Morag und der magische Kristall
an, brachte uns nach draußen zu einer kleinen Mole, wo diese Riesenfrau, mit der er sich im Restaurant unterhalten hat, auf uns wartete. Dies scheint ihr Boot zu sein. Er hat sie dafür bezahlt, uns irgendwo hinzubringen, ich konnte nicht verstehen, was sie gesagt haben.«
»Und ich habe die ganze Zeit geschlafen?«, fragte Morag.
»Wie ein Stein!«
»Da stimmt etwas nicht«, sagte sie ein wenig verängstigt und verwirrt. »Normalerweise schlafe ich nicht so fest. Es muss etwas in dem Essen gewesen sein.«
»Wenn ich recht verstanden habe, hat Eleanor euch betäubt«, bestätigte das Medaillon.
»Und was ist mit den anderen? Wo sind sie?«, wollte Morag wissen. »Glaubst du, es geht ihnen gut?«
»Sie liegen wahrscheinlich noch in ihren Betten und schlafen«, antwortete das Medaillon. »Sie sind sicher ebenfalls betäubt worden, aber es wird ihnen gut gehen.«
Morag war sich jedoch nicht so sicher. Trotzdem, es gab nichts, was sie unternehmen konnte.
Sie schaute sich gründlich um. Sie befand sich im Bauch eines Stahlschiffs, das stark nach Motoröl und Fisch roch. Irgendwo hinter ihr tuckerte der Motor laut, und das Boot wiegte sich sanft von einer Seite zur anderen, während es sich seinen Weg durch die Wellen bahnte.
An dieser Kajüte war nichts Ungewöhnliches. Die Wände waren weiß gestrichen worden – vermutlich schon vor einiger Zeit, da die Farbe an manchen Stellen bereits abblätterte. Rote Rosttupfen umrandeten die metallenen Bullaugen und eine Metalltür in der Wand war fest verschlossen. Es befanden sich zwei hölzerne Kojen in der Kajüte, die eine, in der Morag aufgewacht war, und eine an der gegenüberliegenden Wand. Beide waren säuberlich zurechtgemacht mit grauen Wolldecken sowie gestärkten weißen Laken und Kopfkissenbezügen. Das andere Bett war leer.
»Wo sind wir?«, fragte Morag verwirrt. Sie spähte aus dem nächstgelegenen Bullauge, aber das Einzige, was sie sah, war das graue Meer, das gegen den Rumpf schlug. Bei diesem Anblick überlief sie ein Schauder.
»Es ist schwer zu sagen, aber das Boot scheint nach Westen zu fahren«, erwiderte das Medaillon. »Sie haben nichts gesagt, als sie uns hierhergebracht haben, und ich habe nicht gefragt. Sie sollten nicht wissen, dass ich reden kann.«
»Natürlich nicht«, sagte Morag. Sie schwang die Beine vom Bett und stellte die Füße auf den Boden. Ihr war noch immer ein wenig schwindelig und sie fühlte sich benommen, daher ließ sie sich Zeit mit dem Aufstehen.
Unsicher ging sie zur Tür und drückte den Griff herunter. Die Tür war verschlossen. »Natürlich ist sie das«, sagte sie, mehr zu sich selbst als zu Henry. Sie kehrte zu der Koje zurück und setzte sich. Ihr blieb keine Wahl, sie würde warten müssen, bis ihr Entführer – wer immer das sein mochte – befand, es sei Zeit, sie zu holen. Die Knie ans Kinn gezogen, schloss sie die Augen. Sie hatte große Angst und fühlte sich sehr, sehr allein.
»Hoi!«, rief das Medaillon. »Du zerquetschst mich, du großer Klotz!«
Morag blickte auf die Goldscheibe hinab. Henry schenkte ihr ein kleines Lächeln und zwinkerte ihr zu und sie lächelte schwach zurück.
»Du brauchst dir überhaupt keine Sorgen zu machen, liebes Mädchen«, sagte er freundlich. »Ich werde mich um dich kümmern. Es wird alles gut werden, du wirst schon sehen.«
»Ich hoffe es«, erwiderte Morag, aber während das Boot stetig weiter schaukelte, stiegen ihr brennende Tränen in die Augen.
Kapitel 10
Das Wetter hatte sich am Morgen nicht recht entscheiden können, was es tun wollte. Es würde wieder ein kalter Tag werden, daran bestand kein Zweifel, aber die dunklen grauen Wolken waren sich noch nicht im Klaren darüber, wann sie sich ihrer schweren Regenlast entledigen wollten. Der Wind wusste jedoch, was er wollte; er wehte, so heftig er konnte, und in diesen stürmischen Tag liefen nun Bertie, Aldiss und Shona hinaus.
Nachdem sie das Restaurant verlassen hatten, rannten die drei Freunde zum Hafen hinunter, um nach jemandem zu suchen, der Kyle der Fischer genannt wurde. Kyle war, wie man ihnen erzählt hatte, ein vertrauenswürdiger Mensch, dessen Familie schon sehr, sehr lange magische Wesen beförderte. Sein Fischerboot, die Seekelpie , war die einzige Möglichkeit, sie auf die Insel Murst zu bringen.
Die Luft roch frisch und salzig, als sie zu den großen Steinmauern hinabeilten, von denen aus man einen Blick auf den Hafen hatte. An diesem Morgen lagen etwa fünfzehn kleine Fischerboote
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