MoR 05 - Rubikon
Senator, der morgen noch in Rom ist, gilt als Anhänger Caesars und wird entsprechend behandelt!«
»Ach, ihr Götter!« Philippus seufzte tief. »Ich hasse Kampanien im Winter! Warum soll ich das schöne Rom verlassen?«
»Dann bleib doch ruhig hier, Philippus«, sagte Pompeius kalt. »Schließlich bist du auch mit Caesars Nichte verheiratet.«
»Und ich bin Catos Schwiegervater«, säuselte Philippus.
Das Chaos, das auf Pompeius’ Befehl folgte, erfaßte auch die Römer, die keine Senatoren waren. Die flüchtenden Senatoren hatten die Nachricht verbreitet, daß Caesar den Rubikon überschritten habe, und damit die ganze Stadt in helle Aufregung versetzt. Aus dem Mund der Ritter vernahm man immer wieder das schreckliche Wort, das unter Sullas Diktatur aufgekommen war: Proskription. Wer damals auf der an der Rednerbühne der Volksversammlung angeschlagenen Liste genannt worden war, war zum Staatsfeind erklärt worden; er konnte von jedermann getötet werden, und sein Besitz und sein Geld wurden vom Staat konfisziert. Zweitausend Senatoren und Ritter waren getötet und Sullas leere Geldtruhen mit ihrem Besitz wieder aufgefüllt worden.
Wer viel zu verlieren hatte, ging davon aus, daß Caesar in die Fußstapfen Sullas treten würde, der damals in Brundisium gelandet und ebenfalls nach Rom marschiert war. Auch er war von der Bevölkerung jubelnd und mit Blumengirlanden empfangen worden und hatte für jeden Bissen bezahlt, den seine Soldaten gegessen hatten. Und warum sollte ein Julier anders handeln als ein Cornelier? Beide waren von ihrer Abstammung hoch über Ritter und Geschäftsleute erhaben, und Ritter und Geschäftsleute waren weniger als der Staub unter ihren Füßen!
Nur Balbus, Oppius, Rabirius Postumus und Atticus versuchten, der Panik Einhalt zu gebieten, indem sie immer wieder erklärten, Caesar sei nicht Sulla, er strebe weder nach der Alleinherrschaft noch werde er wahllos Menschen abschlachten; er wolle lediglich seine verletzte dignitas wiederherstellen und sei von einer kleinen Gruppe halsstarriger, fanatischer Aufwiegler im Senat zum Marsch auf Rom gezwungen worden. Sobald er diese Gruppe dazu gezwungen habe, ihre Politik zu ändern, würde wieder Normalität einkehren.
Aber es half wenig. Niemand hörte ihnen zu, der gesunde Menschenverstand schien den Römern abhanden gekommen. Über Rom war eine Katastrophe hereingebrochen, die Stadt stand vor einem Bürgerkrieg — und dann würde es auch Proskriptionen geben! Hatte nicht Pompeius wutentbrannt davon gesprochen und gedroht, Tausende vom Tarpejischen Felsen zu werfen? Gefangen zwischen einer Harpyie und einer Sirene — bei den Göttern, es war hoffnungslos! Welche Seite auch gewann, die Ritter der achtzehn Zenturien waren verloren!
Die Senatoren rafften ihre Habe zusammen, packten ihre Truhen, verfaßten Testamente und versuchten, ihren Frauen zu erklären, warum sie Rom verlassen mußten. Dabei wußten die meisten selbst nicht, warum ihnen die Flucht befohlen worden war. Blieben sie, würden sie als Anhänger Caesars gelten, das war das einzige, was sie verstanden hatten.
Am achtzehnten Tag des Januar flüchteten die beiden Konsuln und fast der gesamte Senat aus Rom. Mit schwer beladenen Karren drängten sie zu Hunderten durch die Porta Capena in Richtung Neapolis, Formiae, Pompeji, Herculaneum und Capua und zu anderen Orten in Kampanien. Angesichts des Durcheinanders war kaum verwunderlich, daß man das Wichtigste übersehen hatte: Weder Pompeius noch Cato, noch einer der drei Marcelli, Lentulus Crus oder sonst jemand hatte daran gedacht, die Schatzkammer zu leeren, die bis an die Decke vollgestopft war mit Geld und Gold-- und Silberbarren, ganz zu schweigen von weiteren Schätzen und Opfergaben in den Tempeln der Ops, der Juno Moneta, des Hercules Olivarius und des Mercurius und Tausenden mit Geld gefüllten Kästen in den Tempeln der Juno Lucina, des Juventus, der Venus Libitina und der Venus Erucina. Nur Ahenobarbus hatte sich einige Tage zuvor vom Schatzamt sechs Millionen Sesterze geben lassen, um die vielen Truppen zu bezahlen, die er unter den Marsern und den Paelignern auszuheben gedachte. Der römische Staatsschatz verblieb also in der Stadt.
Doch nicht alle Senatoren flohen. Zu denen, die blieben, gehörten Lucius Aurelius Cotta, Lucius Piso Censor und Lucius Marcius Philippus. Sie trafen sich am neunzehnten Tag des Januar, vielleicht um sich gegenseitig in ihrer Entscheidung zu bestärken, zum Essen bei Philippus.
»Ich bin
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