MoR 05 - Rubikon
jetzt verkauften dieselben Stände Büsten von Caesar. Caesar war im Namen Roms zu neuen Ufern aufgebrochen, während er, Pompeius, im Osten nur eine neue Furche in den alten Acker gezogen hatte. Natürlich hatten Caesars bemerkenswerte Depeschen an den Senat ihm geholfen — sie waren kurz und spannend, eine Art Chronik der Ereignisse ohne ein überflüssiges Wort. Warum war ihm, Pompeius, nie so etwas eingefallen? Caesar entschuldigte sich nie, und er sprach immer wieder davon, was andere getan hatten, seine Zenturionen und Legaten. Seine Botschaften hatten den Senat belebt und ihm von allen Seiten Dankbarkeit eingebracht. Um Caesar rankten sich Mythen! Um die Geschwindigkeit, mit der er marschierte, um seine Methode, gleichzeitig mehreren Sekretären zu diktieren, um die Leichtigkeit, mit der er Brücken über große Flüsse schlug und glücklose Legaten den Klauen des Todes entriß.
Natürlich wollte Pompeius keinen Krieg, nur um Caesar in seine Schranken zu weisen. Das mußte er von Rom aus erledigen, und zwar bevor Caesars zweite fünfjährige Amtszeit als Statthalter von Gallien und Illyricum abgelaufen war. Er, Pompeius Magnus, war schließlich der Erste Mann in Rom und gedachte das für den Rest seines Lebens zu bleiben!
Seit Monaten flehte man ihn nun schon an, sich zum Diktator ernennen zu lassen. Niemand sonst konnte der allgegenwärtigen Gewalt und Anarchie Einhalt gebieten, an der nur dieser schreckliche Publius Clodius schuld war! Schlimmer als eine Laus im Pelz! Diktator von Rom! Er würde über den Gesetzen stehen, und niemand konnte ihn zur Verantwortung ziehen, wenn er eines Tages nicht mehr Diktator war.
Pompeius zweifelte nicht daran, daß er Roms Leiden kurieren konnte; es war alles nur eine Frage von richtiger Organisation, vernünftigen Maßnahmen und einer geschickten Hand in Staatsgeschäften. Vor der Ausübung diktatorischer Macht hatte Pompeius keine Angst, nur davor, daß dies seinen Ruhm als Volksheld schmälern könnte. Sulla war Diktator gewesen, und er wurde immer noch glühend gehaßt! Sulla war das egal gewesen, denn wie Caesar — schon wieder Caesar! — war er von so vornehmer Abstammung, daß ihn das nicht interessierte. Ein patrizischer Cornelier konnte tun, was ihm beliebte, ohne daß seine Bedeutung in den Geschichtsbüchern der Zukunft darunter litt.
Ein Pompeius aus Picenum dagegen, der mehr wie ein Gallier aussah als wie ein richtiger Römer, mußte da sehr viel vorsichtiger sein. Er hatte keinen erhabenen patrizischen Stammbaum, keinen Familiennamen, der ihn automatisch an die Spitze der Wählerliste beförderte. Alles, was Pompeius war, hatte er sich selbst erarbeiten müssen, und zwar gegen den Widerstand seines Vaters, der in Rom großen Einfluß gehabt hatte, doch von allen Römern gehaßt worden war. Pompeius war zwar kein homo novus , aber gewiß auch kein Julier oder Cornelier, auch wenn er fand, daß er nicht weniger geleistet hatte. Seine Gattinnen waren aus den besten Familien gekommen: die Patrizierin Aemilia Scaura, Mucia Scaevola aus einer alten plebejischen Familie und schließlich Julia Caesaris aus vornehmstem Patriziergeschlecht. Antistia zählte nicht; sie hatte er nur geheiratet, weil ihr Vater Richter in einem Prozeß gewesen war, den er hatte verhindern wollen.
Wie aber würde Rom reagieren, wenn er einwilligte, Diktator zu werden? Die Diktatur war ursprünglich eingerichtet worden, um die Konsuln für ein Jahr freizustellen, damit sie Krieg führen konnten, und die meisten Diktatoren der letzten Jahrhunderte waren Patrizier gewesen. Offiziell dauerte die Diktatur sechs Monate, so lange wie früher ein Feldzug gedauert hatte. Sulla aber war zweieinhalb Jahre Diktator gewesen, und er war auch nicht zum Diktator ernannt worden, um die Konsuln zu entlasten. Sulla hatte den Senat gezwungen, ihn statt der Konsuln zu ernennen, und hatte dann gefügige Konsuln wählen lassen.
Es war auch nicht üblich, daß der Senat einen Diktator einsetzte, um mit inneren Unruhen fertigzuwerden. Dafür hatte der Senat damals, als Gaius Gracchus versucht hatte, den Staat auf dem Forum statt auf dem Schlachtfeld zu beseitigen, das senatus consultum de re publica defenda eingeführt. Cicero hatte die Bezeichnung später zu senatus consultum ultimum vereinfacht. Dieser Senatsbeschluß war einer Diktatur weit vorzuziehen, da er — zumindest theoretisch — nicht einen einzelnen mit beliebigen Vollmachten ausstattete, ohne daß dieser sich für sein Tun zu verantworten
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