MoR 05 - Rubikon
den Verräter Gaius Julius Caesar vor.«
»Wir wissen das, und ihr habt unser Mitgefühl.«
»Das ist ja schon mal schön, aber nicht genug!« sagte Pompeius auf jene unbekümmert direkte Art, für die sein Vater so berühmt war. »Ich bin nicht gekommen, um Beileidsbezeigungen entgegenzunehmen, sondern um materielle Hilfe zu erbitten.«
»Natürlich. Wir haben uns auch schon gedacht, daß du gekommen bist, um materielle Hilfe von uns zu erbitten. An was hast du dabei gedacht?«
»Ich brauche eine Flotte, bestehend aus mindestens zehn großen Kriegsschiffen, sechzig robusten Transportschiffen und Ruderern und Matrosen in ausreichender Zahl. Die sechzig Transportschiffe sollten außerdem bis zum Rand mit Weizen und anderen Lebensmitteln beladen sein.«
Der kleine König, der ebenfalls das weiße Diademband trug, wurde unruhig und sah den Haushofmeister und den dünnen, weibischen Mann neben ihm an. Seine ältere Schwester, die gleichzeitig seine Gemahlin war — wie dekadent doch diese östlichen Monarchien waren! —, reagierte prompt und mit derselben Vehemenz, mit der auch eine Römerin ihren jüngeren Bruder bestraft hätte. Mit ihrem gold-- und elfenbeinbelegten Zepter schlug sie ihm so hart auf die Handknöchel, daß er vor Schmerzen aufschrie. Dann sah er mit tränenerfülltem Blick wieder nach vorn.
»Wir sind geehrt, daß du von uns Hilfe erbittest, Gnaeus Pompeius. Du bekommst die Schiffe, die du verlangst. Im CibotusHafen liegen zehn ausgezeichnete Quinqueremen; sie haben robuste Rammsporne aus Eichenholz, sind leicht manövrierbar und können viele Geschütze befördern. Ihre Besatzungen sind gut ausgebildet. Darüber hinaus stellen wir dir sechzig große, stabile Frachtschiffe zu Verfügung, die uns gehören. Uns gehören alle Schiffe Ägyptens, Handelsschiffe wie Kriegsschiffe; die alexandrinischen Handelsschiffe dagegen gehören nicht alle uns.«
Die Königin hielt inne. Sie sah jetzt sehr streng aus — und sehr häßlich. »Aber Weizen und andere Lebensmittel können wir dir nicht geben, Gnaeus Pompeius. Die Nilschwelle hat nur den Pegel des Todes erreicht. Das Getreide ist nicht aufgegangen, das Land leidet unter einer Hungersnot. Wir haben selbst für unsere eigenen Leute zuwenig, besonders für die Bevölkerung von Alexandria.«
Gnaeus Pompeius schnalzte wie sein Vater mit der Zunge und schüttelte den Kopf. »Das geht nicht!« bellte er. »Ich brauche Getreide und andere Lebensmittel! Ich kann Euer Nein nicht akzeptieren!«
»Wir haben kein Getreide, Gnaeus Pompeius, wir haben keine Lebensmittel. Wie wir dir schon erklärt haben, sind wir außerstande, deine Bitte zu erfüllen.«
»Aber Ihr habt gar keine andere Wahl«, sagte Pompeius wie beiläufig. »Tut mir leid, wenn Euer Volk hungert, aber das ist nicht mein Problem. Quintus Caecilius Metellus Pius Scipio Nascia ist immer noch in Syrien. Er hat dort mehr als genügend römische Truppen, um nach Süden zu marschieren und Ägypten zu zertreten wie einen Wurm. Ihr seid alt genug, um noch zu wissen, was passierte, als Aulus Gabinius dieses Land betrat. Ein Brief von mir nach Syrien — und Ihr seid besetzt! Das wäre sowieso in vieler Hinsicht das Beste für meinen Vater und die Exilregierung. Ägypten würde römische Provinz werden, und sein ganzer Besitz würde Rom zufallen. Und glaubt ja nicht, Ihr könnt mit mir dasselbe machen wie mit Bibulus’ Söhnen — ich bin Magnus’ Sohn! Tötet mich oder einen meiner Männer, und ihr werdet alle qualvoll sterben. Überlegt Euch gut, was Ihr tut, Kleopatra. Ich komme morgen wieder.«
Seine Liktoren machten mit unbewegten Gesichtern kehrt und marschierten hinaus, Gnaeus Pompeius folgte ihnen.
Theodotus rang nach Atem. »So ein Hochmut! Das ist ja unglaublich!«
»Halte den Mund, Erzieher!« fuhr die Königin ihn an.
»Kann ich gehen?« fragte der kleine König tränenüberströmt.
»Ja, geh ruhig, du kleine Kröte! Und nimm Theodotus mit!«
Theodotus legte besitzergreifend die Arme um die Schultern des Jungen und verließ mit ihm den Saal.
»Ihr werdet wohl tun müssen, was Gnaeus Pompeius von Euch verlangt«, säuselte Potheinus.
»Das weiß ich selbst, du aufgeblasener Wicht!«
»Und betet, mächtige Pharaonin, Isis auf Erden und Tochter des Ra, daß der Nil diesen Sommer den Pegel der Fülle erreicht!«
»Natürlich werde ich beten, während ihr — Theodotus, dein Günstling Achillas, der Oberbefehlshaber meiner Armee, und du — natürlich zu Serapis betet, daß der Nil den
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