MoR 05 - Rubikon
ihr mich brauchtet, war ich etwa nicht für euch da? Wenn ich euch mein Wort gab, habe ich es nicht gehalten? Was habe ich euch getan?« Er ballte seine zitternden Hände zu Fäusten. »Wer sind diese Männer, denen ihr mehr Glauben schenkt als mir? Was für Lorbeeren tragen sie, die ich nicht auch trage? Sind sie besser als ich? Haben sie euch besser behandelt? Euch reicher gemacht? Nein, ihr habt euren Anteil an der triumphalen Beute genausowenig bekommen wie die anderen Legionen, dafür aber etwas anderes, zum Beispiel doppelten Sold und eine Sonderzulage, die ich aus meiner eigenen Tasche bezahlt habe. Bin ich etwa mit eurer Bezahlung im Rückstand? Nein. Habe ich euch etwa nicht dafür entschädigt, daß es in einem Bürgerkrieg keine Beute geben kann? Doch. Was habe ich also getan?«
Er ließ die Arme sinken. »Die Antwort lautet, Männer der Neunten: Ich habe überhaupt nichts getan, was eine Meuterei rechtfertigen würde, selbst wenn Meuterei ein verbrieftes Recht wäre. Meuterei aber ist Hochverrat! Sie wäre auch dann Hochverrat, wenn ich der knauserigste und grausamste Feldherr in der Geschichte Roms wäre! Ihr habt auf mich gespuckt, aber ich spucke nicht zurück, das seid ihr nicht wert, genausowenig, wie ihr es wert seid, weiterhin unter mir zu dienen.«
»Bitte nicht, Caesar!« heulte Sextus Cloatius tränenüberströmt auf. Er trat aus der vordersten Reihe und stieg auf das Podest. »Entlasse mich, nimm mir mein Geld, richte mich hin, aber verachte uns nicht!«
Weinend und um Vergebung flehend traten die zehn Männer vor, die die Abordnung der Neunten gestellt hatten. Sie wollten lieber sterben, als von Caesar verstoßen zu werden. Auch Legionäre begannen in aufrichtigem Kummer zu weinen und zu klagen.
Was sind sie doch für Kinder, dachte Caesar. Lassen sich hinreißen von schönen Worten aus faulen Mündern! Lassen sich übertölpeln von Scharlatanen! Sie sind wie Kinder, tapfer, hart und manchmal grausam, aber eben keine Männer. Kinder.
Er ließ sie weinen.
»Also gut«, sagte er schließlich, »ich entlasse euch nicht und klage euch nicht des Hochverrats an. Unter der Bedingung, daß ihr mir die hundertzwanzig Rädelsführer der Meuterei ausliefert. Sie werden entlassen und verlieren ihr Bürgerrecht. Außerdem werde ich jeden Zehnten von ihnen hinrichten lassen. Sie sollen vortreten!«
Alle achtzig Männer aus Carfulenus’ Zenturie, der ersten der siebten Kohorte, traten vor, außerdem vierzig Zenturionen, darunter Cloatius und Aponius.
Sulpicius Rufus hatte eigene Nachforschungen nach den Rädelsführern angestellt. Einer von ihnen, der Zenturio Marcus Pusio, war allerdings nicht unter den hundertzwanzig Männern, welche die Neunte ausgeliefert hatte.
»Ist unter euch ein Unschuldiger?« fragte Caesar.
»Ja!« schrie es aus den Tiefen der Neunten. »Marcus Pusio, sein Zenturio, hat ihn vorgeschickt, dabei ist Pusio selbst schuldig!«
»Tritt vor!« forderte Caesar den Unschuldigen auf.
Dieser tat, wie ihm geheißen.
»Pusio, nimm seinen Platz ein!«
Die Lose, durch welche die zwölf hinzurichtenden Männer ermittelt werden sollten, waren bereit. Carfulenus, Pusio, Aponius und Scaptius zogen ein Todeslos, außerdem acht Legionäre, die in die Meuterei verwickelt gewesen waren. Das Urteil wurde sofort vollstreckt. Die neun vom Los verschonten Männer jeder Dekurie bekamen Knüppel und mußten die zum Tode Verurteilten prügeln, bis sie nur noch blutiger Brei waren.
»Rufus«, sagte Caesar, als alles vorbei war, »hast du eine neue Liste deiner ranghöchsten Zenturionen für mich angefertigt?«
»Ja, Caesar.«
»Dann organisiere deine Legion entsprechend neu. Ich habe heute über zwanzig Zenturionen der Neunten verloren.«
»Ich bin froh, daß wir nicht die ganze Neunte verloren haben«, sagte Gaius Fabius seufzend. »Was für eine schreckliche Sache!«
»Ich glaube nicht, daß es ohne Carfulenus so weit gekommen wäre. Er war ein übler Bursche«, bemerkte Trebonius.
»Kann sein«, sagte Caesar hart, »aber nun ist es eben so gekommen. Ich werde der Neunten niemals vergeben.«
»Nicht alle ihre Legionäre sind schlecht, Caesar«, sagte Fabius düster.
»Nein, aber sie sind Kinder. Und warum denken immer alle, daß man Kindern vergeben muß? Sie sind doch keine Tiere, sie gehören zur gens humana und sollten demnach in der Lage sein zu denken, bevor sie handeln. Wie gesagt, ich werde der Neunten nicht vergeben. Die Männer werden es merken, wenn der Bürgerkrieg vorüber
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