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Mord an der Leine

Mord an der Leine

Titel: Mord an der Leine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannes Nygaard
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hatten, dieser Sprache nicht mächtig zu sein. So, nun habe ich zu
tun«, entließ Richter die beiden Beamten.
    Frauke machte den Umweg über das Geschäftszimmer und
besorgte sich einen Becher Kaffee, dann kehrte sie an ihren behelfsmäßigen
Arbeitsplatz zurück.
    Madsack hatte sich, soweit es seine Statur zuließ,
zurückgelehnt und telefonierte. Er nickte Frauke freundlich zu. »Gut. In einer
halben Stunde«, sagte er und legte auf. »Das war die Dolmetscherin«, erklärte
er. »Ich habe versucht, mit dem Absender der kleinen Marmorsteine zu sprechen.
Die Rufnummer ging aus den Lieferpapieren hervor. Aber dort spricht niemand
Deutsch. Und auch nicht Englisch. Der Telefonhörer wurde ein paar Mal
weitergereicht, bis es jemand auf Französisch versuchte.« Madsack hob beide
Schultern in die Höhe. »Das ist aber nicht meine Welt. Jetzt habe ich eine
Dolmetscherin bestellt. Sie haben es gehört – ungefähr eine halbe Stunde.« Dann
musterte er Frauke neugierig. »Und? Was gab es bei Ihnen?«
    Er hörte sich geduldig Fraukes Bericht an, dann fuhr
er sich mit der Hand über den Nasenrücken, als wäre dort ein lästiges Insekt
gelandet. »Da kann ich mir keinen Reim drauf machen.«
    »Thomas Tuchtenhagen legt in der Tat ein merkwürdiges
Verhalten an den Tag.«
    »Entschuldigung, aber ich habe noch etwas zu
erledigen«, sagte Madsack und widmete sich seinem Computer, während Frauke zum
tatenlosen Warten verurteilt war.
    Die Übersetzerin hielt Wort. Nach einer knappen halben
Stunde klopfte es an der ohnehin offenen Tür und eine Frau Anfang vierzig
betrat den Raum.
    »Guten Tag. Mein Name ist Sonja Wilhelmsen«, stellte
sie sich vor und reichte zuerst Frauke, dann Madsack die Hand.
    Der rundliche Hauptkommissar sprang auf, bot der
Dolmetscherin seinen Platz an und erklärte ihr den Sachverhalt. Dann wählte er
erneut die Rufnummer des Paketabsenders. Über den Zimmerlautsprecher konnten
Frauke und Madsack das Gespräch verfolgen. Sonja Wilhelmsen wurde mehrfach
verbunden, bis sie schließlich einen Mann in der Leitung hatte, der
abenteuerlich schnell sprach. Frauke hatte den Eindruck, der Italiener könne
Tolstois »Krieg und Frieden« in einer halben Stunde komplett vorlesen. Die
Übersetzerin schien keine Probleme mit der Redegeschwindigkeit ihres
Gesprächspartners zu haben. Sie fiel ihm regelmäßig ins Wort, und am
veränderten Tonfall glaubte Frauke zu erkennen, dass der Italiener sofort auf
die neuen Fragen einging, ohne seinen Redefluss zu unterbrechen.
    Ebenso wortreich wie das gesamte Telefonat fiel die
Verabschiedung aus. Frauke hätte gern gewusst, ob der temperamentvolle
Marmorversender sich gleich mit der Übersetzerin verabredet hatte.
    Sonja Wilhelmsen lächelte sanft, als sie das Gespräch
wiedergab.
    »Toni, so hat er sich genannt, wollte mir einen halben
Marmorsteinbruch verkaufen. Er schwor bei der Jungfräulichkeit seiner Mutter,
dass es zwischen Palermo und Mailand keinen schöneren Marmor gäbe. Ach was, bis
rauf zum Nordkap.« Die Dolmetscherin lachte und zeigte dabei zwei Reihen
ebenmäßiger Zähne. »Toni hat von Manfredi aus Hannover eine Anfrage bekommen.
Natürlich wollte Toni wissen, wie der Hannoveraner an seine Adresse gekommen
war. Manfredi hat behauptet, ein Bauunternehmer habe ihn aufmerksam gemacht.
Den wiederum kennt Toni, weil er ihn mit exquisitem Marmor beliefert. Nun
wollte Manfredi auch in das Geschäft einsteigen. Groß einsteigen, wie Toni
mehrfach betonte. Deshalb hat er Muster nach Hannover geschickt. Obwohl das
eigentlich überflüssig sei, denn jeder auf der nördlichen Halbkugel, der wisse,
wie man Marmor buchstabiert, sei auch darüber informiert, dass es nirgendwo
besseren Marmor gäbe als bei Toni.«
    »Haben Sie den Namen des Bauunternehmers? Oder müssen
wir den aus der Gesprächsaufzeichnung herausfischen?«, fragte Frauke, weil
Sonja Wilhelmsen sich keine Aufzeichnungen gemacht hatte.
    Die Dolmetscherin sah Frauke ein wenig überrascht an.
»Das ist nicht erforderlich. Schröder-Bau. Den kennt hier jedes Kind.«
    Madsack nickte zur Bestätigung.
    »Sie sind schon öfter für die Polizei tätig gewesen?«,
fragte Frauke.
    »Ja. Ich bin vereidigte Gerichtsdolmetscherin.«
    »Hat man Ihnen Dokumente mit der Bitte um Übersetzung
ausgehändigt?«
    Sonja Wilhelmsen sah Frauke irritiert an. »Sie meinen,
jetzt – vor Kurzem?«
    »Gestern oder heute?«
    »Nein. Nicht von der Polizei.«
    Sie bedankten sich bei der Frau, und als sie wieder
allein waren, fragte

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