Mord am Vesuv
ein neues Gewand angelegt, doch das Haar hing ihr immer noch offen über den Schultern, und sie hatte nach wie vor den Aschestrich auf der Stirn. Ihre Augen waren rot, aber trocken, was also offenbar eher von Schlaflosigkeit herrührte als vom Weinen.
»Ich gehe davon aus, den Schuldigen ziemlich bald festnehmen zu können«, versicherte ich ihr.
»Mit solchen Sprüchen hast du uns in letzter Zeit schon öfter abgespeist«, entgegnete sie aufgebracht.
»Verehrte Dame«, wies ich sie zurecht, »vielleicht darf ich daran erinnern, dass es im Grunde nicht zu meinen Aufgaben gehört, Verbrecher zu jagen. Darum haben sich die zuständigen örtlichen Magistrate zu kümmern. Ich greife nur ein, wenn ich den Eindruck habe, dass diese der Gerechtigkeit nicht hinreichend Geltung verschaffen.«
Sie senkte den Kopf. »Ich verstehe. Bitte entschuldige mein Benehmen, Praetor.«
Als das Bankett seinem Ende zuging, prasselten dicke Regentropfen auf die Planen nieder, die man über unseren Köpfen gespannt hatte. Der Rückweg würde feucht werden, aber das machte mir nichts aus. Wir bestiegen unsere Pferde und waren bereits durchnässt, als wir den Felsvorsprung hinauf geritten waren und in die Straße nach Baiae einbogen. Anstatt die Stadt zu durchqueren, umrundeten wir sie in einem weiten Bogen und nahmen die Straße nach Cumae, die an der Villa Hortensia vorbeiführte. Das Stück hinter Baiae war von prachtvollen Gräbern und großen, Schatten spendenden Bäumen gesäumt. Der dichte Nebelschleier, der den Nieselregen begleitete, verlieh der prächtigen Straße einen traumhaft schönen Anblick, doch der Hinterhalt, in den wir gerieten, war alles andere als schön.
Sie kamen plötzlich hinter den Gräbern und Bäumen hervor:
mehrere Männer auf Pferden, andere zu Fuß. Sie griffen uns schweigend an, doch die Stille währte nicht lange. Die numidischen Leibwächter stießen ein wüstes Kriegsgeschrei aus und ließen einen Hagel von Speeren auf die Angreifer niedergehen. Gleichzeitig umringten sie Gelon wie eine undurchdringliche Mauer.
Hermes hatte bereits sein Schwert in der Hand, genau wie die anderen jungen Männer meiner Gefolgschaft. Außer Marcus hatten sie alle schon in Gallien, Mazedonien oder Syrier gekämpft. Als amtierender Magistrat konnte ich nicht bewaffnet durch die Gegend laufen, aber ein Dummkopf war ich natürlich auch nicht. Mein Schwert hing in einer Scheide an meinem Sattel, und ich zog es gerade rechtzeitig, um die Attacke des ersten Angreifers abzuwehren, der sich auf mich stürzte. Er zielte auf meinen Kopf, doch ich duckte mich im letzter Moment, streckte meinen Arm aus und traf ihn hart am Kiefer.
Mit einem erstickten Schrei stürzte er von seinem Pferd aus seiner Kehle spritzte Blut. Durch den Aufprall geriet mein Pferd ins Straucheln und suchte mit den Hufen auf der nasser Straße verzweifelt nach Halt.
Als es stürzte, sprang ich elegant ab und behielt sogar mein Schwert in der Hand, worauf ich einigermaßen stolz war. Ich blickte mich um und sah, dass der Kampf in vollem Gange war.
Vor mir ging ein Numider zu Boden, aus seiner Brust ragte ein Speer. Hermes hieb einem berittenen Angreifer den Schwertarm ab, der mir zufällig vor die Füße fiel. Ich bückte mich und entwand dem abgeschlagenen Arm die Waffe: ein erstklassiges Legionsschwert.
Da ich weder eine Rüstung trug noch über einen Schild verfügte, kam mir diese zusätzliche Waffe sehr gelegen. Damit konnte ich ein paar der Techniken ausprobieren, mit denen mich der Gladiator mit den beiden Schwertern in Pompeji so beeindruckt hatte. Wenn ich in Rom in eine Straßenschlägerei geriet, hatte ich normalerweise in der einen Hand einen Caestus und in der anderen meinen Dolch, während ich in der Legion mit Schwert und Schild in die Schlacht gezogen war. Die Möglichkeit, erstmals mit zwei Schwertern zu kämpfen, faszinierte mich, und ich sollte nicht lange warten müssen, die neue Technik auszuprobieren.
Ein stämmiger Kerl in einer zerlumpten Toga und mit wollenen Beinkleidern stürzte auf mich zu, sein Schwert auf meine Brust gerichtet. Ich stellte mich ihm entgegen, wehrte mit dem Schwert in meiner linken Hand den Stoß ab und schlitzte ihm mit dem anderen von links nach rechts den Bauch auf. Als er sich vornüber krümmte, ließ ich mein linkes Schwert auf seinen Nacken niedersausen und hieb ihm beinahe den Kopf ab.
Im nächsten Moment wurde ich bereits von zwei weiteren Männern angegriffen. Einer schwang einen großen Knüppel in
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