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MoR 05 - Rubikon

Titel: MoR 05 - Rubikon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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marschieren werdet?«
    Carfulenus schnaufte. Er war zwar trotzig und wachsam, aber doch etwas unsicher. »Ja, Feldherr, genau das tun wir.«
    »Und warum?«
    »Wir finden, du hältst uns absichtlich hin, du versuchst, dich um die Bezahlung des Soldes zu drücken. Wir fürchten, daß du uns ans andere Ende der Welt schickst und dort sitzen läßt. Denn dieser Bürgerkrieg hier ist doch eine Farce. Wir glauben nicht, daß du es ernst meinst.«
    Caesar streckte die Beine aus und starrte mit ausdruckslosem Gesicht auf seine Füße. Dann hob er den Kopf und sah die Männer nacheinander mit bohrendem Blick an, zuerst Carfulenus, der verlegen von einem Bein aufs andere trat, dann den gequält wirkenden Cloatius und Aponius, der am liebsten woanders gewesen wäre, und schließlich jeden einzelnen der übrigen sieben Männer.
    »Was werdet ihr tun, wenn ich euch sage, daß ihr in ein paar Tagen nach Brundisium marschiert?«
    »Ganz einfach«, sagte Carfulenus, der wieder an Sicherheit gewann, »wir werden nicht marschieren. Wir wollen ausbezahlt und hier in Placentia entlassen werden. Unser Land wollen wir in der Gegend von Verona, nur ich will mein Stück in Picenum.«
    »Danke, daß ihr mir eure Zeit geschenkt habt, Carfulenus, Cloatius, Aponius, Munatius, Considius, Apicius, Scaptius, Vettius, Minicius und Pusio«, sagte Caesar und zeigte damit, daß er jeden von ihnen mit Namen kannte. Er nickte, ohne sich zu erheben. »Ihr könnt gehen.«
    Trebonius und Sulpicius, die beide dieses außergewöhnliche Gespräch verfolgt hatten, waren ratlos. Sie fühlten, daß ein schreckliches Gewitter im Anzug war, wußten aber nicht, in welcher Form es sich entladen würde. Caesar war wütend, aber er war auch schwer enttäuscht. Das war ihm noch nie passiert. Wie würde er damit umgehen? Was würde er tun?
    »Trebonius, laß die Neunte und die ersten Kohorten der anderen Legionen morgen früh auf dem Paradeplatz antreten! Mein gesamtes Heer soll dieser Angelegenheit beiwohnen, wenn auch nur als Zuschauer.« Caesar wandte sich an Sulpicius. »Rufus, es kann nicht angehen, daß eine Legion und ihre beiden ranghöchsten Zenturionen von einem rangniedrigeren Mann beherrscht werden. Suche zusammen mit den Militärtribunen, die bei den einfachen Soldaten beliebt sind, in der Neunten nach zwei Zenturionen, die genügend Schneid und natürliche Autorität haben, um die Aufgaben des primus pilus und des Zenturio prior richtig zu erfüllen. Cloatius und Aponius sind dazu völlig unfähig.«
    Er sah wieder Trebonius an. »Gaius, die Legaten, die meine anderen Legionen kommandieren, sollen sich ebenfalls nach Unruhestiftern und nach Zenturionen umsehen, die über ranghöhere Männer bestimmen. Ich möchte, daß die ganze Armee von ihnen gesäubert wird.«
    Am nächsten Morgen versammelten sich fünftausend Mann der Neunten und jeweils sechshundert Mann der ersten Kohorten der sieben anderen Legionen, insgesamt also viertausendzweihundert Mann, auf dem Paradeplatz. Caesar konnte sogar zu zehntausend Männern sprechen, dank einer Methode, die er schon dreizehn Jahre zuvor als Proprätor während seines Feldzuges in Hispania Ulterior ausgearbeitet hatte. Ausgewählte Sprecher mit lauten Stimmen wurden in bestimmten Abständen zwischen den versammelten Soldaten aufgestellt. Die Caesar am nächsten stehenden Sprecher wiederholten mit drei Worten Verzögerung, was er sagte, und die diesen nächsten Sprecher wiederholten, was ihre Vorgänger sagten. Nur wenige Menschen schafften es angesichts des daraus resultierenden Stimmengewirrs, noch vernünftig zu reden, Caesar jedoch konnte es, indem er einfach weghörte.
    Die Soldaten der Neunten waren auf der Hut, aber entschlossen, bei ihren Forderungen zu bleiben. Caesar stieg in voller Rüstung auf das Podest und musterte die Gesichter vor ihm. Den Göttern sei Dank, daß er immer noch so scharf sah, sowohl in die Nähe wie in die Ferne! Er mußte plötzlich an Pompeius’ Augen denken. Waren sie noch gut? Sulla hatte schlechte Augen bekommen, was ihn äußerst reizbar gemacht hatte. Auch Cicero hatte Probleme mit den Augen.
    Caesar hatte auf Versammlungen oft geweint, aber an diesem Tag gab es keine Tränen. Breitbeinig stand der Feldherr auf dem Podest, die Arme in die Hüften gestemmt. Statt eines Helmes trug er die corona civica , dazu die scharlachrote Toga als Zeichen seines hohen Standes, befestigt an den Schultern seines prachtvollen, silbernen Brustpanzers. Rechts und links von ihm standen auf dem

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