MoR 05 - Rubikon
Podium seine Legaten, seine Militärtribunen hatten sich in zwei Gruppen unterhalb des Podiums aufgestellt.
»Ich stehe hier, um meinen Namen von Schande zu säubern!« rief er mit jener hohen Stimme, die, wie er herausgefunden hatte, weiter trug als seine natürliche tiefe Stimme. »Eine meiner Legionen meutert. Ihr seht sie hier versammelt, ihr Vertreter der anderen Legionen: die Neunte.«
Niemand schien überrascht. Obwohl die Soldaten in verschiedenen Lagern untergebracht waren, sprach sich so etwas schnell herum.
»Die Neunte! Veteranen eines langen Krieges in Gallia Comata! Eine Legion, deren Standarten sich unter dem Gewicht der daran befestigten Tapferkeitsmedaillen biegen, deren Adler schon ein dutzendmal mit Lorbeer bekränzt waren, deren Männer mir besonders viel bedeuteten. Und jetzt erhebt sich diese Legion gegen mich! Ihre Männer sind von Demagogen in der Gestalt von Zenturionen aufgewiegelt und gegen mich aufgehetzt worden. Was sagen die beiden wunderbaren Zenturionen Titus Pullo und Lucius Vorenus wohl zu den niederträchtigen Kreaturen, die ihren Platz an der Spitze der Neunten eingenommen haben?« Caesar streckte die rechte Hand aus und zeigte auf die beiden Zenturionen. »Seht ihr sie, Männer der Neunten? Titus Pullo und Lucius Vorenus! Sie haben die ehrenvolle Aufgabe übernommen, in Placentia junge Zenturionen auszubilden, und sie sind heute hier, um über die Ehrlosigkeit ihrer alten Legion zu weinen. Seht ihr ihre Tränen? Sie weinen um euch! Ich kann es nicht — zu sehr erfüllt mich Verachtung, verzehrt mich der Zorn. Immer war ich stolz darauf, daß keine meiner Legionen je gemeutert hat. Das ist jetzt vorbei!«
Er bewegte sich nicht. Seine Arme ruhten noch immer auf seinen Hüften.
»Vertreter meiner anderen Legionen, ich habe euch heute hier antreten lassen, damit ihr Zeugen dessen seid, was ich mit den Männern der Neunten machen werde. Sie haben mir mitgeteilt, daß sie Placentia nicht verlassen wollen, daß sie ihre Entlassung wünschen und daß sie entlohnt und ausbezahlt werden und ihren Anteil an der Beute eines neunjährigen Krieges bekommen wollen. Sie können ihre Entlassung haben — allerdings keine ehrenvolle! Ihr Anteil an der Beute wird unter den mir treuen Legionen aufgeteilt, und Land bekommen sie auch keines. Außerdem entziehe ich ihnen allen das Bürgerrecht. Ich bin Diktator von Rom, und mein Imperium steht höher als das eines Konsuls und Prokonsuls, aber ich bin kein Sulla, ich werde meine Macht nicht mißbrauchen. Was ich heute tue, ist die einzig vernünftige Entscheidung eines Feldherrn, dessen Truppen meutern!
Ich lasse meinen Legionären viel Freiheit, solange sie wie die Löwen kämpfen und mir treu ergeben sind. Die Männer der Neunten aber sind mir nicht mehr treu. Sie haben mich, der ich zehn Jahre lang ihr Feldherr war, sogar beschuldigt, sie vorsätzlich um ihre berechtigten Ansprüche zu betrügen. Mein Wort ist der Neunten nichts mehr wert, und deshalb meutert sie!«
Seine Stimme schwoll an, und er brüllte, was er bei einer Heeresversammlung noch nie getan hatte. »Ich dulde keine Meuterei! Habt ihr das verstanden? Meuterei ist das schlimmste Verbrechen eines Soldaten. Meuterei ist Hochverrat, und so werde ich die Meuterei der Neunten auch behandeln, als Hochverrat! Ich werde den Männern der Neunten all ihre Rechte und das Bürgerrecht entziehen, und ich werde jeden Zehnten hinrichten lassen!«
Er wartete, bis der letzte Sprecher seine Worte wiederholt hatte. Keiner gab einen Laut von sich, nur Pullo und Vorenus weinten. Alle Augen waren auf Caesar gerichtet.
»Wie konntet ihr das tun?« schrie er die Legionäre der Neunten an. »Ihr wißt nicht, wie dankbar ich den Göttern bin, daß Quintus Cicero das nicht erleben muß! Das ist nicht mehr seine Legion. Diese Legionäre können nicht dieselben sein, die dreißig Tage lang fünftausend Nervier abwehrten, die verwundet wurden und erkrankten, die mit ansehen mußten, wie ihre Lebensmittel und ihre Habseligkeiten in Flammen aufgingen, und die trotz allem weiterkämpften — nein, es können nicht dieselben sein! Die Männer hier sind habsüchtige, niederträchtige, nichtswürdige Memmen! Ich will sie nicht!«
Er streckte die Hände aus. »Wie konntet ihr den Aufwieglern nur glauben? Was habe ich getan, um das zu verdienen? Wenn ihr Hunger hattet, hatte ich da etwa mehr zu essen? Wenn euch kalt war, hatte ich da etwa ein warmes Bett? Wenn ihr Angst hattet, habe ich da über euch gelacht? Wenn
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