Mord am Vesuv
ich an ihrem Grab ein Opfer darbringen.«
»Das ist sehr lobenswert«, entgegnete ich. »Aber fürs Erste solltest du lieber noch keine schwarzen Mutterschafe kaufen.
Erst musst du freigesprochen werden, und im Moment kann ich nicht erkennen, wie das gelingen soll. Ist dir vielleicht noch etwas Wichtiges eingefallen? Ein Mann in deiner Lage quillt doch normalerweise über vor entlastenden Fakten.«
»Ich habe nicht mehr zu sagen, als dass ich Gorgo nicht umgebracht habe und zur Tatzeit zu Hause war.«
»Ich bin noch nicht dazu gekommen, mit Jocasta zu sprechen.
Ich werde sie morgen nach meiner Gerichtssitzung aufsuchen.
Bist du sicher, dass sonst niemand deine Anwesenheit in dem Haus bezeugen kann?«
Er zuckte mit den Achseln. »Tut mir Leid, außer Jocasta gibt es niemanden.«
Ich verließ ihn mit einem unguten Gefühl. Für jemanden, der mit der Todesstrafe rechnen musste, schien er nicht gerade übermäßig interessiert, seine Unschuld zu beweisen. Vielleicht war es etwas voreilig von mir gewesen, eine Kreuzigung auszuschließen.
Julia lag im triclinium, wo ein spätes Abendessen aufgetragen worden war. Ausnahmsweise waren einmal keine Gäste anwesend. Ich ließ mich mit einem Seufzer der Erleichterung auf einer der Klinen nieder und nahm mir ein hart gekochtes Ei.
Ein Sklave füllte meinen Becher, und ich kostete von dem vorzüglichen Wein.
»Unser Besuch hier wird immer merkwürdiger«, stellte Circe fest. »Mord, ausbrechende Vulkane, was wohl als Nächstes kommt?«
»Der Vesuv bricht nicht aus«, sagte der junge Marcus. »Ich habe mit einem hier ansässigen Naturforscher gesprochen. Er sagte, was wir gerade beobachten, ist das übliche ›Dampfablassen‹. Demnach spuckt der Vesuv alle paar Jahre ein wenig Rauch und Asche aus, manchmal speit er auch etwas Lava, und dann beruhigt er sich wieder und stößt jahrelang nichts anderes aus als eine Rauchfahne.«
»Es macht mich trotzdem nervös«, beharrte Circe.
»Vielen Dank, Decius Caecilius«, meldete sich Antonia zu Wort.
»Wofür«, fragte ich.
»Dafür, dass du Gelon als unseren Gast hier einquartiert hast«, erwiderte sie. »Da er nun ja nicht mehr hinter der Tochter des Priesters her sein kann, werde ich mich um ihn bemühen.«
»Wie ich gehört habe, soll es in Pompeji ein paar gute Waffenschmiede geben«, warf Marcus ein. »Vielleicht solltest du dort erst einmal einen sicheren Schutzpanzer für deine Kehle in Auftrag geben.«
»Du wirst dich auf keinen Fall mit dem jungen Mann einlassen«, stellte Julia unmissverständlich klar. »Er steht unter Mordverdacht, und der Prae-tor persönlich leitet die Ermittlungen. Außerdem ist er kein Gast, sondern ein Häftling.«
Antonia zuckte gleichgültig mit den Schultern. »Häftlinge, Geiseln, Gäste - was macht das schon für einen Unterschied?
Vor zwei Jahren hat mein Bruder den gallischen Fürsten Vercingetorix in seinem Haus untergebracht. Natürlich war er als Gefangener dort, aber glaubt ihr etwa, davon hätte ich mich abschrecken lassen?«
»Ein barbarischer Fürst, selbst wenn er ein Feind Roms ist, ist wohl doch etwas anderes als der Sohn eines numidischen Sklavenhändlers«, gab Circe zu bedenken.
»Es überrascht mich immer wieder, was für feinsinnige Unterscheidungen ihr Frauen zu treffen vermögt«, mischte ich mich ein.
»Es ist alles deine Schuld«, stellte Julia an mich gewandt fest.
»Du hättest ihn nicht in dieses Haus bringen lassen dürfen. Der Kerker von Baiae hätte es auch getan, selbst wenn er unschuldig sein sollte. Das hätte ihn wenigstens ein bisschen Demut gelehrt.«
»Ein Plädoyer für Demut aus dem Munde eines Mitglieds der Familie Caesar«, prustete Antonia und schüttelte sich vor Lachen. »Aber wie dem auch sei - ich stehe auf arrogante Kerle, selbst wenn sie niederträchtige Schufte sind.«
Julia gab auf und widmete sich dem Essen. Wie es schien, wollte sich unsere Hausgemeinschaft für die Dauer unseres Aufenthalts nicht an die patrizischen Anstandsregeln halten.
Nach dem Essen zogen Julia und ich uns in den hinterer Teil des Speiseraums zurück. Ich rief nach Hermes, damit er uns Bericht erstattete. Er betrat das tridinium mit ungewöhnlich finsterer Miene; sein sonst verschmitzter Gesichtsausdruck war verschwunden.
»Der Altar ist gründlich gereinigt worden«, berichtete er »und die weggekippte Asche war nirgends zu finden. Deshalb bin ich gleich ins Haus gegangen.«
»Du bist doch hoffentlich unbemerkt geblieben, oder?«, fragte
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