Mord am Vesuv
Parfüm trägt den Namen ›Zarathustras Verzückung‹. Es ist irrsinnig teuer und kommt aus Persien. Es gelangt nur in verschwindend geringen Mengen zu uns. Bisher weiß niemand, wie das Parfüm hergestellt wird.«
»Das klingt ja hochinteressant. Aber wie, frage ich mich, ist die Tochter eines Priesters an so ein wertvolles Parfüm gekommen?«
»Dreimal darfst du raten! Es war ein Geschenk von Gelon, was sonst?«
»War in der Kiste mit den Bestechungsgeschenken des Diogenes auch ein Fläschchen von diesem Parfüm?«
»Ja. Damit kennen wir also die örtliche Quelle.«
»Dann muss ich Silva und seinen griechischen Partner unbedingt fragen, ob sie dieses Parfüm an Gelon verkauft haben.«
»Und wenn nicht?«
»Dann haben wir ein Problem. Natürlich sagen sie mir vielleicht auch nicht die Wahrheit. Die Leute lügen oft, wenn man sie etwas fragt; manchmal habe ich den Eindruck, sie lügen geradezu intuitiv.«
»Das liegt daran, dass die meisten irgendetwas auf dem Kerbholz haben. Selbst wenn du sie zu etwas völlig anderem befragst, reagieren sie oft ausweichend und verschlossen, als hätten sie etwas ausgefressen.«
»Wohl wahr. Aber zum Glück bin ich ja ein Meister im Herausfinden der Wahrheit. Ich knöpfe mir die beiden einzeln vor, und dann …«
»Du wirst dich hüten!«, unterbrach mich Julia. »Du bist nicht mehr irgendein niederer Ermittler im Dienst eines deiner angesehenen Verwandten! Du bist jetzt Praetor! Schick Hermes!
Du hast ihn lange genug ausgebildet, und er hat Talent.
Außerdem ist er jünger als du.«
»Ich bin doch kein alter Tattergreis!«, empörte ich mich, obwohl ich wusste, dass sie Recht hatte. Natürlich war ich nicht zu alt, aber es würde meinem Ruf schaden, wenn ich die Verdächtigen und Zeugen persönlich vernähme. Es würde mein Ansehen schmälern, und das konnte ich mir nicht leisten.
»Du hast die ganze Nacht kein Auge zugetan«, stellte sie fest.
»Was du jetzt erst einmal brauchst, ist Schlaf.«
»Ein oder zwei schlaflose Nächte sollte ein römischer Magistrat wohl verkraften können. In Gallien …«
»Geh ins Bett!«, unterbrach sie mich schroff.
»Ist ja schon gut.«
Nachdem ich ein paar Stunden geschlafen hatte, fühlte ich mich in der Tat wie neugeboren. Als ich zu mir kam, war bereits später Nachmittag. Ich ging in den Innenhof und benetzte mir das Gesicht mit kaltem Wasser. Im gleichen Augenblick eilte eine Sklavin mit einem Handtuch herbei.
»Ist Hermes schon zurück?«, fragte ich das Mädchen. »Und hat er den Numider mitgebracht?«
»Ja, Praetor«, erwiderte sie gut gelaunt. »Sie sind vor knapp einer Stunde hier eingetroffen.« Wie fast alle Sklaven in diesem Haus machte sie einen glücklichen und zufriedenen Eindruck.
Allerdings kann man sich, wenn man nichts weiter zu tun hat, als ein Handtuch mit sich herumzutragen und darauf zu warten, dass sich jemand Wasser ins Gesicht spritzt, auch nicht wegen Überarbeitung beklagen.
»Wo sind sie?«
»In dem Flügel mit dem Blick auf die Obstplantage, Praetor.«
Der alte Hortalus war nicht nur verrückt nach Fischen, sondern auch nach Bäumen. Einige seiner prachtvollsten Oliven- und Apfelbäume wässerte er mit unverdünntem Wein, und zwar mit seinen eigenen Händen, da er diese verantwortungsvolle Aufgabe keinem Sklaven anvertrauen wollte. Kein Wunder also, dass er einen Gebäudetrakt hatte anbauen lassen, von dem aus er einen ungehinderten Blick auf seine Obstplantage genießen konnte.
Vor dem dortigen geräumigen Speisezimmer gab es eine Terrasse, auf der Hortalus und seine Freunde in aller Ruhe sitzen und beim Essen und Trinken die Bäume bewundern konnten.
Jetzt hatten meine Liktoren diese Terrasse in Beschlag genommen und warfen ein achtsames Auge auf die mürrischen numidischen Leibwächter.
»Machen sie Ärger?«, erkundigte ich mich bei meinem Ersten Liktor.
»Nein, Praetor. Erst wollten sie sich widersetzen, aber der junge Herr hat ihnen sofort befohlen, ihre Waffen niederzulegen.«
Ich ging hinein. Gelon saß niedergeschlagen und verstört da.
Hermes und etliche bewaffnete Männer aus meinem Gefolge bewachten ihn. Als er mich sah, sprang er auf und setzte an, etwas zu sagen, doch Hermes drückte ihn unwirsch auf seinen Platz zurück.
»Ich kümmere mich gleich um dich, Gelon«, versprach ich.
»Komm mal mit, Hermes, ich will mit dir reden.«
Wir traten hinaus auf die Terrasse. »Wo habt ihr ihn gefunden?«
»Auf dem Anwesen seines Vaters war er nicht. Also sind wir ins Zentrum
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