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Mord am Millionenhügel

Mord am Millionenhügel

Titel: Mord am Millionenhügel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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als deinen Korrektor. Des Erfindens unendlich verwickelter Theorien ist dein Kopf beeindruckend fähig; das gebe ich gern zu. Mein Job dabei, wenn du es so platt sehen willst, ist der Einwand. Ich bin der Äußerer vernünftiger Einwände.«
    »Ha, ha, ha«, machte Baltasar. »Vernünftige Einwände! Du brichst mir das Zwerchfell.« Er sah mich zweifelnd an.
    »Ich gebe zu«, sagte ich, indem ich fortfuhr, als hätte ich seinen Ausbruch nicht gehört, »daß ich manchmal das Gefühl habe, du zählst zwei und zwei zusammen und erhältst sechs. Das kann durchaus daran liegen, daß du noch irgendwo eine dritte Zwei siehst, die mir verborgen ist. Ich gehe aber einfach davon aus, daß du dir in den Kopf gesetzt hast, ein bedeutender Kriminalist zu sein. Und wie ich dich kenne, du Universaldilettant, wird es dir früher oder später gelingen. Dann werde ich den Hut vor dir ziehen und ergriffen schweigen. Bis dahin, Freund, erlaube, daß ich dir die ganz dämlichen Fragen stelle oder Antworten gebe, die dir der geschätzte Hauptkommissar Ziegler vielleicht auch gäbe, wenn du ihm den Zirkus auftischtest.«
    Baltasar grinste. »Weiß ich doch«, sagte er, »aber mach trotzdem mal weiter.«
    Ich mußte ebenfalls grinsen. »Na gut. Also, ich sehe ein gewisses Problem. Wenn jemand so völlig unkontrolliert auf Knaben abfährt, dann erscheint es mir unwahrscheinlich, daß er dies erst in vorgerückten Jahren bei einem Spaziergang in einem Wald entdeckt.«
    Baltasar nickte und hob stumm den Daumen für Erstens.
    »Zweitens«, sagte ich, »bin ich kein Mediziner, aber es erscheint mir als ungewöhnlich, daß jemand, der eine oder mehrere schwere Bauchoperationen hinter sich hat, in einem unbequemen Wald Gewalt gegen einen, wie wir gehört haben, kräftigen Knaben anwendet. Der Morken war ja wohl nicht so zart, wie die Postille ihn macht. Drittens: Selbst wenn die beiden ersten Punkte nicht so sind, wie ich sie jetzt sehe, bleibt das Problem des verwirrten Kameraden. Die Ärzte werden dem Soldaten wahrscheinlich gesagt haben, gehen Sie mit dem da spazieren, im Moment ist er blöd, aber harmlos, und vielleicht kommt er in der gewohnten Umgebung seiner Kindheit wieder zu sich. Dann kann ich mir nicht vorstellen, daß jemand vor den Augen eines Kumpels, der sich vielleicht eines Tages daran wird erinnern können, wenn er wieder normal ist, fremde Knäblein vergewaltigt. Viertens: Selbst wenn es so wäre, wenn er sich also unter den obwaltenden Umständen auf den Jungen stürzt, kann ich mir nicht vorstellen, daß er den herbeieilenden Alfred Ahrenborn erschießt und anschließend weitermacht, einfach so. Er muß doch genau wissen, daß der Schuß gehört wird – also wird er die Beine in die Hand nehmen.«
    Baltasar strahlte mich an. »Siehst du«, sagte er, »es geht ja doch. Und fünftens?« Er reckte den kleinen Finger der Rechten provozierend gen Himmel.
    »Na ja«, sage ich, »fünftens müssen die beiden Soldaten irgendwo in der Nähe untergebracht gewesen sein, da sie zu Fuß durch den Wald marschiert sind. Wenn sie schon länger da waren, dürfte der Betreffende gewußt haben, daß da ein Krankenhaus in der Nähe ist, daß man ihn hören wird, und daß der Junge wahrscheinlich zu dem Krankenhaus gehört.«
    Baltasar nickte und schwieg.
    »Du meinst«, sagte ich, »daß dieser verwirrte Klaus B. deine Haselzahnbürstenmaus Brockmann ist?«
    »Sieht so aus«, sagte er. »Brockmann hatte eine Kopfverletzung, war verwirrt und wurde ›unter Aufsicht‹ oder wie das da heißt in seine Heimat entlassen. Er stammt aus einem Kaff, das vielleicht zwanzig Kilometer von dem Krankenhaus entfernt ist. Ich halte die Wahrscheinlichkeit für gering, daß da zur gleichen Zeit viele Klaus B.s mit Kopfverletzungen und geistiger Verwirrung rumgelaufen sind.«
    Er stand auf und begann, auf und ab zu gehen. »Ich hab da noch eine andere These«, sagte er.
    »Schieß los!«
    »Paß mal auf: Wir wissen nicht viel über Ahrenborns Bruder, außer, daß er Gestapo-Mann war. Und wir haben keine Möglichkeit, festzustellen, ob man Pistolenschüsse, die in dem Wald abgefeuert wurden, im abgebrannten Krankenhaus hätte hören können. Im, wohlgemerkt. Glaub ich nämlich fast nicht. Nehmen wir an, sie – Ahrenborn und Morken – wären draußen gewesen. Zum Beispiel« – sagte er gedehnt – »am Krematorium. Spielt keine Rolle, was sie da tun, wir haben auch da nur Vermutungen. Nehmen wir nun an, plötzlich tauchen die beiden ehemaligen Soldaten auf und

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