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MoR 05 - Rubikon

Titel: MoR 05 - Rubikon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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genauso aus. Seine dichten, schwarzen Locken waren inzwischen grau meliert, der schmale Mund mit den dunklen Lippen zerschnitt den unteren Teil seines Gesichtes wie eine Narbe, und mit der große Hakennase und den breiten Nasenlöchern sah er aus wie ein Adler. Seine dunklen Augen fixierten die Männer und Pompeius geringschätzig aus engen Schlitzen; in seinem Blick lag die Brutalität eines Jungen, der ein Insekt beäugt, um festzustellen, ob man ihm die Flügel ausreißen kann.
    »Wann hast du Placentia verlassen?« wollte Pompeius wissen.
    »Zwei Tage nachdem Caesar den Rubikon überschritten hat.«
    »Wie viele Legionen hat er in Placentia? Sie sind sicher schon auf dem Marsch zu ihm.«
    Labienus warf seinen angegrauten Kopf nach hinten, entblößte seine großen, gelben Zähne und lachte laut. »Bei den Göttern, was seid ihr für Dummköpfe! In Placentia stehen keine Legionen, dort standen nie welche. Caesar hat nur die Dreizehnte. Er schickte sie zum Exerzieren nach Tergeste und hatte die meiste Zeit in Ravenna keine Soldaten bei sich; das scheint eurer Aufmerksamkeit entgangen zu sein. Mit der Dreizehnten marschiert er jetzt, eine andere Legion hat er nicht. Er glaubt, er kann mit einer Legion mit euch fertigwerden, und soweit ich das beurteilen kann, liegt er damit gar nicht so falsch.«
    »Wenn das so ist«, sagte Pompeius langsam, während er seinen Plan aufgab, Italia zu verlassen und nach Makedonien und Griechenland überzusetzen, »kann ich ihn vielleicht in Picenum aufhalten — falls Lentulus Spinther und Attius Varus das nicht schon längst getan haben. Caesar hat die Dreizehnte nämlich geteilt. Antonius hält mit fünf Kohorten Arretium und die Via Cassia, und Curio« — Pompeius machte eine Grimasse — »hat Thermus mit drei Kohorten aus Iguvium vertrieben. Caesar hat im Moment also nur zwei Kohorten.«
    »Was tut ihr dann noch hier?« sagte Labienus vorwurfsvoll. »Ihr solltet schon längst auf dem Weg nach Norden sein!«
    Pompeius sah Gaius Marcellus Maior haßerfüllt an. »Man hat mich glauben gemacht«, sagte er würdevoll, »Caesar habe vier Legionen. Als wir hörten, er marschiere nur mit einer Legion, nahmen wir an, daß die anderen Legionen ihm folgen würden.«
    »Du willst doch gar nicht gegen Caesar kämpfen, Magnus«, sagte Labienus kalt.
    »Das glaube ich auch!« meckerte Cato.
    Würde dieses ewige Genörgel denn nie aufhören? Hatte er, Pompeius, jetzt das Oberkommando, oder hatte er es nicht? Hatte er den anderen nicht gesagt, daß jetzt Schluß war mit der Demokratie? Daß jetzt er entscheiden würde, was zu tun war? Warum hielten sie nicht den Mund? Und jetzt hatte er auch noch mit Titus Labienus zu tun.
    Er straffte sich und holte tief Luft, bis sein Lederpanzer knarrte.
    »Ich habe hier das Kommando«, sagte er unter Aufbietung seiner ganzen Beherrschung, »und ihr werdet tun, was ich sage, verstanden? Ich fälle erst dann eine Entscheidung, wenn meine Kundschafter mich genauestens darüber aufgeklärt haben, wo Caesar sich aufhält und wie viele Truppen er dabei hat. Wenn du recht hast, Labienus, können wir ihn in Picenum in die Knie zwingen. Das Wichtigste ist für mich aber die Sicherheit Italias. Ich habe geschworen, keinen Bürgerkrieg auf italischem Boden auszutragen. Der letzte Bürgerkrieg, der Bundesgenossenkrieg, hat das Land um zwanzig Jahre zurückgeworfen. Ich werde also abwarten, bis ich weiß, was in Picenum los ist, dann werde ich entscheiden, ob ich Caesar in Italia zurückdränge oder mit meinem Heer und der römischen Regierung nach Osten ausweiche.«
    »Du willst Italia verlassen?« kreischte Marcus Marcellus.
    »Ja. Das hätte Carbo auch tun sollen, als Sulla mit dem Marsch auf Rom drohte.«
    »Sulla hat Carbo geschlagen«, bemerkte Cato.
    »Auf italischem Boden. Darum geht es!«
    »Es geht vor allem darum, daß du in genau der gleichen Lage bist wie damals Carbo. Auch deine Soldaten sind entweder zu alt oder zu unerfahren, um es mit einem Heer erfahrener Veteranen aufzunehmen, das gerade einen langen Krieg in einem fremden Land hinter sich hat.«
    »Ich habe in Capua die Sechste und die Fünfzehnte, Labienus«, widersprach Pompeius, »also Soldaten, die man kaum zu alt oder zu unerfahren nennen kann.«
    »Die Sechste und die Fünfzehnte waren Caesars Legionen.«
    »Die Legionäre sind aber sehr unzufrieden mit Caesar«, erklärte Metellus Scipio. »Das wissen wir von Appius Claudius.«
    Sie sind wie Kinder, dachte Labienus. Sie glauben alles, was man

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