Mord am Mirador (Ein Gomera-Krimi) (German Edition)
führte. Wenn es einen Eingang zu dem finster anmutenden Gebäude gäbe, dann sicherlich von einer unteren Ebene. Wir sahen uns um. Man könnte meinen, wir würden uns in einem seltsamen Märchen befinden. Überall wuchsen exotische, ungewöhnliche Pflanzen und Blumen. Manche waren mit Schildern versehen, die in der Erde vor ihnen staken. Viele der Gewächse waren uns gänzlich fremd, obwohl wir auf Gomera an tropische Pflanzen gewöhnt waren. Da waren riesige Palmen, die es nur in Mexiko gab. Bäume trugen eigenartig geformte Früchte oder Blüten. Manche Pflanzen fühlten sich anscheinend außerordentlich wohl und wuchsen außer Rand und Band, weil niemand ihnen Einhalt gebot. Andere waren offensichtlich eingegangen. Da sah man nur trockene Strünke, vor denen immer noch die eleganten Namensschilder sinnloser Weise prangten. An einer Stelle lag alles voll mit großen, schwarzen Bällen.
„Was ist das?“, fragte Isabella.
Ich trat auf einen der Bälle und er platzte auf und gab ein grünes Fleisch frei, sowie einen glatten braunen Kern. Ich legte den Kopf in den Nacken und sah hoch. Wir standen unter einem Baum, der Unmengen dieser Früchte trug.
„Das sind Avocados“, sagte ich, „aber eine andere Sorte, als die grünen, länglichen.“
Wir staunten und besahen uns alles ausgiebig. Isabella gab zu, dass Botanik ihre Leidenschaft sei. Sie war völlig fasziniert.
Aber nun galt es, unsere Recherche weiterzutreiben.
„Wir gehen jetzt zu dem Gebäude, und schauen, ob man irgendwo hineingucken kann“, sagte ich, „irgendwo müssen doch die Leute sein, die hier mit dem Hippie arbeiten.“
Wir umrundeten den Bau systematisch, aber man konnte nichts erkennen. Wir versuchten, die Türen aufzumachen, aber alles war verriegelt und zu.
„Mist“, sagte Isabella, „wir hätten uns die ganze Fahrt ersparen können. Hier gibt es absolut gar nichts.“
Da packte ich ihren Arm und zog sie schnell hinter einen Mauervorsprung.
Ich hatte das Quietschen eines Türscharniers gehört. An einer Stelle der Wand war alles so zugewuchert, dass wir nicht gesehen hatten, dass hier tatsächlich eine versteckte Tür war.
Jemand kam in den Garten hinaus, ging die Rampe hoch und verschwand Richtung Straße.
„Ha“, sagte Isabella begeistert, „jetzt wissen wir, wo es reingeht.“
„Ja, und nun?“, fragte ich. „Wir können doch nicht einfach dorthin, durch die Tür marschieren und in das Gebäude hereinlatschen.“
„Doch, und ob“, sagte Isabella resolut, „du kannst ja hier warten.“
Aber nach dem Erlebnis in La Dama, wo ich tausend Tode ausgestanden hatte, ließ ich sie natürlich nicht alleine gehen.
„Ich komme mit“, sagte ich.
Kapitel 26
Wir suchten die versteckte Tür und fanden sie auch sofort. Ich drückte die Klinke ganz langsam herunter, dann zog ich die Tür in Zeitlupe auf, damit sie nicht wieder quietschte.
Wir befanden uns in einem langen, dunklen Gang. Kühle Luft schlug uns entgegen. Sie roch irgendwie chemisch.
Wir huschten auf Zehenspitzen den Gang hinunter. Am Ende sah man ein helles Rechteck, die Tür zu einem Zimmer.
Vielmehr war es ein Labor, genau, wie wir es uns erträumt hatten. Der Hobbit-Hippie stand mit dem Rücken zu uns an einer Theke, auf der allerhand chemische Geräte standen. Isabellas Augen leuchteten auf.
Ein Mitarbeiter stand ihm gegenüber und hantierte mit Flaschen und Pipetten.
Ich zupfte an Isabellas Ärmel. Wir hatten genug gesehen. Die Szene sprach für sich.
Doch im gleichen Moment hob der Mitarbeiter seine Augen und blickte uns direkt an.
Er sagte etwas zu dem Hobbit-Hippie, der blitzschnell den Kopf drehte.
„Scheiße, er hat uns gesehen“, zischte Isabella.
„Ja“, flüsterte ich, „nichts wie weg!“
Wir nahmen unsere Beine unter die Arme und rannten den dunklen Gang hinunter.
„Schnell, zum Auto!“, keuchte ich.
Während wir darauf zu rannten, drehte ich mich um. Der Hobbit-Hippie war uns auf den Fersen. Er trug etwas in einer Hand.
Wir sprangen in den Wagen und fuhren los.
Isabella sah in den Rückspiegel.
„Mist, Mist, Mist“, rief sie, „er kommt mit seinem Wagen hinter uns her.“
Ich drehte mich um und sah, dass der verbeulte Seat unserem folgte.
Isabella trat auf das Gaspedal.
Sie fuhr so schnell durch die Kurven, dass ich wie ein nasser Sack hin und her flog.
„Ich glaube, wir werden ihn abhängen“, sagte ich, „schließlich ist sein Auto nicht so flink wie deins.“
Aber Isabella schüttelte
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