Mord am Mirador (Ein Gomera-Krimi) (German Edition)
sicher nichts im Wege, denn dann müsste sie effektiv die millionenschwere Alleinerbin ihres Vaters sein.
Wir holperten über die schmale Piste, vorbei an dem Madonnenbild und parkten neben Pedros Motorroller.
Ich schirmte mit einer Hand meine Augen gegen die Sonne und sah mich um. Da standen die beiden, Pedro und Carlos, und arbeiteten seit an seit im Weinfeld. Noch sahen sie uns nicht. Christina griff nach dem Essenskorb.
„Sind die das da drüben?“, fragte sie.
„Ja.“
„Dann nichts wie hin“, sagte sie, „ich habe nämlich einen Mordshunger.“
Sie schritt selbstsicher auf die beiden zu.
„Hey, Pedro, hey Carlos!“, rief sie.
Die beiden richteten sich wie auf Kommando aus ihrer gebückten Haltung auf und sahen zu uns hin. Sie waren es nicht gewohnt, von so einer jungen, frischen Stimme begrüßt zu werden.
Als wir näherkamen, konnte ich erkennen, wie Carlos' Augen erfreut aufleuchteten. Ihm gefiel anscheinend, was er sah.
Christina, hingegen, fiel aus unerklärlichen Gründen zurück.
„Du hast mir gar nichts davon gesagt, dass der eine noch so jung ist“, zischte sie mich von der Seite an, „und auch noch so toll aussieht.“
Ich musste lachen. „Oh Mann, ich wusste nicht, dass das wichtig ist“, sagte ich, „sonst hätte ich dich natürlich vorher gewarnt.“
Nun waren wir bei den beiden Arbeitern angekommen.
„Chef! Schön, dass du dich hier auch mal blicken lässt“, sagte Pedro spitz, „wenn Carlos nicht wäre, hätte ich die Arbeit nie im Leben alleine schaffen können.“
Ich sah Carlos an. Christina hatte Recht. Er sah wirklich toll aus. Die Arbeit in der Sonne hatte ihn noch brauner gebrannt. Er hatte sein T-Shirt ausgezogen und arbeitete mit nacktem Oberkörper, und man konnte deutlich erkennen, dass er in seiner Freizeit ins Fitnessstudio ging.
„Was macht der Arm?“, fragte ich ihn.
Er blickte auf ihn herab. Man konnte noch die Stelle erkennen, wo der Spaten ihn getroffen hatte, aber er trug kein Pflaster mehr und sie schien gut abzuheilen.
„Ist okay. Ich merke ihn kaum mehr.“ Dann stupste er mich an und sah dabei zu Christina hin. „Wen hast du denn da mitgebracht?“
Christina schlug die Augen nieder und scharrte mit dem einen Fuß im Staub.
Ich erklärte Pedro und Carlos Christinas Situation mit denselben Worten, die ich gegenüber Inez benutzt hatte. Mehr brauchten sie meiner Meinung nach nicht zu wissen.
Christina schien eigenartig verlegen zu sein, überspielte das aber geschickt, in dem sie sagte: „Inez hat mir eure Verpflegung anvertraut, aber ich geh mal davon aus, dass für uns auch etwas davon abspringt.“
Sie stellte den Korb ab, setzte sich auf eine Mauer und begann, das Essen zu verteilen.
Wir waren eine nette Runde. Ich hatte Carlos und Pedro seit Tagen nicht mehr gesehen, und es machte mir Freude zu sehen, wie viel besser es beiden ging. Pedro schien seinen Rücken überhaupt nicht mehr zu spüren. Carlos war nicht mehr so blass, obwohl er noch sehr ernst aussah. Anitas Tod schien ihm noch ungeheuer gegenwärtig zu sein. Ich konnte ihn gut verstehen und litt mit ihm mit.
Und trotzdem lachte er über die ein oder andere Bemerkung, die Christina machte. Jedes Mal, wenn sein Gesicht sich aufhellte und seine Augen blitzten, bekam ich einen Stich ins Herz, weil er seiner Schwester so wahnsinnig ähnlich sah.
Es tat so weh, dass ich dann doch nach einer Ausrede suchte, um mich zu entfernen. Außerdem musste ich zurück nach Arure, denn Isabella würde bald aufkreuzen, und wir wollten doch nach Vallehermoso fahren.
Als der Korb fast leer gegessen war, stand ich auf.
„So, Christina“, sagte ich, „wir fahren jetzt zurück nach Las Hayas.“
Aber Christina sah mich flehend an. „Kann ich nicht hier bleiben? Ich könnte doch ein bisschen mit anfassen und mich nützlich machen.“ Sie spuckte einen Mispelkern im hohen Bogen über das Feld und griff nach einer neuen Frucht.
Ich sah Pedro und Carlos an. Die beiden grinsten so begeistert, dass ich mir dachte: „Warum nicht?“ Alles, das Carlos freute und ihn aufheiterte, sollte mir auch recht sein.
Doch wie sollten sie zu dritt auf dem Motorroller nach Hause kommen?
Pedro las die Frage in meinen Augen. „Ich gebe dir den Schlüssel für meinen Motorroller, Chef, und du gibst mir den für deinen Laster.“
Und so brauste ich keine zehn Minuten später mit dem Motorroller zurück nach Arure und Christina blieb im Weinfeld.
In Arure vertrieb ich mir meine Zeit damit, dass ich meinen
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