Mord au chocolat
Präsident Allingtons Büro in der Nähe liegt. Zum Glück sind auch die Ü-Wagen weg, und so findet Cooper mühelos einen Platz, um den BMW zu stoppen und uns alle rauszulassen.
Obwohl Gavin die letzte Nacht im Gefängnis verbracht und somit die ganzen Probleme verursacht hat, ist es seltsamerweise mein Arm, den Cooper festhält, als ich hinausklettern will. »Moment mal«, sagt er und wartet, bis die Kids aus dem Auto und ins Haus gestolpert sind. »Jetzt willst du Halstead zur Persona non grata erklären. Und was wirst du danach tun?«
Vermutlich wird das die einzige Strafe sein, die der gute Reverend erleiden muss. Detective Canavan war nicht sonderlich beeindruckt von Jamies Story und kündigte nur an, er würde rausfinden, wo Halstead zum Zeitpunkt des Mordes gewesen sei. Anscheinend gab Jamie sich damit zufrieden.
Im Gegensatz zu mir. Ich habe dem Detective angesehen, dass er glaubt, der wahre Mörder wäre so gut wie überführt. Deshalb wird er sich um Reverend Marks Alibi auf die gleiche Weise kümmern wie die College-Verwaltung um seine Personalakten. Nämlich gar nicht.
»Oh, ich weiß nicht, Cooper...« Die Hand, die meinen Unterarm umfasst, lenkt mich ein bisschen ab. So groß ist er. Größer als Tad. Und seine Finger fühlen sich so warm auf meiner Haut an. »Ich werde meinen Job erledigen, nehme ich an. Bald sind die nächsten Gehälter fällig. Und ich muss die Kids an ihre Arbeitsblätter erinnern.«
»Das meine ich nicht. Und du weißt das sehr gut.«
Ja, irgendwie schon. Aber ich schaffe es nicht, seinem Blick standzuhalten – diesen intensiven blauen Augen. Plötzlich wird mein Mund trocken, und mein Herz führt sich komisch auf. Vielleicht ein Infarkt. Schwer zu sagen. Jedenfalls verengt sich meine Brust, und ich bin froh, dass ich meinen Werkstudenten dieses Video über Erste Hilfe und Mund-zu-Mund-Beatmung gezeigt habe. So was brauche ich vermutlich, wenn ich ein paar Minuten später in die Fischer Hall wanken werde.
»Sorg dich nicht um mich«, murmle ich und starre seine Fingernägel an. So penibel manikürt wie die Nägel seines Bruders sind sie nicht. »Ich werde den Mord an Dr. Veatch nicht auf eigene Faust untersuchen. Inzwischen
habe ich meine Lektion gelernt, was die Mafia angeht und so...«
»Auch das meine ich nicht, Heather.«
»Nun, falls du erwartest, ich würde in die College-Kapelle gehen und behaupten, ich müsste meine Seele offenbaren, aber nur Reverend Mark und keinem anderen – in der Hoffnung, er würde mich begrapschen, damit ich ihn beim Kuratorium verpfeifen könnte. Nein, nicht einmal das werde ich tun, denn ich muss mich heute noch in meinem Büro zeigen, wenigstens kurzfristig. Sonst verliere ich meinen Job.«
»Verdammt, davon rede ich auch nicht«, sagt Cooper uncharakteristisch frustriert.
Da wage ich aufzublicken und merke erstaunt, dass er nicht mich anschaut, sondern einen fernen Punkt irgendwo über meiner linken Schulter. Als ich mich zur Seite drehe, um festzustellen, was ihn dermaßen fasziniert, sehe ich nur einen gemieteten Ryder-Lieferwagen weiter unten an der Straße parken, mit offener Heckklappe, direkt vor dem Haus, in dem Owen gewohnt hat. Seltsam – jetzt, um die Mitte des Monats? Wer könnte ein- oder ausziehen? Lässt sich jemand scheiden?
Ich wende mich wieder zu Cooper, und seine Hand gleitet von meinem Arm hinab. »Geh jetzt rein, die Gehälter warten«, sagt er in seinem normalen, leicht sardonischen Ton und greift nach dem Zündschlüssel.
»Eh – uh...«, stottere ich hastig. Moment mal – worauf wollte er eigentlich hinaus? Blöder Ryder-Wagen, blöde Leute, die sich scheiden lassen. »Ja, das wäre sicher besser. Danke, dass du mich nach Rock Ridge gefahren hast und für deine Hilfe, mit Gavin und Jamie...«
Jetzt verblüfft er mich total, denn er lächelt, als ich
Gavin erwähne. Ja, ich werde tatsächlich eine Mund-zu-Mund-Beatmung brauchen, weil dieses Lächeln alle meine lebenswichtigen Adern blockiert. »Ich glaube, du hast recht, Heather. So übel ist er gar nicht.«
Was ist denn nur los mit ihm?
Bevor ich das herausfinden kann, ruft jemand meinen Namen. Sarah steht auf dem Gehsteig und starrt mich nervös an. Zumindest vermute ich, dass es Sarah ist.
»Okay, Heather, wir sehen uns später daheim«, sagt Cooper. Die Brauen hochgezogen, taxiert er Sarahs Outfit. Um die radikale Veränderung zu bemerken, die mit ihr vorgegangen ist, muss man kein erprobter Detektiv sein. Lippenstift, High Heels, Kontaktlinsen
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