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Mord allein macht auch nicht glücklich: Ein Provinzkrimi (German Edition)

Mord allein macht auch nicht glücklich: Ein Provinzkrimi (German Edition)

Titel: Mord allein macht auch nicht glücklich: Ein Provinzkrimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maximo Duncker
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unverzüglich rot im Gesicht. »Was meinen Sie denn konkret, Herr Zabel?«
    Mist, dachte Bruno. Er hatte Frau Kunzes außerplanmäßiges Nickerchen für den Moment völlig vergessen. Er wollte sie keinesfalls in die Bredouille bringen deswegen. War ja nur menschlich so was. Hätte er an ihrer Stelle auch gemacht. »Da war doch diese Doppelgänger-Show an dem Abend, erinnern Sie sich?«
    »Ja?« Sie klang mit einem Mal misstrauisch.
    »Aber Sie erinnern sich, oder?«
    »Doch, doch.«
    »Charlie Chaplin, Marilyn Monroe, eine ganze Handvoll Elvisse und so weiter?«
    »Das haben wir hier mindestens einmal im Monat«, sagte Frau Kunze.
    »Aber ist Ihnen vielleicht auch aufjefallen, dass einer von diesen Elvissen anders war. Und zwar jener, welcher mich später anjerempelt hat?«, fragte Bruno, und er erklärte Frau Kunze in wenigen Worten die Unterschiede: Kautschukmaske statt Schminke und frisierter Naturtolle, schwarze Fliegerkombi statt Glitzeranzug. Raus aus dem Hotel statt rein in den Veranstaltungssaal nach der Raucherpause.
    »Da bin ich jetzt überfragt«, sagte Frau Kunze, »tut mir leid.« Aber Bruno merkte, dass sie sich überhaupt nicht die Mühe gemacht hatte, noch einmal in ihrem Gedächtnis zu kramen und sich an Details jenes Nachmittags zu erinnern. Sie lächelte ihn tapfer an, aber Bruno hatte das untrügliche Gefühl, sie wollte ihn jetzt gern loswerden, und das, obwohl er der einzige Gast an der Rezeption war. Vielleicht wollte sie ja nur so schnell wie möglich zurück in ihre geheime Schlafkammer.
    »Nichts für ungut, Frau Kunze«, sagte Bruno zum Abschied, »ick bin dann mal auf dem Zimmer. Falls Ihnen noch wat einfällt, dann …«
    »Einen angenehmen Restaufenthalt wünsche ich Ihnen, Herr Zabel«, sagte Frau Kunze und wandte sich überraschend schnell ab. Trotzdem sah Bruno noch, wie sie die rechte Hand hochriss, um hinter ihr ein herzhaftes, ein wahrlich großes Gähnen zu verbergen. Das Gähnen war grandios. Frau Kunze musste überaus müde sein in diesen Tagen. Vielleicht war sie ja schwanger, fiel Bruno ein. Da war so was natürlich. Kein Grund, sich aufzuregen. Seine eigene Frau hatte damals 1988, ein Jahr vor der Wende, als sie mit Nadine schwanger gewesen war, auch den lieben langen Tag nur schlafen wollen.
    Dicker Teppichboden dämpfte Brunos Schritte, als er den Flur der zehnten Etage entlangschlurfte, seinem Zimmer entgegen, das der Buttermann-Verlag noch ganze drei Tage für ihn angemietet hatte. Heute war Montag, am Donnerstag, spätestens gegen elf Uhr musste er raus. Was danach kommen würde? Wer konnte das schon sagen. Eigentlich hatte er sofort nach Altwassmuth zurückfahren wollen, um nach dem Rechten zu sehen. Aber er hatte zu Hause weder Tiere zu versorgen noch Pflanzen zu wässern, und so wie sich die Dinge nun entwickelten, war es fraglich, ob er seine ursprüngliche Planung einhalten könnte.
    Während sich der exquisite Fußboden an seine billigen Schuhsohlen schmiegte, dachte Bruno über den Rat seines Freudes Kai nach, den Komfort des Sterelle zu nutzen, solange er ihm noch zur Verfügung stand. Den Zimmerservice, den Wellnessbereich, das Kulturprogramm, die Wäscherei. All das würde er so schnell nicht wieder bekommen, vielleicht nie wieder in seinem Leben, und mit den Kameraden in den Etagenbetten zu schlafen, war alles andere als ein Vergnügen. Auch Kai, da war sich er sicher, fühlte sich mittlerweile eingeengt. Dafür hatte Bruno eine Antenne.
    Das Nächste, was Bruno dachte, war: Jetzt habe ich mich doch glatt in der Tür geirrt. Er machte auf dem Absatz kehrt, ging bis zur nächsten Tür zurück, merkte sich deren Nummer, machte abermals auf dem Absatz kehrt und stand wieder vor der Tür, die er eben für die falsche gehalten hatte. Sie war es aber nicht, sie war nicht die falsche. Nein: Er hatte sich nicht geirrt. Die Zimmernummer war die richtige. Nicht richtig dagegen war das Schild, das am Türknauf hing:
    Bitte nicht stören!
    Please do not disturb!
    Ein Schild, das Bruno dort nicht angebracht hatte.
    Er zückte die elektronische Schlüsselkarte und schob sie in den Türschlitz. Mit einem sanften Klacken öffnete sich das Schloss, und noch bevor Bruno das Zimmer betreten hatte, wusste er, dass etwas nicht stimmte.

Bei Buttermanns
    »Wir sind schon ein bisschen unzufrieden«, sagte Frau Dr. Gruber von der Presseabteilung und schenkte Kai ein Glas stilles, italienisches Wasser ein. Dann rückte sie die Keksschale in seine Richtung und verschränkte

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