Morbus Dei: Inferno: Roman (German Edition)
wieder nach. „Hab ich dich schon jemals schlecht beraten?“
„Naja, bis auf deine Idee, dieses kretzinöse Freudenhaus in Brescia zu besuchen.“ Beide lachten herzhaft und begannen in Kriegserinnerungen zu schwelgen, die sie bis spät in die Nacht von einem Schauplatz zum nächsten führte.
Begleitet natürlich von Wein und Krautinger.
XLII
Das spitze Krähen eines Hahnes weckte Elisabeth. Ihr Gesicht war wohlig warm von der Hitze, die der Ofen noch ausstrahlte. Sie rieb sich die Augen. Die ersten Morgenstrahlen fielen in die Stube und konnten nur wenig gegen den Tabakrauch der letzten Nacht ausrichten.
Elisabeth packte das Reisebuch schnell in ihre Tasche, als hätte sie Angst, jemand könnte darin lesen. Sie stand auf, schlurfte, in die Decke eingemummt, zu einem der Fenster und riss es weit auf. Gierig drängte die kühle Morgenluft in die Stube und entzog ihr den Rauch.
Elisabeth drehte sich um und sah, dass Johann mit dem Kopf nach unten hängend auf der Bank schlief und leise vor sich hinschnarchte. Offenbar hatte sie gestern wohl etwas verpasst.
Oder auch nicht.
Der Preuße hatte es immerhin noch bis zur Treppe geschafft, er lag quer über mehrere Stufen gestreckt und schlief seinen Rausch aus. Das Poltern von oben bezeugte, das Josefa auch schon wach war.
Elisabeth lächelte und dachte gar nicht daran, sich über das Gelage zu ärgern. Johann würde sich heute noch genug spüren, und außerdem hatte ihr Großvater immer gesagt, dass man einen Mann hie und da trinken lassen müsste. Am besten daheim, dann machte er keinen Unsinn.
Sie ging nach draußen und holte vier Eier aus dem kleinen Gehege neben dem Häuschen. Sie hielt ihr Gesicht in die Sonnenstrahlen, genoss die zwar schwache, aber spürbare Wärme. Sie wusste, dass der schier endlose Winter endgültig geschlagen war.
Es würde alles besser werden.
Und wie gestern, wie eine heimtückische Antwort auf ihre Hoffnung, begann es vom Hals aus zu pochen …
Jegliche Wärme verschwand. Elisabeth ging schnell ins Haus zurück.
Josefa weckte ihren Gatten zärtlich aus dem Schlaf, indem sie ihm einen Becher mit eiskaltem Wasser ins Gesicht schüttete. „Guten Morgen, mein Herz!“, flötete sie. „Wer saufen kann, kann auch schaffen!“
Der Preuße prustete und schüttelte sich wie ein Hund. „Bring mich doch gleich um!“, stieß er mit rauer Stimme hervor, rappelte sich aber gemächlich auf.
Elisabeth schüttelte Johann an der Schulter. „Johann, wach auf.“
Der stöhnte, schlief aber weiter. Der Preuße wankte zum Tisch. „Lass mich das machen, ich weiß, wie ich ihn aufbring.“ Er zwinkerte Elisabeth zu.
Elisabeth zögerte. „Gut, aber lass ihn leben.“
Der Preuße grinste und verzog sofort das Gesicht. „Verdammter Schnaps – sogar das Lachen tut weh.“ Er nahm die Flasche mit dem Krautinger, kniete sich zu Johann hin und öffnete ihm den Mund.
„Man soll am nächsten Tag mit dem weitermachen, womit man aufgehört hat. Hab ich von unserem Quartiermeister in Italien gelernt.“ Sprach’s und ließ einen ordentlichen Schluck in Johanns Mund rinnen.
Einen Moment passierte nichts, dann riss Johann die Augen auf, hustete, sprang taumelnd auf und stürzte aus der Stube.
Die Geräusche, die vom Hof hereindrangen, waren eindeutig. Elisabeth warf dem Preußen einen finsteren Blick zu.
„Was denn?“, meinte der achselzuckend. „Immerhin lebt er.“
Nachdem beide Männer halbwegs ansprechbar waren, fanden sich alle zum gemeinsamen Essen zusammen. Es gab Brot, Speck und Suppe, dazu verdünnten Wein. Die Frauen ließen es sich schmecken, die Männer versuchten es.
Das war’s, dachte Johann und kaute mühsam an einem Stück trockenen Brot. Ein Abend wie dieser muss für Wien genügen. Den nächsten dann in Siebenbürgen.
Nach dem Essen lehnte sich der Preuße zurück und entzündete seine Pfeife. „Euch ist schon klar, dass ihr euch mit euren Papieren nicht einfach einschiffen könnt“, stellte er fest.
„Warum nicht“, fragte Elisabeth.
„Naja, jeder Kapitän wird eure Papiere aufs genaueste prüfen, immerhin ist er für Ladung und Passagiere verantwortlich. Solltet ihr Probleme bekommen, sind sie auch die seinen.“„Deshalb wollte ich eh noch mit dir reden“, entgegnete Johann. Die Übelkeit war ein wenig zurückgegangen, mittlerweile konnte er ansatzweise klar denken. „Kennst du wen, der ein eigenes Schiff hat? Einen Händler vielleicht, der selbst nicht scharf auf Kontrollen ist?“
„Der Heinz kennt eine
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