Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mord am Vesuv

Mord am Vesuv

Titel: Mord am Vesuv Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maddox Roberts
Vom Netzwerk:
werde gleich heute Nachmittag mit Cicero darüber sprechen.«
    Warum war ich nicht selber darauf gekommen? Wenn Gelon unter Ci-ceros Anleitung verteidigt wurde, hatte der Junge eine reelle Chance, seinen Kopf zu retten. Außerdem würde das natürlich den Unterhaltungswert des Prozesses erheblich steigern. Ein schönes juristisches Spektakel mit allem Drum und Dran war vielleicht genau das Richtige, um in dieser Gegend wieder Ruhe und die übliche, von Zynismus und Trägheit geprägte Gelassenheit einkehren zu lassen.
    Am Nachmittag suchte ich Cicero auf. Ich fand ihn in den Bädern, inmitten seiner Bekannten, unter denen es nicht wenige Speichellecker gab. In Baiae, wo alle ständig bestrebt waren, einander zu übertrumpfen, galt es als großer Vorteil, einen berühmten ehemaligen Konsul zu seinen Bekannten zu zählen.
    Und Cicero selber ließ sich die speichelleckerischen Schmeicheleien, seiner überragenden Intelligenz zum Trotz, nur allzu gerne gefallen.
    Allein die Tatsache, dass er den Senat um die Gewährung eines Triumphes ersucht hatte, war Beweis für seine nachlassende Fähigkeit zur Selbsteinschätzung. Wenn Rom je einen Mann hervorgebracht hatte, der zwar politisch äußerst begabt, aber auf militärischem Gebiet eine absolute Niete war, dann war es Cicero. Dass er ein paar unbedeutende kleine Erfolge in Syrien aufgeblasen und für wert befunden hatte, ihm dafür einen Triumph zuzugestehen, hatte in hohen politischen Kreisen für Erheiterung gesorgt. Wenn jemand für seine militärischen Leistungen in Syrien Ruhm gebührte, dann war es Cassius Longinus, dem man jedoch jede Anerkennung versagt hatte.
    Während ich die duumviri und ein paar andere bedeutende Männer mit meinen Eigenmächtigkeiten gegen mich aufgebracht hatte, wurde ich hier begeistert empfangen. Mein blutiges Gemetzel mit den Banditen hatte offenbar mächtig Eindruck gemacht. Nachdem ich mich gebührend hatte feiern lassen, nahm ich Cicero zur Seite und unterbreitete ihm meinen Vorschlag. Zuerst war er ziemlich überrascht, doch nach einigen Erläuterungen sah er die Sache genauso wie ich. Er rief seinen Bruder und Tiro herbei, und wir diskutierten die Angelegenheit gemeinsam.
    »Du glaubst also wirklich, dass dieser Gelon unschuldig ist?«, wollte Cicero wissen.
    »Irgendetwas stimmt an dieser Geschichte nicht. Seine Verurteilung käme zu vielen Leuten gelegen, und es gibt zu viele in Frage kommende Verdächtige.«
    »Decius hat in solchen Dingen meistens eine gute Nase, Bruder«, sagte Lucius. »Und Tiro sollte die Gelegenheit nutzen.
    Als ersten Fall gleich die Verteidigung in einem Mordprozess zu übernehmen wäre in Rom vielleicht ein bisschen anmaßend, aber hier in Baiae ist das völlig in Ordnung.«
    »Ich sehe das genauso«, erklärte Cicero. »Und was ist mit dir, Tiro? Willst du den Grundstein für deine Anwaltskarriere hier in Baiae legen?«
    »Nun«, sagte Tiro, »als ehemaliger Sklave sollte ich der Verteidigung eines Sklavenhändlersohnes ja eher abgeneigt gegenüberstehen, aber da er vorhat, das Geschäft seines Vaters aufzugeben und ein ehrenwerter Dieb und Räuber zu werden - wie sollte ich mich da verweigern?«
    Wir hatten die Bäder gerade verlassen, als lautes Hufgetrappel die Ankunft meiner angeforderten Verstärkungstruppen ankündigte. Die üblichen Gaffer bestaunten auf dem Forum eine komplette turma, dreißig Reiter in tiefroten, grell im Wind flatternden Umhängen. Sie trugen glänzende Brustpanzer, die an beiden Seiten eingeschnitten waren, um das Reiten zu erleichtern, und matt schimmernde, mit roten Büscheln geschmückte Bronzehelme. Anders als die Reiter Caesars hatten sie keine ovalen Schilde, sondern waren mit den altmodischen Rundschilden ausgerüstet, die wegen ihrer Ähnlichkeit mit den runden, etwas gewölbten Kuchen, die vor allem bei Opfern Verwendung fanden, auch pompanum genannt wurden. Ihre langen Speere schwenkten im Gleichschritt mit den Pferden elegant hin und her. Es waren gut aussehende junge Männer, und man merkte ihnen an, dass sie die Söhne wohlhabender Equites aus dem Süden Italias waren. Sie stammten aus zu gutem Hause, als dass sie sich in der Legion zu Fuß hinter einem Schild abgequält hätten. Nichtsdestotrotz waren sie voller Schwung und Elan.
    Ihr Anführer war ein besonders gut aussehender Junge. Sein Brustpanzer war dem Torso des Herkules nachempfunden. Wie ich aus eigener schmerzhafter Erfahrung wusste, war das Reiten in so einem Monstrum extrem anstrengend und unbequem,

Weitere Kostenlose Bücher