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Mord an der Leine

Mord an der Leine

Titel: Mord an der Leine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannes Nygaard
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ruhig«, zwang sich Frauke zu einer bedächtigen
Sprechweise. »Hilfe ist unterwegs. Gleich werden Sie versorgt. Alles ist gut.«
    Das Augenlid des Verletzten flackerte kurz. Dann
leuchtete Frauke den Hinterkopf des Liegenden ab.
    »Mein Gott«, entfuhr es ihr, als sie den Einschuss
sah. Als sie das Handy abwärts wandern ließ, entdeckte sie zwei weitere Treffer
im Rücken von Wedells. Der Polizist war von hinten angeschossen worden. Dann
musste der Täter an den Gestrauchelten herangetreten sein und noch einmal
geschossen haben. Das musste nach der kurzen Pause im Anschluss an den
einzelnen Schuss gewesen sein. Im selben Augenblick hatte der Täter ein
weiteres Mal abgedrückt und die Waffe auf den Kopf des Wehrlosen gerichtet.
Frauke durchfuhr ein eiskalter Schauder. Das war eine Hinrichtung.
    »Hallo? Wo seid ihr?«, hörte sie Madsacks Stimme.
    »Hier! Bei der Baustelle«, rief sie zurück.
    Gleich darauf vernahm sie das Schnaufen des
korpulenten Hauptkommissars, der sich mit einem Ächzen neben ihr niederkniete.
    »Von Wedell?«, fragte Madsack.
    »Ja.«
    »Herrje. Schlimm?«
    »Noch hat er Puls. Drei Einschüsse, soweit ich es oberflächlich
feststellen konnte.«
    Madsack zauberte eine Mini-Maglite hervor und
leuchtete von Wedell aus.
    »Ich wage nicht, ihn zu bewegen. Ein Geschoss ist in
den Kopf eingedrungen«, sagte Frauke. »Hoffentlich kommt der Notarzt bald.« Sie
zögerte einen Moment. »Wir legen ihn doch in die stabile Seitenlage. Können Sie
mir behilflich sein?«
    Madsack nahm seine Taschenlampe in den Mund, und
vorsichtig drehten sie das Opfer. Als sie ihn etwas bewegt hatten, sahen sie,
dass das Geschoss, das in den Hinterkopf eingedrungen war, durch das bisher im
Wasser liegende Auge den Kopf wieder verlassen hatte.
    Madsack würgte und stöhnte leise. Auch Frauke
verspürte einen Druck in der Magengegend. Erneut legte sie zwei Finger an die
Halsschlagader.
    »O Gott. Sein Puls. Ich spüre keinen Puls mehr!«
Frauke suchte erneut die Stelle am Hals, an der sie zuvor noch eine schwache
Reaktion gefunden hatte.
    »Er stirbt. Schnell. Wir müssen ihn reanimieren.«
    Trotz seines Übergewichts packte Madsack beherzt mit
an, und sie drehten von Wedell auf den Rücken. Nun konnten sie keine Rücksicht
mehr auf innere Verletzungen nehmen.
    Frauke riss den leichten Blouson auf, den der junge
Kommissar über einem T-Shirt trug. Sie fuhr mit zwei Fingern von links am
unteren Rippenbogen bis zum Sternum entlang. Dann hatte sie den Druckpunkt am
Brustbein gefunden. Sie fixierte die Stelle mit dem Finger, legte den
Handballen darauf, sodass Zeige- und Mittelfinger Richtung Kopf wiesen, und
presste die andere Hand darüber. Dann begann sie rhythmisch zu drücken und zählte
dabei laut. Eins, zwei, drei … Sie drückte den Brustkorb etwa vier Zentimeter
tief ein. Wenig später spürte sie, wie der zunächst vorhandene Widerstand
nachgab, als die Rippen brachen.
    Sie hörten sich nähernde Schritte. »Hallo!«, rief eine
unbekannte Stimme.
    Madsack stand auf und zielte mit seiner Waffe in die
Dunkelheit, aus der eine Gestalt auftauchte. Ein Mann in Jeans und einer hellen
Jacke stockte, als er die Waffe auf sich gerichtet sah.
    »Ich bin von der Messe«, stammelte er erschrocken.
»Ich habe den Auftrag, hier wieder für Ordnung zu sorgen, wenn die Polizei weg
ist.« Dann sah er von Wedell auf dem Boden liegen.
    »Um Himmels willen. Das glaubt man nicht. Ist er …
tot? Hat man auf ihn geschossen?«
    Madsack machte eine Winkbewegung mit der Waffe.
    »Ausweis. Und halten Sie die Hände so, dass ich sie
sehen kann. Keine hastigen Bewegungen.«
    Der Mann griff mit einer Hand zur Gesäßtasche und zog
ein abgegriffenes Portemonnaie hervor. Er öffnete es und zeigte Madsack den
Personalausweis, der in einer Sichthülle in der Geldbörse steckte. Anschließend
zerrte er an einem weiteren Ausweis, den er an einem Band um den Hals trug.
»Mein Betriebsausweis«, erklärte er mit zittriger Stimme und starrte dabei
unverwandt auf Frauke, die neben von Wedell kniete.
    »Neunundzwanzig … dreißig.«
    Frauke unterbrach das Pressen, beugte sich zum Kopf
hin, kontrollierte den Mund, ob er frei war, und ignorierte den dünnen
Blutfaden, der aus einem Winkel rann. Sie setzte ihre Lippen auf die von
Wedells und spendete zwei Mal Atemluft. Dann begann sie erneut mit dem
rhythmischen Drücken auf den Brustkorb.
    »Geben Sie mir Ihre beiden Ausweise, und dann ziehen
Sie sich bitte außer Sichtweite zurück«, hörte sie Madsack zum

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