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Mord auf dem Golfplatz

Mord auf dem Golfplatz

Titel: Mord auf dem Golfplatz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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wieder.
    »Dennoch – wie Sie sagen. Zweifellos sind Sie mit Ihrer Leistung zufrieden. Ich dagegen mache mir Gedanken über Jack Renauld.«
    Jack Renauld! Bei diesen Worten fuhr ich zusammen. Diesen Aspekt der Sache hatte ich total vergessen. Jack Renauld, in Haft, bereits vom Schatten der Guillotine bedroht. Nun sah ich meine Rolle in trüberem Licht. Ich konnte Bella retten – das schon, aber dann riskierte ich, einen Unschuldigen aufs Schafott zu schicken.
    Voller Entsetzen verdrängte ich diesen Gedanken. Es war doch unmöglich. Er würde freigesprochen werden. Natürlich würde er freigesprochen werden. Aber die kalte Furcht stellte sich wieder ein. Was, wenn nicht? Was dann? Konnte ich das auf mein Gewissen laden – entsetzliche Vorstellung! Würde das das Ende sein – eine Entscheidung, Bella oder Jack Renauld? Mein Herz riet mir zu, um jeden Preis die Frau zu retten, die ich liebte. Aber wenn ein anderer diesen Preis bezahlen musste, dann sah die Lage doch anders aus.
    Was würde sie selbst sagen? Mir fiel ein, dass ich Jack Renaulds Verhaftung mit keinem Wort erwähnt hatte. Bisher ahnte sie nicht, dass ihr früherer Liebhaber im Gefängnis saß und dass ihm ein entsetzliches Verbrechen angelastet wurde, das er nicht begangen hatte. Wie würde sie sich verhalten, wenn sie es erfuhr? Würde sie zulassen, dass ihr Leben auf seine Kosten gerettet wurde? Sie durfte auf keinen Fall etwas übereilen. Jack Renauld konnte – und würde aller Wahrscheinlichkeit nach – auch ohne ihr Eingreifen freigesprochen werden. Und damit wäre alles gut. Aber was, wenn nicht? Das war das entsetzliche, das unlösbare Dilemma! Ich stellte mir vor, dass ihr nicht die Todesstrafe drohen würde. In ihrem Fall lagen die Umstände des Verbrechens ganz anders. Sie konnte Eifersucht und böswilliges Verlassen geltend machen, und ihre Jugend und Schönheit würden nicht ohne Wirkung bleiben. Die Tatsache, dass durch ein tragisches Versehen Mr Renauld den Preis gezahlt hatte, und nicht sein Sohn, konnte an ihrem Motiv für das Verbrechen nichts ändern. Doch so milde das Urteil der Richter auch ausfallen mochte, sie würde doch mit vielen Jahren im Gefängnis rechnen müssen.
    Nein, Bella musste beschützt werden. Aber zugleich musste Jack Renauld gerettet werden. Wie beides möglich sein sollte, konnte ich mir nicht so recht vorstellen. Ich verließ mich auf Poirot. Er wusste alles. Und komme, was wolle, es würde ihm gelingen, einen Unschuldigen zu retten. Es würde sicher nicht leicht sein, aber auf irgendeine Weise würde er es schaffen. Und wenn niemand Bella verdächtigte und Jack Renauld freigesprochen wurde, dann würde alles in schönster Ordnung sein.
    Das sagte ich mir immer wieder, aber im tiefsten Herzen verspürte ich nach wie vor eine kalte Furcht.

Vierundzwanzigstes Kapitel

»Retten Sie ihn!«
     
    W ir verließen England mit der Abendfähre und erreichten am nächsten Morgen St. Omer, wohin Jack Renauld gebracht worden war. Poirot machte sich unverzüglich auf den Weg zu M. Hautet. Da er keine Einwände gegen meine Gesellschaft zu haben schien, schloss ich mich an.
    Nach allerlei Formalitäten und einleitenden Floskeln wurden wir ins Zimmer des Untersuchungsrichters geführt. Er begrüßte uns herzlich.
    »Ich hatte gehört, Sie seien nach England zurückgekehrt, Monsieur Poirot. Ich freue mich, dass das nicht der Fall ist.«
    »Ich war dort, Monsieur, aber nur für eine Stippvisite. Eine Nebenspur, aber doch eine, von der ich annahm, dass sie genauere Untersuchungen lohnen würde.«
    »Und hat sie das – eh?«
    Poirot zuckte mit den Schultern. M. Hautet nickte und seufzte.
    »Wir müssen uns damit abfinden, fürchte ich. Dieses Tier Giraud, er hat entsetzliche Manieren, aber er ist zweifellos klug. Kaum Hoffnung, dass so einer einen Fehler begeht.«
    »Meinen Sie?«
    Jetzt war der Untersuchungsrichter derjenige, der mit den Schultern zuckte.
    »Na ja, um ganz offen zu sein – und ganz im Vertrauen natürlich –, sehen Sie denn eine andere Möglichkeit?«
    »Um ganz offen zu sein, ich sehe noch viele unklare Punkte.«
    »Als da wären?«
    Doch Poirot ließ sich nicht aushorchen.
    »Ich habe sie noch nicht zusammengestellt«, sagte er. »Das war eher eine allgemeine Bemerkung. Mir gefällt der junge Mann, und ich würde ihn nur ungern eines derart entsetzlichen Verbrechens für schuldig halten. Was sagt er denn eigentlich zu diesen Vorwürfen?«
    Der Untersuchungsrichter runzelte die Stirn.
    »Ich verstehe ihn

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