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Mord am Vesuv

Mord am Vesuv

Titel: Mord am Vesuv Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maddox Roberts
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Männer der ganzen Gegend ausfindig zu machen.
    Die Geschworenen kamen recht bald zurück, und der Gerichtsgehilfe beschwor mit den überlieferten, üblichen Formeln vor den Göttern die Verpflichtung zur Gerechtigkeit und zur Wahrheitsliebe. Anschließend übergab ihm der älteste der Geschworenen das Gefäß mit den Stimmtäfelchen. Der Gerichtsgehilfe kippte die markierten tesserae auf seinen Tisch und begann sie gemeinsam mit seinen Hilfskräften auszuzählen.
    Am Ende waren alle Täfelchen auf einem Stapel gelandet.
    »Die Geschworenen haben den Angeklagten einstimmig freigesprochen«, verkündete der Gerichtsgehilfe. »Damit ist Diogenes aus Kreta unschuldig.« Je nachdem, auf wessen Seite sie standen, begrüßten die Zuhörer das Urteil mit freudigen Beifallsbekundungen oder machten ihrem Unmut durch Murren und Fluchen Luft.
    »Das war's dann für heute«, stellte ich fest. »Das Gericht ist vertagt. Gehen wir etwas essen.«
    Kochend vor Wut kam Manius Silva auf mich zu. »Das Urteil ist gerecht«, schnaubte er, »aber wir haben es nicht dir zu verdanken, Praetor!«
    »Was ist los?«, erwiderte ich scharf. »Ist es etwa meine Aufgabe, Gefälligkeitsurteile zu garantieren?«
    »Allerdings«, erwiderte er, »schließlich hast du von Diogenes …« Ich brachte ihn mit einem strengen Blick zum Schweigen.
    Auch meine Begleiter warfen ihm warnende Blicke zu, ebenso meine Liktoren, die drohend ihre Finger über die Schneiden ihrer Äxte fahren ließen.
    »Was sagtest du gerade, Manius Silva?«, fragte ich.
    »Ach, nichts Besonderes«, erwiderte er. »Ich wollte dir nur für die unparteiische und faire Verhandlungsführung danken.«
    Mit diesen Worten wirbelte er herum und stolzierte davon.
    In Wahrheit war ich ganz zufrieden, dass Diogenes für unschuldig befunden worden war. Seine Geschäftspraktiken interessierten mich nicht die Bohne, aber er war ein angenehmer Begleiter gewesen. Jedenfalls war mir ein Mann, der die Kampftechniken von Gladiatoren beurteilen konnte, hundertmal lieber als ein missgünstiger Parfümhändler.
    Auf einmal ertönte lautes Hufgetrappel, und im gleichen Augenblick sah ich Hermes in Begleitung einiger junger Männer meiner Gefolgschaft auf dem Forum einreiten. Sie ernteten von allen Seiten entrüstete Blicke, denn während des Tages war es verboten, sich auf einem Pferd oder in einem Wagen auf dem Forum blicken zu lassen. Doch als Sonderbeauftragte des Praetors waren sie von diesem Verbot befreit. Hermes glitt vom Rücken seines Pferdes und eilte in großen Schritten auf das Gerichtspodium.
    »Und?«, fragte ich. »Hast du Gaeto gefunden?«
    »Ja«, erwiderte er. »Er ist tot, Praetor. Er wurde ermordet.«

VII
    Ich wurde in meiner Sänfte bis an den Rand der Stadt getragen, wo bereits mein gesatteltes Pferd bereitstand. Ich stieg aus, warf meine Toga in die Sänfte und wies die Träger an, zur Villa zurückzukehren. Ohne dieses lästige Kleidungsstück am Leib und auf dem Pferd sitzend fühlte ich mich wie befreit, ja, ich kam mir sogar jünger vor. Die Insignien der Macht und diese ewige Langeweile können einen auf Dauer umbringen. Ich lechzte regelrecht nach ein bisschen Aufregung, und die sollte ich bekommen.
    »Wie wurde er umgebracht?«, rief ich dem neben mir reitenden Hermes zu.
    »Am besten siehst du es dir selbst an!«, antwortete er, gegen das Hufgetrappel anbrüllend. Die prachtvolle Straße war gut gepflastert und von imposanten Gräbern und riesigen, Schatten spendenden Bäumen gesäumt. Sie führte die Küste entlang, und in regelmäßigen Abständen gab es liebevoll angelegte Rastplätze, an denen Reisende sich ausruhen und speisen konnten. Von jedem dieser Rastplätze hatte man einen herrlichen Blick auf die malerische Bucht, außerdem verfügten sie alle über einen plätschernden Brunnen und eine Latrine aus Marmor. In Baiae war für alles gesorgt.
    Hermes dirigierte uns in eine Seitenstraße, die über einen sanft abfallenden Felsvorsprung zur Küste hinabführte. Am Ende der Straße erreichten wir eine riesige Villa mit etlichen großen Nebengebäuden. Das Anwesen war fast so groß wie ein kleines Dorf. Vom Haus erstreckte sich eine steinerne Mole so weit ins Meer, dass dort auch größere Schiffe festmachen konnten. Im Moment dümpelten an der Mole aber nur kleinere Schiffe, an einigen Stangen trockneten Fischernetze.
    Wir wurden von städtischen Wachen eskortiert, zu denen ich jedoch nicht das geringste Vertrauen hatte. Sie trugen vergoldete Rüstungen, die eher auf

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