Mord an Bord: Roman (Allemand) (German Edition)
hatte ich gleich gemerkt.
»Nicht, wenn man nicht abzieht.«
»Erna, jetzt ISSES genuch!!«
»Ist Ihr ... Freund ... inzwischen wiederaufgetaucht?« fragte ich süßsäuerlich Fred, der dem ganzen Gespräch schweigend zugehört hatte.
»Nein«, grollte Fred. »Wenn ein Pax sich um mehr als eine halbe Stunde verspätet, wird abgelegt. Der muß auf eigene Kosten nachreisen. Außerdem ist er nicht mein Freund.«
»Günther? Günther Dittmers? Ist NICHT Ihr Freund?«
»Er hat sich allerdings als Ihr Freund ausgegeben!« sprang mir nun Anna bei. »Er hat behauptet, er hätte das Weihnachtsfest mit Ihnen in Hamburg verbracht!«
»Absoluter Schwachsinn«, grollte Fred. »Ein Aufschneider, ein Wichtigtuer, ein Neureicher. Sonst nichts.«
Bei »Neureicher« zuckten die Wollsockes aber zusammen! »Er hat einen Film bei Ihnen gesehen.« Ich durchbohrte Fred mit Blicken.
Anna ließ die Gabel mit der Blaublut-Kartoffel auf ihren Teller zurückfallen.
»Na, denn prost«, sagte Harm Lohs.
Die anderen lauschten gebannt.
»Kann sein«, sagte Fred. »Weihnachten hab ich mal schnell bei ihm vorbeigeschaut. Ich brauchte ein Ersatzteil für meine kleine Minox. Er ist Fotohändler. Da hat er wohl mal kurz in ein Video reingeschaut.«
»So«, sagte ich. »Kurz.«
»Ich mache Filme. Das dürfte Ihnen bekannt sein.«
Freds Ton klang unglaublich verletzt.
Ich sah uns auf seinem Bette sitzen, damals, er mit Bermudashorts und Apfelsaft, ich liebestoll, und seine Videos anschauen. Jetzt war eine Wand aus Eis zwischen uns.
»Besonders gern Filme mit versteckter Kamera!« Mein Ton war messerscharf.
Die anderen hörten auf zu essen.
Ausgerechnet in diesem spannenden Moment kamen die Warmduscher mit ihren Quetschkommoden herein. O Gott. Jetzt nicht noch dieses! Immer wenn jemand auf dem Schiff Geburtstag hatte, schleimten die Warmduscher sich beim Essen an und knödelten dreistimmig »Zum Geburtstag viel Glück!«, und die Oberstewardeß gratulierte und tat, als sei der Jubilar ihr liebster Erbonkel, und der Bordfotograf knipste wild herum, und es gab Blumen und eine brennende Torte, und bis sich der ganze Tumult wieder beruhigt hatte, war das Essen kalt. Wir applaudierten alle artig dem unbekannten Jubilar, der im Kreise seiner Lieben in der Ecke saß.
Endlich verzogen sich die Warmduscher wieder.
Die Stewards brachten den Nachtisch.
»Na, denn prost«, sagte Harm Lohs.
»Bist du etwa sauer, weil ich dich gefilmt habe?« Fred schaute mich enttäuscht an. »Du hast doch sonst soviel Humor!«
Mir wollte der Topfennocken auf Marillensauce schier aus dem Munde fallen.
»Fred«, knirschte ich zwischen den Zähnen, »ich bring dich um!«
»Nicht schon wieder!« schrie Erna begeistert.
Harm Lohs, der zwischen uns saß, schaute von einem zum anderen. »Da haben sich aber zwei richtig gern. Na, denn prost.«
Wir starrten uns an, Fred und ich.
»WER hat alles diesen Film gesehen?« zischte ich.
»Och, das halbe Schiff«, grinste Harm Lohs. »Auf den Crew-Parties zeigt der Fred immer ›Best OF‹! Und da gehören Sie dazu, Burkharda! Ist ‘n echtes Highlight!«
»Was denn für ‘n Film?!« schrie Erna, während sie ihrem einarmigen Mann Pfefferminztee eingoß.
»Erna, BITTE!«
Gottlieb Wendehals neben mir guckte nur immer hin und her. Das alles war zuviel für den gutmütigen Mann.
»Sie sehen aber auch zu komisch aus, wie Sie sich da mit diesem sperrigen Kerl abmühen ...«
Ich erstarrte. »Keine Einzelheiten bitte!«
»... mit dem Messer in der Hand ... oder war es eine Rasierklinge?«
»WA...WAS?« Gloria, hämmerte es mir durch den Kopf. Nachbarkabine. Versteckte Kamera. Fred hatte mich auch DABEI gefilmt?!
Mein Herz raste.
»Sie haben sich gar nicht ungeschickt angestellt, aber Ihr Opfer hat sich ja fürchterlich gewehrt! Und geschrien und gezappelt! Und Sie hatten so einen verbissenen Blick, so ...« Harm Lohs machte eine Schnute und preßte die Lippen aufeinander. »Wenn Sie mal in Rage sind! Frau Meier, Frau Meier!«
»Lauter“, rief Erna. »Wir verstehen nix!«
»Sie hat versucht, ein Schaf zu scheren!« rief Harm Lohs über den Tisch. »In Neuseeland! Da hat der Herr Hahn sie heimlich bei gefilmt!«
»Ach, DAS Video«, lachte Anna. »Ja, das kenn ich! Das ist wirklich süß!«
Harm Lohs schaute mich freundlich an. »Na, denn prost.«
Fred schaute mich auch an. Und schwieg.
Tagelang war ich schon wieder wie in Trance.
Fred war es also NICHT gewesen.
Fred war doch nicht des Todes.
Ich hatte ihn
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