MoR 05 - Rubikon
Gefolge ins Land der Haeduer zurückkehrte, sagte er nicht, aber es fraß in ihm, zumal als die Haeduer anfingen, darüber Witze zu machen. Die betrogene Frau war schon bald schwanger und gebar Caesar im folgenden Winter in ihrem Haus bei Arausio einen Jungen. Das hielt sie freilich nicht davon ab, bereits im Frühjahr und Sommer wieder im Troß mitzureisen. Wo immer das Hauptquartier aufgeschlagen wurde, richtete sie sich mit ihrem Baby ein und wartete auf Caesar. Das Arrangement erfüllte seinen Zweck. Caesar sah sie nur so oft, daß er fasziniert blieb, und sie hatte seinen Wink verstanden und hielt sich und ihr Kind so sauber, daß beide glänzten.
Vorsichtig nahm er das Kind aus seinem Bettchen, küßte es, hielt das kleine, runde Gesicht an seine kratzige Wange und hob die kleine Hand, um die Grübchen an den Knöcheln zu küssen.
»Er hat mich trotz des Bartes erkannt.«
»Ich glaube, er würde dich auch erkennen, wenn deine Haut eine andere Farbe hätte.«
»Meine Tochter und meine Mutter sind tot.«
»Ja, Trebonius hat es mir gesagt.«
»Wir werden nicht darüber sprechen.«
»Trebonius meinte, du würdest den ganzen Winter über hierbleiben.«
»Willst du lieber in den Süden zurückkehren? Ich kann dich hinschicken, aber nicht begleiten.«
»Nein.«
»Wir bauen ein besseres Haus, bevor es schneit.«
»Das wäre schön.«
So redeten sie leise weiter, während er mit dem Kind in der Armbeuge auf und ab ging und über die rotgoldenen Locken, die makellose Haut und die über die rosigen Wangen gesenkten langen Wimpern strich.
»Jetzt schläft er, Caesar.«
»Dann lege ich ihn besser ab.«
Er legte das dick in weiche, purpurfarbene Wolle eingewickelte Kind in das Bettchen zurück, auf ein purpurfarbenes Kissen. Einen Augenblick verharrte er noch, dann legte er den Arm um Rhiannon und ging mit ihr aus dem Zimmer.
»Es ist schon spät, aber ich habe etwas zu essen, wenn du Hunger hast.«
Er hob eine ihrer Locken an. »Nach dir habe ich immer Hunger.«
»Zuerst das Essen. Du bist kein guter Esser, also muß ich zusehen, daß ich soviel wie möglich in dich hineinbringe. Gebratenes Wild, knuspriges, ofenwarmes Brot und sechs verschiedene Gemüse aus meinem Garten.«
Sie war eine wunderbare Hauswirtschafterin, auf eine von einer Römerin ganz verschiedene Art. Obwohl von königlichem Blut, kniete sie in ihrem Gemüsegarten, machte selbst Käse oder wendete die Matratze in ihrem Bett, das sie wie ihr Tisch und ihr Stuhl immer begleitete.
Im Zimmer war es warm. Im Halbdunkel glühten verschiedene Kohlenpfannen, und an den Wänden hingen dort, wo die Bretter geschrumpft waren und der Wind durchpfiff, Felle von Bären und Wölfen. Außerdem war es noch nicht Winter. Sie aßen aneinandergelehnt auf derselben Liege, eine mehr freundschaftliche als sinnliche Berührung, und dann holte sie ihre Harfe, stützte sie aufs Knie und spielte.
Vielleicht war auch das ein Grund, warum sie ihn immer noch so entzückte, dachte er. Sie machten auf ihren Zupfinstrumenten, die viel mehr Saiten als eine Lyra hatten, so wunderbare Musik, die langhaarigen Gallier, Musik, die zur gleichen Zeit wild und zart, leidenschaftlich und bewegend war. Und erst ihr Gesang! Sie begann leise, eine klagende Melodie zu singen, mehr Klang und Emotion als Worte. Italische Musik war melodischer, kannte jedoch nicht die ungebändigte Improvisation; griechische Musik war mathematisch vollkommener, hatte jedoch weniger Gewalt und Leidenschaft. Dies war eine Musik, in der nicht Worte zählten, sondern die Stimme. Caesar, der die Musik noch mehr liebte als die Literatur oder die bildende Kunst, lauschte hingerissen.
Danach mit ihr zu schlafen war wie die Fortsetzung der Musik. Caesar war der über den Himmel stürmende Wind, der Reisende auf einem Meer von Sternen. Im Lied ihres Körpers fand seine Seele Trost.
Zuerst sah es so aus, als sollte der Sturm im keltischen Westen losbrechen. Caesar wohnte seit einem Monat behaglich in seinem neuen steinernen Hans, als ihn die Nachricht erreichte, die Ältesten der Carnuten hätten, von den Druiden angestachelt, ihren König Tasgetius umgebracht. Das war an sich nicht weiter besorgniserregend, wenn es nicht die Carnuten gewesen wären. Tasgetius war mit Caesars Hilfe König geworden, und die Carnuten waren über ihre Größe und ihren Reichtum hinaus wichtig, da der Mittelpunkt jenes druidischen Netzes, das sich durch ganz Gallien spannte, im Land der Carnuten lag, an einem Ort mit Namen
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