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Mord an Bord: Roman (Allemand) (German Edition)

Mord an Bord: Roman (Allemand) (German Edition)

Titel: Mord an Bord: Roman (Allemand) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hera Lind
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übersprungen haben. Die Genetik ist und bleibt den Menschen auf ewig ein Rätsel. Dass ich dabei mal wieder nicht gut wegkam, war mir bewusst, und ich konnte damit umgehen. Denn als Mutter hat man solche Negativpunkte im Genmaterial seiner Sprösslinge gefälligst auf sich zu nehmen. Etwas, das mir meistens widerstrebte. Somit war dieser Sachverhalt auch nicht unbedingt geeignet, mich als gute Mutter hinzustellen. Im Sammeln von Negativpunkten war ich schon immer spitze. Im Allgemeinen und ganz Speziellen musste ich mich mit dem Ruf einer Rabenmutter herumschlagen. Eine widerliche Ausgeburt an verfehlter Fortpflanzung. Ein Hass-Objekt für jede Profimutter, die ihren Lebenssinn darin sah, ihre Brut mit homöopathischen Kügelchen beim Zahnen zu quälen, während ich zum schnell helfenden Zäpfchen griff. Für all diese Kampfmütter, deren einzige Chance, soziale Kontakte zu knüpfen, die Krabbelgruppe war und die es verstanden, mir – die ich nicht stolz auf ihr Kind war, wenn es Möhrenscheiße durch den Strampler schickte – ein schlechtes Gewissen einzureden. Für alle hormongesteuerten Mama-Partisanen, die nicht von Akne gepeinigt waren, wenn sie das Kinderschwimmbecken verließen – das eigentlich für inkontinente Bewohner eines Seniorenheims vorgesehen war – oder mit feuerroten Augen, Juckreiz und einem – aufgrund eines gnadenlosen Einsatzes von Chlor – keuchenden und asthmatischen Kleinkind, war ich ein rotes Tuch.
    Ich gehörte nicht zu denen, denen man die Mutterschaft nach einer Zwangsbeendigung ihrer beruflichen Karriere auf hundert Meter Entfernung ansah. Meine Kleidung war zwar praktisch, von angesäuerter Milch durchaus befreibar, aber auch chic und modern. Und vor allem war meine Kleidung frei von infantilen Applikationen, die mich als Muttertier dazu verdonnerten, im Partnerlook mit meinen Kindern zu gehen. In keiner Phase meines Lebens habe ich jemals wieder so viele Teddybären und Blümchenapplikationen auf Sweatshirts und Jeanshosen gesehen wie in der Zeit, in der meine Kinder klein waren. Auch trug ich niemals die Insignien einer Mittdreißigerin, die sie bei jedem Arztbesuch als depressives, ehemalig beruflich erfolgreiches, halb-gebildetes Weibchen der Mittelklasse auswies. Fragen Sie mal den Neurologen mit Wochenendzusatzsausbildung für Psychotherapie ihres Vertrauens, welche Insignien das sind. Ach wo: Ich nehme Ihnen den Weg dorthin ab und erspare Ihnen die dort ausliegende abgegriffene Yellow Press, inklusive der nervigen Gespräche mit ihrem Sitznachbarn. Es ist ein lederner Rucksack in möglichst progressiven Farben. Vornehmlich Orange, Gelb und Quietschgrün. Erstaunt? Haben Sie schon in Ihren Schrank geschaut? Fündig geworden? Gut, dann schmeißen Sie bitte das Ding auf den Müll. Das haben Sie nicht nötig. Dass dieser „Möchtegern-Therapeut“ auch gleich das passende – bereits ausgefüllte – Rezept für Sie vorliegen hat, sollte Sie nach der obigen Erkenntnis nicht wundern.
    Diese Summe der Erwartungshaltungen meiner Umgebung – vornehmlich darüber, was ich zu tun und zu lassen hatte, was ich darstellen sollte und was gefälligst nicht – wollte mir niemals Zutritt zu dem erlauchten und heiligen Kreis der Frauen im gebärfähigen Alter gewähren. Allerdings war ich so trotzig, dass es mir vollkommen wurscht war. Denn genauso wenig war ich das liebende Herz, als meine Kinder im zarten Teenageralter ihre Viren ausbrüteten. Waren rote Babywangen während des Zahnens noch niedlich, konnte die ältere Ausgabe des gleichen Kindes zum Sausack mutieren. Während sich die Mutter ihren Pflichten hingab und sich um das Kind kümmerte, um es nach bestem Wissen und Gewissen zu versorgen, bekam dieses Aas nicht mal das Maul auf, um ebendiesem sich sorgenden Menschen mitzuteilen, was ihm denn eigentlich fehlte.
    Dieses Spiel machte man einmal mit. Unter Umständen auch noch ein zweites und drittes Mal. Bei der vierten Darstellung des sterbenden Schwans auf der heimischen Couch, versunken in elendigem Schweigen, bekam Kind dann doch den lautstarken Unmut ihrer Erzeugerin zu spüren.
    Ja, ich kann mit Fug und Recht sagen: Irgendwann waren mir meine Nächte wichtiger als das störrische Verhalten eines oder zweier pubertierender Wesen. In mir festigte sich die Meinung, dass, wer nicht will, bestimmt schon hat, und so übernahm der männliche Teil der zweigeteilten Herrschaft beizeiten die Nachtwache, wofür ich ihm auch heute noch auf Knien dankbar bin.
    Ansonsten war ich

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