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Mord am Vesuv

Mord am Vesuv

Titel: Mord am Vesuv Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maddox Roberts
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sagte ich.
    »Warum denn?«, wollte Julia wissen. »Du hast kein Recht, dich einzumischen, wenn ein Bürger seine Sklaven bestraft.
    Wenn er will, kann er sie sogar töten, und du kannst nichts dagegen tun. So ist nun einmal das Gesetz.«
    »Ich kenne das Gesetz«, gab ich zurück. »Trotzdem gefällt mir die Sache nicht.«
    »Ist ja auch egal«, entgegnete sie. »Er wird schon einen Grund für die Auspeitschung gehabt haben.« Doch sie sagte es nur der Form halber, ohne innere Überzeugung. Natürlich wusste sie auch, dass das Mädchen wohl kaum eine derart schlimme Bestrafung verdient haben konnte.
    Ich für meinen Teil war ziemlich neugierig geworden. Was wusste das Mädchen, das es ausschließlich mir anvertrauen wollte? Ich musste es herausfinden - egal wie. Am nächsten Tag hielt ich in Baiae Gericht. Die Fälle, die mir vorgetragen wurden, waren alle nach dem gleichen Muster gestrickt:
    Irgendein verstimmter Geschäftsmann aus Baiae verklagte einen seiner ausländischen Konkurrenten. Die tödliche Langeweile, die von solchen Fällen ausgeht, lässt sich mit Worten kaum beschreiben; es ist etwa so, als ob man die Medusa anblickt und zu Stein erstarrt. Ich fürchte, dass ich meine Urteile nur noch danach fällte, ob mir der Kläger oder der Beklagte sympathischer waren. Aber was soll's - dafür, dass sie mir mit ihren einschläfernden Anliegen die Zeit stahlen, geschah ihnen das ganz recht.
    Gegen Mittag kam ein Sklave an meinen kurulischen Stuhl und reichte mir eine Schriftrolle. Erfreut über die willkommene Unterbrechung meiner monotonen Tätigkeit entrollte ich sie sofort und las: »Bitte komm nach der Gerichtsverhandlung umgehend in mein Haus.« Unterzeichnet hatte Joca-sta. Ich rollte das Papier wieder ein und legte es mit einer gewissen Befriedigung zur Seite. Ich hatte sie ohnehin besuchen wollen.
    Ich entschied die verbliebenen Klagen zügig und verkündete schließlich eine Vertagung des Gerichts. Angesichts meiner Eile erhob sich missbilligendes Gemurmel, aber ich hatte schon Schlimmeres erlebt. Als ich das Gerichtspodium verließ, kam Hermes mir entgegen. Er war den ganzen Tag für mich unterwegs gewesen und hatte diverse Ermittlungen durchgeführt.
    »Leider konnte ich den Schmuckhändler nicht ausfindig machen, der das Gehänge verkauft hat«, sagte er; er sprach vor der kostbaren Halskette, die er aus dem Haus des Priester entwendet hatte. »Immerhin habe ich herausgefunden, dass sie aus Phrygien stammt.«
    »Das hilft uns auch nicht viel weiter«, entgegnete ich. »Ich fürchte, du musst weitersuchen, bis du ihn findest. Außerdem darfst du nicht davon ausgehen, dass dir ein Schmuckhändler die Wahrheit erzählt.«
    »Was du nicht sagst«, konterte er. »Soweit ich weiß, bin ich kein Anfänger.«
    »Ist ja gut«, erwiderte ich. »Dann mach dich wieder auf den Weg. Ich bin unterwegs zu dem Haus des Sklavenhändlers, um mit seiner Frau Joca-sta zu reden. Wie es aussieht, ist sie die Einzige, die Gelon ein Alibi verschaffen kann.«
    »Du darfst aber nicht davon ausgehen, dass sie dir die Wahrheit erzählt«, ermahnte er mich mit einem verschmitzten Grinsen.
    »Verschwinde und erledige deine Aufgaben«, beendete ich das Gespräch.
    Ich sah mich nach dem Sklaven um, der mir die Botschaft überbracht hatte, und winkte ihn zu mir. »Bring mich zu deiner Herrin«, wies ich ihn an, woraufhin er sich wortlos umdrehte und mir bedeutete, ihm zu folgen. Bevor wir das Forum verließen, schickte ich meine Begleiter fort und wies sie an, sich spätestens am Abend in der Villa einzufinden. Sie sahen mich ziemlich perplex an. Normalerweise geht ein Praetor niemals alleine irgendwohin, und erst recht nicht ohne seine Liktoren.
    Aber ich wollte die Frau unter vier Augen befragen, und mit Zeugen verhält es sich wie mit Spionen.
    Das Haus, zu dem mich der Sklave führte, war im Vergleich zu den anderen Prachtvillen Baiaes recht klein. Es lag an einer der breiteren Straßen am Rande der Stadt, ganz in der Nähe der Stadtmauer. Ich legte meinem Führer eine Hand auf die Schulter und fragte etwas ungläubig: »Ist dies das Haus von Gaeto?« Es schien mir viel zu unauffällig, und es lag nicht in der Nähe des Sklavenmarktes.
    »Das ist das Stadthaus meiner Herrin«, erwiderte er. »Das Haus meines Herrn befindet sich in der Bucht, es liegt jenseits der Stadtmauer.«
    »Ich verstehe«, gab ich mich zufrieden. Er war nicht der erste Mann, der seiner Ehefrau das Ausleben dieser verschwenderischen Luxusallüren gestattete.

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