MoR 05 - Rubikon
erschienen, letzterer nur widerwillig. Außerdem hatten, unerwartet für Caesar, nicht alle Volkstribunen der boni Rom verlassen. So saß auf der Tribunenbank neben Marcus Antonius und Quintus Cassius auch Lucius Caecilius Metellus, ein eingefleischter Anhänger der boni. Auch das war ein schwerer Schlag für Caesar, hatte er doch für die Überschreitung des Rubikon die Verletzung der Rechte seiner Volkstribunen zum Anlaß genommen. Er konnte deshalb jetzt nicht mit Gewalt oder mit Einschüchterungsversuchen reagieren, wenn Lucius Metellus ein Veto gegen seine Anträge einlegte.
Obwohl der Senat nicht beschlußfähig war, erging sich Caesar des langen und breiten über den Verrat der boni an Rom, seinen dadurch gerechtfertigten Einmarsch in Italia und vor allem natürlich sein unblutiges Vorgehen und die in Corfinium gezeigte Milde.
»Der Senat muß unverzüglich eine offizielle Delegation zu Gnaeus Pompeius nach Epirus entsenden, die mit ihm Friedensverhandlungen führt«, schloß er. »Ich will keinen Bürgerkrieg, weder in Italia noch sonstwo.«
Die knapp hundert Männer blickten zu Boden. Sie sahen ganz und gar nicht glücklich aus.
»Also gut, Caesar!« sagte Servius Sulpicius, »Wenn du glaubst, eine Delegation hilft, dann schicken wir eben eine.«
»Ich brauche dafür zehn Männer.«
Keiner meldete sich freiwillig.
Mit zusammengepreßten Lippen sah Caesar den Stadtprätor Marcus Aemilius Lepidus an, den ranghöchsten der in der Stadt verbliebenen Beamten. Lepidus, der jüngste Sohn eines Mannes, der gegen den Staat rebelliert hatte und dann gestorben war — die einen sagten, an Lungenentzündung, die anderen, an gebrochenem Herzen —, wollte seine patrizische Familie wieder zu einer der mächtigsten in Rom machen. Der gutaussehende Mann mit einer von einem Schwerthieb rührenden Narbe auf der Nase hatte aber feststellen müssen, daß die boni ihm und seinem älteren Bruder Lucius Aemilius Lepidus Paullus nicht trauten. Caesar kam ihm daher mehr als gelegen.
Lepidus stand auf, um zu tun, worum Caesar ihn vor Sitzungsbeginn gebeten hatte. »Eingeschriebene Väter, der Prokonsul Gaius Julius Caesar bittet um freien Zugang zu den Schatzkammern. Ich beantrage hiermit, ihm diese Bitte zu gewähren und ihm aus den Schatzkammern zu geben, was er braucht. Dies wird nicht ohne Gewinn für die Staatskasse sein, denn Caesar hat angeboten, das Darlehen mit zehn Prozent zu verzinsen.«
»Veto , Marcus Lepidus!« sagte Lucius Metellus.
»Aber das ist doch ein gutes Geschäft für Rom, Lucius Metellus«, rief Lepidus.
»Unsinn!« erwiderte Metellus verächtlich. »Zum einen kannst du gar keinen Antrag stellen, weil der Senat nicht beschlußfähig ist, und zum anderen, was weitaus wichtiger ist, will Caesar doch in Wirklichkeit, daß wir ihn in der gegenwärtigen Auseinandersetzung zwischen ihm und der gewählten Regierung Roms legitimieren. Ich lehne eine Anleihe Caesars also ab, und nichts kann mich von meinem Veto abbringen. Wenn Caesar kein Geld hat, muß er nämlich von seinem Krieg ablassen.«
»Es ist ein senatus consultum ultimum in Kraft, welches das Veto der Tribunen verbietet, Lucius Metellus«, konterte Lepidus geistesgegenwärtig.
»Ach ja?« sagte Lucius Metellus mit einem hämischen Lachen. »Aber das hat der alte Senat beschlossen. Dies hier ist Caesars Senat, seine Regierung, und Caesar ist für die Rechte der Volkstribunen in den Kampf gezogen. Da müßte er das Vetorecht der Tribunen doch eigentlich respektieren.«
»Ich danke dir, daß du mein Gedächtnis aufgefrischt hast, Lucius Metellus«, sagte Caesar.
Er entließ den Senat und berief die Plebs zu einer offiziellen Versammlung in den Circus Flaminius. Diese Sitzung war weitaus besser besucht, vor allem von denen, die den boni nicht gewogen waren. Aufmerksam hörte die Menge sich dieselbe Rede an, die Caesar schon im Senat gehalten hatte. Sie glaubten an Caesars Milde und wollten ihm helfen, wo immer sie konnten, vor allem nachdem er versichert hatte, er werde die von Clodius eingeführte kostenlose Verteilung von Getreide fortsetzen und außerdem jedem Römer dreihundert Sesterze geben.
»Aber«, sagte Caesar in seiner Rede, »ich will nicht wie ein Diktator auftreten. Ich will, daß der Senat wieder regiert, und ich werde ihn so lange darum bitten, bis ich Erfolg habe. Deshalb fordere ich euch vorerst nicht auf, irgendwelche Gesetze zu verabschieden.«
Doch blieb Caesar im Senat erfolglos. Servius Sulpicius forderte pausenlos
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