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Morbus Konstantin: Ein Steampunk-Roman (German Edition)

Morbus Konstantin: Ein Steampunk-Roman (German Edition)

Titel: Morbus Konstantin: Ein Steampunk-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T. Aaron Payton
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Ritter schlagen müssen , falls er überlebt“, murmelte die Königin. Sie schien mit sich selbst zu sprechen, zumindest vermutete Ellie das aufgrund der Tatsache, dass sie „ich“ anstatt „Wir“ sagte.

Gewappnet

    I m Hyde Park drängten sich die Menschen. Ellie hatte schon des Öfteren beobachtet, dass die Londoner alles mochten, was ihnen ein kostenloses Spektakel versprach. Die Flugblätter, die für die Ausstellung warben, hatten in besonders reißerischer Manier angekündigt, dass man dort die „neuesten wissenschaftlichen Fortschritte in Elektrizität, Magnetismus und Alchemie“ zu sehen bekäme. Das klang eher nach trockenen Vorträgen, doch das Flugblatt schmückten Kupferstiche von Blitzen, einem schwebenden Mann und aus für Ellie unerfindlichen Gründen auch von einem Elefanten mit riesigen gebogenen Stoßzähnen.
    Ein Teil des Parks am Nordufer der Serpentine war für die Ausstellung umgestaltet worden. Das Gebiet wurde von Hunderten von alchemistischen Lampen beleuchtet, die auf Seile gefädelt und an emporragenden Holzpfosten aufgehängt worden waren. Man hatte eine große Bühne aufgebaut, die voll verlockend aussehender mechanischer Apparate stand. Einige davon konnte man auch dann noch erkennen, wenn man ganz hinten in der Menge stand: eine Art riesiges Modell des Sonnensystems, dessen Planeten jedoch sehr eigenartig angeordnet waren, mit zwei Sonnen im Zentrum; eine gewaltige Maschine, die an der Oberseite ein riesiges Horn besaß, das einem stilisierten Blütenkelch ähnelte; eine riesige Kanone, die nach oben zeigte und deren Rohr mit Dutzenden kleinen Röhren verziert war, die sich in barocker Fülle bogen; ein mannshohes Becken mit Glaswänden, das mit einer schwach leuchtenden rosa Flüssigkeit angefüllt war, sowie andere merkwürdige Geräte und Darstellungen, deren Zweck sich ihnen nicht erschloss. Oswald war noch nicht in Sicht, ebenso wenig die falsche Königin. Die Ehrenplätze, die man an der einen Seite der Bühne für den Premierminister und andere hohe Staatsbeamte aufgebaut hatte, waren nur etwa zu einem Viertel belegt. Offensichtlich hatten die meisten großen Männer Londons Besseres zu tun, als Oswalds Selbstbeweihräucherung beizuwohnen.
    „Ich werde mich um die Menge herum zum Fluss vorkämpfen“, meinte Pimm und schrie Ellie dabei fast ins Ohr, um den ständigen Lärm der Menschenmenge zu übertönen. Die Leute unterhielten sich, beklagten sich, bedauerten sich gegenseitig, wollten einander Bonbons und Schinkensandwiches und Pfeffernüsse und persische Brause verkaufen, überlegten gemeinsam, was es wohl auf der Ausstellung zu sehen gab, und blafften wütend die unvermeidlichen Taschendiebe an. „Ich glaube, bei diesem Turm handelt es sich um eine der Maschinen.“ Er zeigte auf eine schwer erkennbare Konstruktion, die auf der flussnahen Seite der Bühne aus der Menge ragte. „Würden Sie zur anderen Seite der Bühne gehen und dort ebenfalls nachsehen?“
    Pimm verschwand, ehe Ellie einen Einwand vorbringen konnte. Sie hatte ihn darauf hinweisen wollen, dass die Maschine, deren Bau sie und Winnie beobachtet hatten, tatsächlich auf der abgewandten Seite der Bühne gestanden hatte und nicht drüben an der Serpentine. Sie blieb mit Ben und der Königin zurück, die beide aussahen, als sei ihnen leicht übel. Sicherlich aus unterschiedlichen Gründen. Die Königin, weil sie dem mahlenden, rufenden, stinkenden Gewühl ihrer Untertanen wahrscheinlich seit Jahren nicht mehr so nahe gewesen war, wenn überhaupt jemals, und Ben, weil er seine Rolle als Leibwächter ernst nahm und die vielen hundert möglichen Gefahren für die königliche Person im Auge hatte. Besagte königliche Person war schließlich barfuß und nur mit einem schmutzigen Morgenmantel bekleidet.
    „Ich suche in dieser Richtung!“, rief Ellie, und Ben nickte bedrückt, als sie nach Nordwesten aufbrach. Sie war ziemlich sicher, dass sich die Konstruktion, die sie und Winnie vor ihrem abgebrochenen Picknick bemerkt hatten, in dieser Richtung befand, obwohl es ihr schwerfiel, die genaue Lage zu bestimmen. Die Parklandschaft sah durch die Ausstellung und die Menschenmassen stark verändert aus. Ellie hörte die Königin rufen: „Wir wollen Uns der Bühne nähern!“, und schauderte. Ein Mann von Bens Größe konnte die Königin zweifellos durch die Menge schleusen, aber nur, wenn er dabei nicht vor Sorge um die Sicherheit Ihrer Majestät einen Herzanfall erlitt.
    Ellie wünschte, sie hätte einen Gehstock

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