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Mord am Vesuv

Mord am Vesuv

Titel: Mord am Vesuv Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maddox Roberts
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Sandstürme der äthiopischen und der arabischen Wüste über sich ergehen lässt und sich zu den wilden Einwohnern der entferntesten Länder wagt. All das nimmt er auf sich, um die besten Lieferanten für die seltenen und kostbaren Duftstoffe und die zahlreichen exotischen Ingredienzien zu erstehen, mit denen wir ehrlich und zuverlässig unsere Parfüme herstellen. Weil er all diese Gefahren und Entbehrungen auf sich nimmt und weil er sich nicht auf unverschämte Zwischenhändler verlässt, spart er jedes Jahr eine Menge Geld - eine Ersparnis, die es ihm gestattet, seine Parfüme billiger zu verkaufen. Und ich frage euch: Ist das unredlich?
    Nein! Unredlich sind der Neid und die Missgunst seiner Konkurrenten, die allesamt römische Bürger sind und hoffen, die Geschworenen auf ihre Seite zu ziehen, indem sie Diogenes seine kretische Abstammung zum Vorwurf machen. Aber ich bin mir sicher, dass meine Mitbürger auf solche haltlosen Verleumdungen nicht hereinfallen.«
    Er ließ die Zuhörer eine Weile über seine Ausführungen nachdenken und setzte zum Schluss seiner Rede an. »Und dann noch ein Wort zu Celsius' Zeugen, die er so scheinheilig als ›gewisse Leute‹ bezeichnet, die ›in seinen Diensten stehen‹.
    Würde ein Sklave für ein paar Münzen nicht jede Lüge erzählen? Und würde nicht jeder Sklave seinem Herrn eins auswischen, wenn man ihm die Gelegenheit dazu bietet?
    Denken wir nur an den alten Spruch, der da lautet: ›Du hast mindestens so viele Feinde, wie du Sklaven hast.‹ Allein dass Celsius sich zu derartigen Praktiken hat hinreißen lassen, ist schon genug Beweis für seine Niederträchtigkeit.«
    Bei seinem letzten Wort klingelte die Kugel in der Schale.
    Fast alle Zuhörer applaudierten, sogar die Geschworenen. Er hatte seine Sache gut gemacht. Sie hätten gar nicht versuchen müssen, mich zu bestechen; vermutlich hätte er mich auch so überzeugt.
    »Da haben wir's«, stellte ich fest. »Es gibt in diesem Fall keinen handfesten Beweis. Wir haben nicht mehr als die gegensätzlichen Aussagen zweier geschäftlicher Konkurrenten.
    Möglicherweise hat Diogenes tatsächlich Parfüme gefälscht, aber selbst wenn, kann ich nur sagen: na und? Wer den Unterschied zwischen dem Original und der Fälschung nicht erkennen kann und bloß für den Namen einen überhöhten Preis bezahlt, ist ein Dummkopf und hat es nicht besser verdient, als übers Ohr gehauen zu werden.«
    »Und was Celsius angeht«, fuhr ich nach einer kurzen Pause fort, »so ist ein römischer Bürger, der es nicht schafft, einen Kreter geschäftlich auszustechen, wahrlich eine traurige Figur und gereicht den Nachkommen des Romulus nicht gerade zur Ehre. Alles in allem ist dieser Fall eine unwürdige Zeitverschwendung, aber das ist meine persönliche Meinung.
    Die Entscheidung liegt natürlich in euren Händen, angesehene Equites von Baiae, und ich hege nicht den geringsten Zweifel, dass ihr in der besten Tradition der römischen Rechtsprechung urteilen werdet. Vergesst nicht, dass Diogenes euch womöglich mit Fälschungen abgespeist hat, falls er versucht haben sollte, euch mit Parfüm zu bestechen.«
    Mit diesen Worten nahm ich wieder auf meinem kurulischen Stuhl Platz. Einige Zuhörer gafften irritiert, überall wurde leise getuschelt. Offenbar hatte ich keine Seite zufrieden gestellt, aber genau das hatte ich beabsichtigt. Während die örtlichen Amtsträger wild auf die Geschworenen einredeten und alle anderen erbittert das Für und Wider der vorgetragenen Argumente erörterten, beobachtete ich das Ganze gelassen. Ich fragte mich, ob die Parfüme, die Diogenes mir geschenkt hatte, Originale oder Fälschungen waren. Wenn sie gefälscht waren, würde Julia vor Wut außer sich geraten. Egal, die 5000 Sesterze waren auf jeden Fall echt. Diogenes und Silva fragten sich vermutlich gerade, ob sie das Parfüm und das Geld klug angelegt hatten.
    Die Geschworenen zogen sich zur Beratung in die Basilika zurück, wo sie ohne jeden Zweifel auch die Höhe der angebotenen Bestechungen abwägten. Ich vertrieb mir die Zeit im lockeren Geplauder mit den Magistraten der Stadt und meinen Rechtsberatern. Mir knurrte der Magen, aber ein Praetor, der vor aller Augen auf seinem kurulischen Stuhl zu Mittag speist, hätte einen öffentlichen Skandal heraufbeschworen.
    Mitunter, denke ich, übertreiben wir es mit der gravitas ein wenig.
    Ich fragte mich, wo Hermes blieb. Es konnte doch nicht so schwer sein, einen der bekanntesten, wenn auch etwas verrufenen

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