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MoR 05 - Rubikon

Titel: MoR 05 - Rubikon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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von Cenabum und waren jetzt, nachdem der Dolmetscher gegangen war, ganz allein. Caesar hatte beschlossen, Toga und Tunika des Pontifex Maximus zu tragen, prächtige Gewänder mit breiten Streifen in Scharlach und Purpur.
    »Wie ich höre, schreibt ihr nichts auf«, sagte Caesar. »Wenn also alle Druiden Galliens am selben Tag getötet würden, würde ihr Wissen mit ihnen sterben. Aber ihr habt eure Lehre doch sicher irgendwo auf Bronze, Stein oder Papier festgehalten! Schreiben ist hier doch nicht unbekannt.«
    »Unter den Druiden schon, obwohl wir alle lesen und schreiben können. Aber wir schreiben nichts auf, was mit unserem Beruf zu tun hat. Wir lernen alles auswendig, und dazu brauchen wir zwanzig Jahre.«
    Caesar nickte zustimmend. »Wirklich geschickt!«
    Cathbad runzelte die Stirn. »Geschickt?«
    »Das ist der beste Schutz für Leib und Leben. Niemand würde wagen, euch etwas zuleide zu tun. Kein Wunder, daß ein Druide furchtlos über ein Schlachtfeld schreiten und den Kampf beenden kann.«
    »Aber das ist nicht der Grund!« rief Cathbad.
    »Ich weiß, aber klug ist es trotzdem.« Caesar wechselte zu einem anderen heiklen Thema. »Stimmt es, daß Druiden keinerlei Steuern zahlen?«
    »Das stimmt, wir zahlen keine Steuern«, sagte Cathbad, das Gesicht eine steinerne Maske.
    »Und nicht als Soldaten dienen?«
    »Auch das stimmt.«
    »Und keine niedrigen Arbeiten verrichten?«
    »Du bist es, der geschickt argumentiert, Caesar. Deine Worte setzen uns ins Unrecht. Aber wir dienen, wir verdienen uns unseren Lohn. Wie ich schon sagte, wir sind Priester, Ärzte, Anwälte und Dichter.«
    »Heiratet ihr?«
    »Ja.«
    »Und die Bevölkerung arbeitet für euch.«
    Cathbad blieb eisern ruhig. »Als Gegenleistung für unsere Dienste, die unersetzlich sind.«
    »Ja, verstehe. Wirklich geschickt!«
    »Ich hatte dich für taktvoller gehalten, Caesar. Warum willst du uns unbedingt kränken?«
    »Ich will euch nicht kränken, Cathbad, mich interessieren nur die Fakten. Wir wissen in Rom sehr wenig über das Leben der gallischen Stämme, die mit uns bisher nicht in Kontakt gekommen sind. Polybios hat einige Worte über euch Druiden geschrieben, und auch einige andere, weniger bedeutende Historiker erwähnen euch. Aber ich muß dem Senat berichten, und man informiert sich am besten durch Fragen.« Caesar lächelte, doch es war kein freundliches Lächeln. Cathbad blieb unbewegt. »Erzähle mir von den Frauen.«
    »Frauen?«
    »Ja. Ich habe festgestellt, daß man bei euch Frauen wie Sklaven foltern darf, aber keinen freien Mann, auch nicht den geringsten. Und offenbar ist auch die Polygamie erlaubt.«
    Cathbad straffte sich. »Wir kennen zehn verschiedene Stufen der Ehe, Caesar«, sagte er würdevoll. »Dies ermöglicht, daß ein Mann mehrere Frauen ehelicht. Wir Gallier sind ein kriegerisches Volk. Die Männer sterben in der Schlacht, was bedeutet, daß es bei uns mehr Frauen gibt als Männer. Unsere Gesetze und Sitten wurden für uns geschaffen, nicht für Römer.«
    »Vollkommen richtig.«
    Cathbad sog den Atem hörbar ein. »Frauen haben ihren Platz. Sie haben wie Männer eine Seele, sie wechseln zwischen dieser Welt und der anderen. Und es gibt Priesterinnen.«
    »Weibliche Druiden?«
    »Nein, das nicht.«
    »Auf jeden Unterschied kommt eine Gemeinsamkeit«, sagte Caesar, und diesmal erreichte das Lächeln seine Augen. »Gemeinsam ist uns, daß auch wir unsere Priester wählen und Frauen nicht in Priesterämter zulassen, die den Männern wichtig sind. Die Unterschiede betreffen unseren Status als Männer — den Militärdienst, öffentliche Ämter, das Zahlen von Steuern.« Das Lächeln verschwand. »Cathbad, es ist nicht Ziel der Römer, die Götter und religiösen Praktiken anderer Völker zu stören. Du und deinesgleichen, ihr habt von mir oder Rom nichts zu befürchten, mit einer Ausnahme. Die Menschenopfer müssen aufhören. Die Menschen töten einander überall und in allen Völkern, aber kein Volk an der Küste unseres Meeres tötet Männer — oder Frauen —, um die Götter gnädig zu stimmen. Die Götter verlangen keine Menschenopfer, und Priester, die das glauben, irren.«
    »Die Menschen, die wir opfern, sind entweder Kriegsgefangene oder eigens zu diesem Zweck gekaufte Sklaven!« brauste Cathbad auf.
    »Trotzdem muß das aufhören.«
    »Du lügst, Caesar! Du und Rom, ihr seid eine Bedrohung für Sitten und Bräuche der Gallier! Ihr bedroht die Seele unseres Volkes.«
    »Keine Menschenopfer«, wiederholte Caesar

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