Morbus Dei: Inferno: Roman (German Edition)
wie immer, und folgte den beiden Männern in gebührlichem Abstand.
Sie schritten gemächlich aus der Bibliothek und in einen langen Gang hinein, an dessen Ende eine kleine Tür war. Gedämpftes Licht fiel durch die hohen Fenster zu ihrer Linken und beleuchtete die prunkvollen Gemälde der Ordensleute an der Wand gegenüber.
„Ihr fürchtet ein Problem?“, bohrte der Bischof nach.
„Nicht direkt ein Problem, vielmehr eine, wenn ihr so wollt, Unebenheit im Konsens, die es auszubügeln gilt. Denn seht, was nützt es, wenn wir uns einig sind, dass es andere gibt, die Zwietracht schüren und Lügen verbreiten?“
„Auf wen spielt Ihr an?“
„Basilius sprach von zwei Weggefährten, die aus dem Dorf gekommen waren. Ein Mann und eine Frau, aber offenbar nicht sein Eheweib.“
„Ich weiß nicht, worauf Ihr hinauswollt.“
„Was, wenn diese beiden nun von ihnen erzählen? Ihr wisst, was der Pöbel aus einer solchen Geschichte macht. Binnen weniger Tage wäre die Stadt in Aufruhr, und was der heilige Vater in Rom dazu sagen würde, könnt Ihr Euch sicher vorstellen …“
Der Bischof nickte bedächtig. Sie näherten sich langsam der Türe am Ende des Ganges.
Bernardus blickte den Bischof von der Seite verstohlen an, würde dieser der Fährte folgen? „Also sollte man diese Geschichten im Keim ersticken, bevor sie sich ausbreiten und ihr Unheil entfalten können“, fuhr der Dominikaner fort.
Der Bischof nickte bedächtig.
„Man sollte daher versuchen, die beiden zu finden und sie in einem wohlwollenden Gespräch zur Räson bringen, meint ihr nicht?“, sagte Bernardus und legte damit dem Bischof den Köder aus.
„Gewiss, Pater, gewiss. Aber wo soll man mit der Suche beginnen? Es ist ein Ding der Unmöglichkeit, eher würden wir die Nadel im Heuhaufen finden.“ Der Bischof stieß ein glucksendes Lachen hervor.
„Dessen war ich mir auch gewiss, aber wie der Zufall es will, traf Bruder Basilius just vor wenigen Tagen auf eben diese beiden. Hier in Wien.“
Das überraschte Gesicht des Bischofs zeigte Bernardus, dass seine Beute gerade in die Falle getappt war. Jetzt musste er nur noch den Sack darüber ziehen.
„Mit Eurer Zustimmung könnte ich veranlassen, die beiden zu suchen. Natürlich unter der Hand.“
Und zuschnüren.
„Und wen würdet Ihr mit solch einer delikaten Angelegenheit betreuen, Pater?“
Sie hatten die Türe beinahe erreicht.
„Ich denke, ich habe den richtigen Mann bereits gefunden“, erklärte Bernardus triumphierend und öffnete die Türe. Am Ende einer dunklen Tafel erhob sich ein Mann in Uniform und verbeugte sich.
„Ferdinand Philipp von Pranckh, zu Euren Diensten Hochwürden.“
XLVI
Die Dämmerung brachte ein Meer aus Gewitterwolken mit, das sich nun mit aller Kraft entlud. Der prasselnde Regen ließ die Bürger nur schnell aus ihren Häusern laufen, um die Laternen zu entzünden, bis auf vereinzelte Kutschen waren die Straßen menschenleer. Der Stephansdom ragte wie ein steinerner Sarkophag über die Dächer hinaus, aus seinen Wasserspeiern ergossen sich schier endlose Fontänen mehrere hundert Fuß zu Boden.
Der Preuße eilte schnellen Schrittes voraus, Elisabeth hatte Mühe, den Anschluss nicht zu verlieren. Johann war die Nachhut. Trotz des kurzen Weges waren sie bereits bis auf die Knochen durchnässt.
Der Preuße verschwand in einem Durchhaus und blieb vor dem Laden darin stehen. Ein Blitz erhellte die Konturen eines Monsters aus getriebenem Eisenblech, das über einem bemalten Holzschild wachte. Das Mischwesen aus Lindwurm und Krokodil hütete den Eingang der Material- und Spezereihandlung „Zum schmeckenden Wurm“.
„Wir treffen ihn doch nicht etwa vor dem Laden?“, fragte Johann.
„Das meinst jetzt nicht ernst, oder?“ Der Preuße verzog das Gesicht und riss an einer Kordel, die in einer Mauernische hing.
Im Laden war leises Glockenläuten zu hören.
„Hätten wir uns nicht bei seinem Boot treffen können?“ Elisabeth raffte ihren Rock, der sich bereits mit Wasser vollgesogen hatte.
„Der Herr will diejenigen, die er mitnimmt, vorher kennen lernen.“ Unruhig lauschte der Preuße, aber es waren keine Schritte aus dem Inneren zu hören. Als ihnen nach einer Weile noch immer niemand die Tür geöffnet hatte, zog er erneut an der Kordel.
Das Prasseln der Regentropfen auf den Pflastersteinen dröhnte in ihren Ohren, die schnelle Abfolge von Blitzen und Donnergrollen bezeugte, dass das Unwetter genau über ihnen war.
Nach einer schieren
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