MoR 05 - Rubikon
»Verschwinde du, Lentulus!«
Als dann auch noch Lucius Domitius Ahenobarbus mit der Nachricht eintraf, Massilia habe kapituliert und Caesar beherrsche jetzt alle Provinzen westlich Italias, heulte Pompeius bitterlich.
»Aber wenigstens«, sagte Ahenobarbus, »habe ich eine schöne Flotte mitgebracht, die ich auch einsetzen werde.«
Ende Dezember besuchte Bibulus Pompeius, als dessen gewaltige Armee gerade mühsam über die hohen Pässe des Kandavia-Gebirges stieg.
»Was machst du denn hier?« fragte Pompeius erschrocken.
»Beruhige dich, Pompeius! Caesar wird in nächster Zeit weder in Epirus noch in Makedonien landen«, sagte Bibulus gelassen. »Zum einen gibt es in Brundisium nämlich nicht genügend Schiffe, um seine Truppen über die Adria überzusetzen, und zum anderen habe ich die Flotte deines Sohnes und meine beiden Flotten im Adriatischen Meer unter das Kommando von Octavius und Libo gestellt; Ahenobarbus überwacht das Ionische Meer.«
»Du weißt sicher, daß Caesar zum Diktator ernannt worden ist und ganz Italia auf seiner Seite hat. Und daß er keine Proskriptionen will.«
»Ja, aber Kopf hoch, Magnus! Es sieht gar nicht so schlecht für uns aus. Ich habe Gaius Cassius mit den siebzig guten syrischen Schiffen ins Tyrrhenische Meer geschickt und ihn angewiesen, den Seeweg zwischen Messana und Vibo zu überwachen und alle Getreidetransporte von Sizilien zu blockieren. Seine Präsenz wird auch Caesar daran hindern, Truppen von der Westküste nach Epirus zu schicken.«
»Endlich einmal eine gute Nachricht!« rief Pompeius.
»Siehst du!« Bibulus lächelte zufrieden. »Du kannst dir vorstellen, wie man sich in Italia freuen wird, wenn das Land zwölf Legionen durch den Winter füttern darf. Wenn Gaius Cassius Rom von der Getreideversorgung abschneidet, wird Caesar schon seine liebe Not haben, nur die Zivilbevölkerung zu ernähren. Und vergiß nicht, wir haben auch Africa in der Hand.«
»Stimmt!« Aber Pompeius verfiel wieder in Schwermut. »Trotzdem wäre mir wohler zumute, wenn ich die beiden syrischen Legionen von Metellus Scipio hätte. Ich brauche sie nämlich, wenn — falls — Caesar kommt. Er hat acht Veteranenlegionen!«
»Was hat die syrischen Legionen denn daran gehindert, zu dir zu stoßen?«
»In seinem letzten Brief schreibt Scipio, er habe große Probleme, das Amanus-Gebirge zu bezwingen. Er muß ständig gegen die arabischen Nomadenvölker kämpfen, die auf den Pässen siedeln. Du kennst das Amanus-Gebirge, du hast dort selbst einen Feldzug geführt.«
Bibulus runzelte die Stirn. »Dann muß er auch noch durch ganz Anatolien, bevor er den Hellespont erreicht. Ich glaube kaum, daß du vor dem Frühjahr mit Scipio rechnen kannst.«
»Dann können wir nur hoffen, daß Caesar auch nicht früher kommt.«
Leider war diese Hoffnung vergebens. In den ersten Januartagen, als Pompeius über die Pässe nördlich des Ochrid-Sees marschierte, traf Lucius Vibullius Rufus bei ihm ein.
»Woher kommst du denn?« fragte Pompeius erstaunt. »Ich dachte, du seist in Hispania Citerior.«
»An mir siehst du, was mit einem Mann geschieht, der in Corfinium von Caesar begnadigt wurde und sich noch einmal gegen ihn gestellt hat. Nach der Schlacht von Ilerda hat er mich gefangengenommen; seither war ich immer bei ihm.«
Pompeius spürte, wie ihm das Blut aus dem Gesicht wich. »Soll das heißen... ?«
»Ja. Caesar hat vier seiner Legionen auf sämtliche Schiffe verteilt, die er finden konnte, und ist am Tag vor den Nonen von Brundisium ausgelaufen.« Vibullius lächelte freudlos. »Wir sind keinem einzigen feindlichen Schiff begegnet und sicher in Palaestae angekommen.«
»Palaestae?«
»Zwischen Oricum und Corcyra. Zuerst hat er mich zu Bibulus nach Corcyra geschickt, um ihm mitzuteilen, daß er die Gelegenheit verpaßt hat, ihn aufzuhalten, und um ihn zu fragen, wo du steckst. Ich bin also in meiner Eigenschaft als Botschafter des Diktators hier.«
»Bei den Göttern, hat der Nerven! Nur vier Legionen? Nicht mehr?«
»Nein.«
»Was läßt er mir bestellen?«
»Daß schon genügend römisches Blut vergossen worden sei und man jetzt verhandeln müsse. Beide Seiten seien gleich stark, und ein Kampf sollte vermieden werden.«
»Gleich stark«, wiederholte Pompeius langsam. »Mit vier Legionen!« »Das waren seine Worte.«
»Und seine Bedingungen?«
»Daß ihr beide die Bedingungen annehmt, die der Senat und das Volk von Rom stellen, und zwar nachdem ihr eure Armeen aufgelöst habt — was
Weitere Kostenlose Bücher