Mord am Millionenhügel
Couch.«
»Moritz, sei mal ernst. Unter deinem Sofa riecht es bestimmt nicht nach Blumen. – Also, er hätte lauschen können. Er war nervös.«
»Wäre ich auch, wenn du mich interviewen wolltest.«
Moritz hatte seinen unernsten Tag, wie meistens sonntags bis samstags.
»Weshalb war er nervös? Das kann natürlich tausend Gründe haben, aber eigentlich müßte er ja gut ausgeruht sein und also ein dickes Nervenkostüm haben, er hat ja lange genug nicht mehr gearbeitet. Dann ist diese Tussi reingekommen, die Kleinsiepe.«
Moritz unterbrach mich wieder; er war wirklich in Hochform. »Geiler Ofen, die Alte«, sagte er.
Edgar stöhnte und stand auf. »Ich hol ein gebrauchtes Spültuch«, sagte er, »und kneble dich damit, du elender Sabberbeutel.«
Moritz hob grinsend die Hände. »Friede. Ich werde schweigen wie die menschliche Vernunft angesichts eines unnützen Sonderangebots.«
Ich machte weiter, als wäre nichts geschehen. »Sie hat einen Schlüssel zu Burgers Wohnung. Ihr Mann ist eifersüchtig. Vor einiger Zeit hat es mal geknallt, und zwar hat es sich wie ein Schuß angehört, aber da war nur das Wohnzimmerfenster bei Kleinsiepes geplatzt. So sagte mir die jüngere Tochter von Treysa, eine perfekte Plapperschlange.«
Edgar legte die Stirn in Falten. »Und Burger taucht mit einer Schußwunde aus einer Pistole auf. Hast du davon noch was gesehen?«
»Nee, er hatte ein Flanellhemd an.«
»Mitten im Sommer? Heiße Sache.«
»Ja, aber man sieht natürlich keinen Verband dadurch. Ich habe ihn, ganz aus Versehen versteht sich, an der linken Schulter berührt; das hat ihm wehgetan, und er hat mir was von einem Sturz und dem Schlüsselbein erzählt.«
»Nicht von einem Unfall bei der Reinigung eines Jagdgewehrs?«
»Nein. Er konnte ja nicht wissen, daß ich die Variante kenne.«
Edgar überlegte. »Wußte die Treysa-Tochter, wann der Knall war?«
»Nicht genau.«
»Schade; das wäre natürlich hilfreich.«
Ich rührte heftig in meiner Kaffeetasse. »Ich hab ganz was anderes. Ich glaube, die Villen da oben haben alle Doppel- und Dreifachverglasung. Kann da ein Fenster einfach so platzen?«
Moritz grunzte. »Nicht freiwillig. War vielleicht zufällig ein Erdbeben, oder ist ein Satellit abgestürzt? Nichts, oder?«
»Konstruieren wir mal«, sagte ich. »Und zwar Folgendes – es ist allerdings ein bißchen abenteuerlich: Kleinsiepe ist eifersüchtig. Er weiß, daß seine Frau alle möglichen glitschigen Pfade berutscht; das weiß die ganze Nachbarschaft. Es wissen auch ein paar Leute, daß es bei Kleinsiepes deswegen dauernd knallt. Aber sie macht es nicht so offensichtlich, daß man ihr mehr nachsagen kann als: Sie tut was. Wenn sie Burgers Schlüssel hat, fällt das früher oder später auf. Davon hat aber keiner gesprochen. Es gab zwar Andeutungen, daß sie was mit Burger hat oder er mit ihr, aber nicht einmal Barbara Grossek hat das so deutlich gesagt. Und wenn sie häufiger mit einem eigenen Schlüssel in seine Wohnung geht, dann müssen das doch die Grosseks, denen das Haus gehört und die da wohnen, am ehesten merken. Oder? Sie hat den Schlüssel also wohl noch nicht so lange.
Jetzt die Konstruktion. Kleinsiepe kommt früher nach Hause als angenommen. Er findet in seinem Wohnzimmer Burger und die Tussi vor, heftig in
action
. Er sagt was und wird vielleicht ausgelacht. Jedenfalls holt er seine Pistole und ballert. Er ist etwas größer als Burger. Du, Edgar, hast gesagt, nach Aussage deines Kollegen ist der Einschuß tiefer als der gedachte, wenngleich nicht mehr erfolgte Austritt der Kugel. Sie können also nicht gestanden haben. Möglicherweise hat Kleinsiepe auf Burger geschossen, während dieser am Boden lag. Dann hat er einen Schreck gekriegt und ins Fenster gefeuert, um ein Argument für den Knall zu haben.«
Edgar verzog das Gesicht. »Nicht sehr gut. Vielleicht hat er auf Burger geschossen, als Burger aufgestanden war, hat ihn aber verfehlt und das Fenster getroffen. Burger macht einen Hechtsprung und wird vom zweiten Schuß am Boden erwischt.«
»Und beide kommen so schnell hintereinander, daß Ulrike Treysa, die einen Knall hört und das Fenster zu Bruch gehen sieht, nur von
einem
Knall spricht«, sagte ich. »Anschließend kriegt Kleinsiepe einen Schrecken. Er und seine Frau verbinden Burger notdürftig und überlegen, was zu tun ist. Sie stellen bald fest, daß der Blutverlust nicht sehr groß ist; vielleicht hat Burger gezetert, aber man hat ihn nicht sofort zum Arzt gebracht.
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