MoR 05 - Rubikon
wohl! Du weißt doch ganz genau, was ich den Senatoren sagen würde, wenn ich dort wäre!«
»Nein, ich weiß es nicht. Kläre mich bitte auf.«
»Ich würde beantragen, daß man dir verbietet, nach Spanien oder Griechenland und Makedonien zu ziehen, ob mit oder ohne Armee. Ich würde beantragen, dich an Händen und Füßen gefesselt in Rom einzusperren, bis der rechtmäßige Senat wieder zusammentritt und verfügt, daß du als Verräter vor Gericht gestellt wirst!« Cicero lächelte starr. »Du legst doch Wert darauf, daß alles seine Ordnung hat, da können wir dich unmöglich ohne Prozeß hinrichten!«
»Du phantasierst, Cicero«, sagte Caesar beherrscht. »Dein rechtmäßigen Senat hat sich davongemacht, deshalb wird der einzige verfügbare Senat der sein, den ich einberufe.«
»Ihr Götter!« rief Cicero und stellte seinen Becher klirrend ab. »Der König hat gesprochen! Was habe ich hier überhaupt noch zu suchen? Mein armer, beklagenswerter Pompeius — vertrieben aus Haus, Stadt und Land! Er nimmt es zehnmal mit dir auf, Caesar!«
»Pompeius ist ein Nichts«, sagte Caesar mit Bedacht. »Ich hoffe nur, daß ich dir das nicht noch so beweisen muß, daß du es nicht mehr ignorieren kannst.«
»Glaubst du wirklich, du könntest ihn besiegen?«
»Ich weiß es, Cicero. Ich hoffe nur, daß ich keinen Krieg führen muß, darum geht es doch. Warum siehst du nicht endlich den Tatsachen ins Auge? Der einzige Soldat unter meinen Gegnern ist Titus Labienus — aber auch er ist ein Nichts. Ein richtiger Krieg ist das letzte, was ich will, habe ich das nicht deutlich gemacht? Bisher mußte noch niemand sein Leben lassen, Cicero, es ist kaum Blut geflossen. Aber Männer wie Ahenobarbus und Lentulus Spinther, Männer, die ich begnadigt habe, Cicero, brechen den Eid, den sie mir geschworen haben, und rufen zum Widerstand auf! «
»Aber das ist es doch, Caesar!« rief Cicero. »Männer, die du begnadigt hast. Mit welchem Recht denn? Kraft welchen Amtes? Du benimmst dich wie ein König und denkst wie ein König. Dabei ist dein Imperium abgelaufen, du bist nur noch ein ganz gewöhnlicher Konsular — und auch das nur, weil dich der rechtmäßige Senat nicht zum Staatsfeind erklärt hat! Obwohl du in dem Moment, als du den Rubikon überschritten hast, nach unserer Verfassung Hochverrat begangen und dich selbst zum Geächteten, zum hostis gemacht hast! Deine Gnade ist absolut nichtig!«
»Marcus Cicero«, sagte Caesar und holte tief Luft, »ich frage dich jetzt zum letzten Mal: Wirst du nach Rom gehen? Wirst du deinen Sitz im Senat einnehmen? Wirst du mich beraten?«
»Ich werde nicht nach Rom gehen, ich werde nicht im Senat sitzen, und ich werde dich auch nicht beraten«, sagte Cicero mit klopfendem Herzen.
Caesar schwieg eine Weile, dann seufzte er. »Also gut, dann eben nicht. Aber überlege dir gut, was du tust. Mir die Stirn zu bieten, ist nicht klug, Cicero.« Er stand auf. »Dann muß mich eben jemand anders beraten.« Er musterte Cicero kalt. »Und was er mir rät, werde ich tun, koste es, was es wolle.«
Er drehte sich um und verschwand. Zutiefst beunruhigt machte Cicero sich auf den Heimweg, beide Hände gegen den Knoten in seiner Brust gepreßt, der ihn zu ersticken drohte.
»Du hattest recht«, sagte Caesar zu Philippus und lehnte sich entspannt zurück. Sie saßen in dem Zimmer, das Caesar für seinen persönlichen Gebrauch reserviert hatte.
»Er hat sich also geweigert.«
»Standhaft.« Ein Lächeln huschte über Caesars Gesicht. »Der alte Hasenfuß! Ich konnte durch die Falten seiner Toga sehen, wie ihm das Herz in der Brust raste. Ich bewundere seinen Mut, er ist ganz ungewöhnlich für den alten Angsthasen, aber ich wünschte, er nähme Vernunft an. Denn ich mag ihn, so dumm er sich auch anstellen mag.«
»Tja«, sagte Philippus zufrieden, »wir beide können uns immer mit unseren erlauchten Vorfahren trösten, aber er hat keine, und das tut weh.«
»Wahrscheinlich kommt er deshalb nicht von Pompeius los. Cicero glaubt, daß mir aufgrund meiner Abstammung alles in den Schoß gefallen ist. Pompeius dagegen hat ihm gezeigt, daß man keinen Stammbaum braucht, um etwas zu werden. Wann begreift Cicero endlich, daß ein Stammbaum auch ein Hindernis sein kann? Wäre ich so ein picenischer Gallier wie Pompeius, wäre die Hälfte der Narren, die jetzt über die Adria geflohen sind, nicht gegangen. Ich kann mich nicht selbst zum König von Rom krönen, aber sie glauben, daß ein Julier das kann.« Er
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