Mord an der Leine
osteuropäischen
Klang.
Steinhövel und die beiden Beamten sahen, dass der
kleine Raum leer war. »Macht er Pause? Oder ist er irgendwo im Betrieb?«,
fragte der Geschäftsführer.
»Der Scheißitaliener ist heute nicht gekommen«,
erklärte der Mann und schrie zwischendurch in einer fremden Sprache einen der
Arbeiter an, der große Schinken in einem Salzfass wälzte.
»Sie scheinen nichts von Herr Bassetti zu halten?«,
fragte Frauke.
»Nix.« Er tippte sich gegen die Brust. »Wir arbeiten
wie Hunde. Und Simone sitzt da drin, tut nix und macht den Dicken.«
»Ist er Abteilungsleiter?«, wollte Frauke wissen.
»Nix. Chef ist Herr Bringschulte. Guter Kollege. Ich
bin Vorarbeiter.« Erneut schrie er einem anderen Mann etwas zu. »Wir machen
Knochenarbeit. Bassetti nur sitzt und gafft. Blöde Sprüche macht. Überflüssig
wie Sehne in gutem Fleisch. Noch was? Ich muss aufpassen wie Luchs. Sonst die
Kerle machen nur Scheiß.«
»Wie heißen Sie?«, fragte Frauke noch.
»Marek Besofski«, erwiderte der Vorarbeiter und
tauchte wieder in seine Arbeit ein, ohne die Antwort abzuwarten. Steinhövel
eilte hinter ihm her, hielt ihn an der Schulter fest und fragte etwas, das die
Beamten im Lärm nicht verstehen konnten. Dann kehrte der Geschäftsführer zu
ihnen zurück.
»Herr Bringschulte, sein Chef, ist zur Kur. Den können
wir leider nicht fragen. Möchten Sie noch etwas sehen?«
Die Polizisten verneinten und folgten Steinhövel aus
dem Produktionskomplex zurück auf den Hof.
»Falls Sie noch weitere Fragen haben oder ich Ihnen
irgendwie behilflich sein kann – jederzeit. Meine Telefonnummer haben Sie.«
Steinhövel fingerte aus der Brusttasche seines Hemds eine Visitenkarte heraus.
»Hier finden Sie alle Angaben, wie Sie mich erreichen können.«
Von Wedell und Frauke kehrten zu ihrem Fahrzeug
zurück.
»Ist das Zufall, dass Tuchtenhagens Name in einem
Zusammenhang mit dem Fleischskandal in Oldenburg zu stehen scheint?«, fragte
der junge Kommissar. »Oder ist er für sein Wohlverhalten mit einem gut
dotierten Posten in Hannover belohnt worden?«
»Die Frage habe ich mir auch gestellt. Wir müssen den
Mann finden. Und dringend in die damaligen Ermittlungsakten Einblick nehmen.
Vielleicht finden wir dort einen Hinweis auf die Rolle Tuchtenhagens.«
»Wohin jetzt?«, fragte von Wedell, nachdem er den
Motor gestartet hatte.
»Zur Dienststelle.«
Sie waren erst ein paar hundert Meter gefahren und
hatten noch nicht die Hans-Böckler-Allee erreicht, als sich von Wedells Handy
meldete. »Sorry«, sagte der junge Kommissar und hielt sich das Gerät
vorschriftswidrig ans Ohr.
»Bitte?«, fragte er erstaunt, nachdem er sich gemeldet
und einen Moment gelauscht hatte. »Sagen Sie das noch einmal?« Da hörte er
wieder zu. »Gut. Ich werde …« Offenbar wurde er unterbrochen. »Ja. Das habe ich
verstanden. Wollen Sie mir nicht Ihren Nam…«
Er warf einen kurzen Blick auf das Display seines
Handys. »Weg«, sagte er. »Hat aufgelegt.«
»Wer war das?«, fragte Frauke.
»Der Anrufer hat keinen Namen genannt. Natürlich war
der Anruf ohne Identifikation.« Von Wedell wurde kurz abgelenkt, als er sich
beim Einbiegen in die Berliner Allee auf den Verkehr konzentrieren musste. Dann
fuhr er fort. »Der Anrufer – männlich, ich schätze ihn auf mittleres Alter –
sprach deutsch mit deutlichem italienischem Akzent. Er hat gesagt, ich würde
etwas wissen. Dazu hätte er ergänzende Informationen zum Mordfall Manfredi. Er
hat mir einen Treffpunkt genannt. Dort wolle er mir Einzelheiten berichten.«
»Warum kommt er nicht einfach ins LKA ?«, fragte Frauke.
Von Wedell zuckte die Schultern. »Sie haben es doch
mitbekommen. Der Anrufer hat mir keine Chance gegeben, ihm weitere Fragen zu
stellen. Auf jeden Fall soll ich allein kommen.«
»Und wohin hat er Sie bestellt?«
»Heute Abend. Viertel nach neun.«
»Schön. Aber wohin?«
»Das ist das Merkwürdige. Auf das Messegelände. Zum
Eingang des Convention Center.«
»Ist das ein Platz von besonderer Bedeutung?«
Von Wedell warf ihr einen ungläubig wirkenden Blick
zu. »Das ist das Herzstück des Messegeländes überhaupt. Das muss man
doch kennen. Waren Sie schon mal auf der C e BIT ?«
»Ich gestehe, kein Computerfreak zu sein«, sagte
Frauke. »Läuft derzeit eine Veranstaltung auf dem Messegelände?«
»Nicht dass ich wüsste.« Er musterte Frauke von der
Seite. »Was sollen wir jetzt machen? Soll ich hingehen?«
»Wir müssen jeder Spur nachgehen«, sagte
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