war kurz.
Caesar, man hat Quintus Cassius und mich aus der Senatsversammlung geworfen, als wir versuchten, unser Veto gegen ein senatus consultum ultimum einzulegen. Der Beschluß beauftragt alle Magistraten und Konsulare, den Staat vor dem Veto der Tribunen zu schützen — merkwürdigerweise wurdest Du aber nicht zum Staatsfeind erklärt, und Pompeius wird nicht namentlich genannt. Der einzige Bezug zu Pompeius ist, daß der Auftrag auch an alle Promagistraten in der näheren Umgebung Roms< geht. Das betrifft Cicero, der immer noch vor Rom sitzt und auf seinen Triumphzug wartet, genauso wie Pompeius, der auch vor Rom sitzt und wahrscheinlich auf gar nichts mehr wartet, so enttäuscht wird er sein, daß die boni ihm keine Sondergewalt verliehen haben — aber das tun sie eben so ungern.
Wir kommen zu viert; auch Curio und Caelius haben es vorgezogen, die Stadt zu verlassen. Wir reisen auf der Via Flaminia.
Auch wenn ich nicht weiß, ob es Dir etwas nützt, habe ich doch beschlossen, daß wir in genau dem Zustand zu Dir kommen, in dem wir nach der Auseinandersetzung mit den Liktoren waren. Das heißt, wir sind nicht gerade frisch gewaschen. Bereite also warme Bäder für uns vor.
Caesars getreuer Legat Aulus Hirtius fand den Feldherrn mit dem Brief in der Hand vor. Versunken betrachtete Caesar das Wandmosaik, das die Flucht des Aeneas aus Troja darstellte — den alten Vater auf der rechten Schulter, die Statue der Athene unter dem linken Arm.
»Das Beste an Ravenna ist die Kunstfertigkeit seiner Mosaikkünstler«, sagte Caesar, ohne Hirtius anzusehen. »Sie sind noch besser als die Griechen in Sizilien.«
Hirtius setzte sich und betrachtete Caesar. Er sah aufgeräumt und zufrieden aus.
»Ich habe gehört, ein Eilbote sei eingetroffen«, sagte Hirtius.
»Ja. Der Senat hat den Ausnahmezustand verhängt.«
Hirtius pfiff durch die Zähne. »Und du bist zum Staatsfeind erklärt?«
»Nein«, entgegnete Caesar ruhig, »der wahre Feind Roms scheint das Veto der Volkstribunen zu sein. Die boni sind wie Sulla — für sie kommt der Feind niemals von außen, immer nur von innen. Deshalb müssen die Volkstribunen mundtot gemacht werden.«
»Was willst du tun?«
»Ich breche auf.«
»Wohin?«
»Nach Süden, nach Ariminum. Antonius, Cassius, Curio und Caelius sind auf der Via Flaminia hierher unterwegs. Sie sind nicht so schnell wie ihr Bote, aber sie dürften in zwei Tagen, den heutigen Tag mitgezählt, Ariminum erreichen.«
»Du bist immer noch Träger eines Imperiums. Wenn du nach Ariminum willst, mußt du den Rubikon überqueren, und damit betrittst du Italia.«
»Bis dahin bin ich wahrscheinlich schon privatus und kann gehen, wohin ich will.
Weitere Kostenlose Bücher