Mord auf Bali: Ein Urlaubs-Krimi (German Edition)
Kofferträgers gestern nur Fassade? Wirkt das ausgelassene Urlaubstreiben der Hotelgäste nicht völlig aufgesetzt?
Die zwei Gucci-Tanten liefen am Pool entlang, auf der Suche nach einem schattigen Plätzchen. Zwei jüngere Australier, in Billabong-T-Shirts und Shorts, tollten über die Wiese und machten sich bereit, in den Pool zu springen. Die Guccis setzten sich so, dass sie die beiden gut im Blick hatten. Hinter ihren teuren Sonnenbrillen blieben ihre wahren Absichten verborgen.
Es gibt viel zu tun, pack's an, dachte Rauscher und schritt zur Tat. Zunächst würde er sich Horst Maurers Zimmer ansehen. Er wusste, wo der Pool war, die Bar und das Meer. Verstreute Wege führten durch die gesamte Anlage, alles sehr schön zurechtgemacht, mit exotischen Blumen und Pflanzen geschmückt. Rauscher nahm sich vor, die Hotelumgebung zu erkunden, sobald er ein bisschen Zeit hatte.
Er erkundigte sich nach der Zimmernummer von Horst Maurer bei den Polizisten, die immer noch unten im Foyer saßen, und fand es recht schnell. Ein Polizist stand davor und hielt Wache. Rauscher erkannte ihn sofort, denn er war morgens dabei gewesen, als er verhaftet wurde. Rauscher grüßte, und der Polizist erwiderte mit einem Lächeln. Immer dieses Lächeln, dachte Rauscher, ich kann es nicht mehr sehen.
Offenbar hatte Kommissar Padang der Wache Anweisung erteilt, jeden seiner Schritte im Zimmer genauestens zu beobachten.
Maurers Zimmer glich exakt seinem. Braune Steinplatten auf dem Fußboden. Holzgetäfelte Wände. Eine Klimaanlage rechts oben in der Ecke. In der Mitte ein großes Bett. Horst Maurer hatten sie schon weggebracht. Laken und Bettzeug waren durcheinander, aber kein Blutfleck war darauf zu sehen.
Rauscher betrachtete es genauer. Der Mörder hatte Maurer wohl im Schlaf mit einem Stich erwischt. Muss ein ziemlich skrupelloser Typ sein, der einen Wehrlosen absticht, dachte er. Na ja, Horst Maurer war sowieso zu besoffen, um etwas zu merken.
Ansonsten war das Zimmer auffällig aufgeräumt. Keine Spur von durchsuchten Schränken, Kommoden oder Koffern. Rauscher ging auf die Knie und lugte unters Bett. Auch hier nichts, nicht mal ein Staubkorn.
Der Polizist verfolgte jeden seiner Schritte mit großem Interesse. Auch als er sich vom Bett abwandte und einer kleinen Kommode näherte. Hier hatte Horst Maurer fein säuberlich zehn Uhren nebeneinander gelegt. Gucci, Rolex, Fendi, Cartier und so weiter. Lauter Imitate von Damenuhren. Wofür er die wohl brauchte, fragte sich Rauscher. Vielleicht wollte er die genaue Uhrzeit in Deutschland, Thailand oder Kuba wissen. Aber alle zeigten die gleiche Zeit an. Also sollte das Ganze wohl eher einem Vergleich dienen. Welche Uhren gehen exakt?
Dann inspizierte Rauscher die zwei oberen Schubladen. In der einen lagen Socken, in der anderen Shorts. Ansonsten war die Kommode leer.
Auf dem Nachttisch lagen drei dünne Krimi-Heftchen. Die Titel hatte er noch nie gehört. Daneben lag ein kitschiger Liebesroman mit dem Titel „Auf den Flügeln der Wonne“ und ein Buch mit dem Titel „Der Kitzler – ein Mysterium wird neu entdeckt“. Nanu, dachte Rauscher, das passt ja gar nicht zu Maurer. Wer so einen Schrott freiwillig liest, den muss es wirklich erwischt haben. Im Nachttisch lagen ein Pornoheftchen, eine Sonnenbrille, eine CD von Melanie Thornton, ein balinesischer Sarong und ein Zettel mit einer Internet-Adresse: www.worldsexforum.de . Als Rauscher sich unbeobachtet fühlte, steckte er ihn ein.
Sonst fand er nichts Interessantes. Im Schrank lagen Klamotten. Im Bad das übliche Zeug: Nassrasierer, Zahnbürste, Cool Water After Shave, französisches Parfüm. Ein Blick in den fast leeren Kühlschrank brachte auch keine neuen Erkenntnisse. Rauscher setzte sich auf einen Stuhl, sein Blick streifte quer durch den Raum, er überlegte, und ihm fiel nichts mehr ein.
Dann brach er die Untersuchung ab.
Als Rauscher aus Horst Maurers Zimmer kam, wurde ihm schlagartig bewusst, dass er auf Bali bei allen Ermittlungen ohne seinen gewohnten Polizeiapparat auskommen musste. Er konnte auf niemanden zählen, außer auf sich selbst. Niemand war da, der hinter ihm stand und Dinge erledigte, für die er keine Zeit hatte. Der Detektiv in ihm war gefragt. Ein feines Schnüffelnäschen. Wusste er eigentlich, wie das funktionierte? Er war unsicher. Wie hat Sherlock Holmes das gemacht? Kannte er noch andere Detektive? Und welche Methoden wandten sie an? Er hatte keine Lust, weiter darüber nachzudenken. Zu viel blieb
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