Mord auf Frauenchiemsee - Oberbayern Krimi
und plötzlich hatten es die Jugendlichen eilig, zurück in den Wintergarten zu kommen.
Patrick Haberl protestierte wenig überzeugend, setzte sich aber schließlich in Bewegung. Über die Treppe stieg er hinauf ins Obergeschoss, wo er eine Tür öffnete. Über eine weitere schmale Treppe erreichten sie den Dachboden.
Haberl griff in seine Hosentasche und förderte mit zitternden Fingern einen Schlüssel zutage. Der Kriminalkommissar hatte ihn immer noch im Griff. »Beeilung«, sagte Stefan.
Die Tür öffnete sich zum Raum hin, und Haberl drückte auf einen Lichtschalter.
Stefan registrierte einige Kartons, die herumstanden, alte Möbel und Staub. Eine einzelne Birne hing von der Decke und sorgte für ein wenig Helligkeit. Es war kalt hier oben, der Dachboden war nicht isoliert. Patrick Haberl gab einen seltsamen Laut von sich, sein Körper aber blieb starr, als könnte er sich nicht bewegen.
Der Kriminalkommissar ließ ihn los und durchquerte mit schnellen Schritten den Raum. Petra Haberl hatte sich eine Seilschlinge geknüpft und einen Stuhl aufgestellt. Dort saß sie mit dem Strick um den Hals und weinte.
Stefan tat, was ihr Mann hätte tun sollen und offenbar nicht konnte – er nahm die Frau in die Arme, hielt sie fest und ließ sie weinen. Er konnte ihr nicht sagen, dass alles gut werden würde. Die Lüge käme ihm respektlos vor und wäre allzu durchschaubar.
»Idiotisch«, brachte sie unter Schluchzern hervor und schaute ihn aus geröteten Augen an. »Andreas hat Leonie nichts getan. Er liebte sie mehr als sein Leben. Warum will man ihn zum Sündenbock machen?«
8
Johannes von Ruysbroek
Der Priester gilt als einer der größten belgischen Mystiker, nach seinem Tod gaben ihm die Gläubigen den Beinamen »Der Wunderbare«. Er zog sich in einen einsamen Wald bei Waterloo zurück und gründete später die Augustiner-Chorherren-Abtei Groenendael, deren erster Prior er wurde. Er war der Verfasser einiger herausragender mystischer Schriften.
2. Dezember
Frauenwörth im Chiemsee und das Rätsel um die Mumie in der Klostereiche. War es ein Verbrechen? Natürlich war es das! Nur – was für eines?
Heute bringen wir Licht in die Angelegenheit. Meine Empfehlung – dranbleiben!
Die Morgensendung lief, und das bedeutete, dass dem Sender diese Nachricht schon gestern am späten Abend vorgelegen haben musste.
Aber seit wann wurde denn Werbung eingespielt?
»War es ein Verbrechen, was würdest du sagen?«, gab Althea die Frage an ihren stillen Mitbewohner weiter. »Oder war es eigentlich Notwehr? – Was rechtfertigt einen Mord?« Sie wusste, eine Antwort würde es nicht geben, jedenfalls keine, die sie hören konnte. »Auge um Auge war nie deine Überzeugung, ich weiß.«
Frau Professor und das Archäometrie-Team hatten die Untersuchungen offenbar abgeschlossen.
Althea zappelte, sie würde zu spät zum Frühstück kommen, und wenn die Moderatoren der Spannung wegen weiter trödelten, auch noch zu spät zur Besprechung mit den Schwestern.
Aber wenn schon nicht rechtzeitig, dann käme sie wenigstens mit Neuigkeiten. Hoffentlich waren es keine allzu schlechten.
Es ging weiter mit der Berichterstattung.
Es fand sich ein geheimnisvolles Zeichen am Oberkörper der Frau. Die Rechtsmedizin und einige Experten beschäftigte diese Frage, und jetzt steht offenbar fest, was es zu bedeuten hat.
Althea wartete gespannt.
Die Mumie trägt ein Tattoo. Schreiben Sie mit, wenn Sie es nicht glauben können. Die Rechtsmedizinerin Siglinde Servus erklärte gestern, das sei keine Seltenheit, schon der legendäre Ötzi, dessen Mumie 1991 im Hauslabjoch in der Nähe des Ötztals entdeckt wurde, habe einige Tätowierungen gehabt; in seinem Fall hatten diese angeblich therapeutischen Charakter, sie befanden sich an klassischen Akupunkturstellen. Dieser Herr ist über fünftausend Jahre alt, die Mumie auf Frauenchiemsee dagegen nur einige Hundert.
Die Frau verschwand um das Jahr 1645 in der Klostereiche. Und zu dieser Zeit, erinnerte Frau Servus, herrschte immer noch Krieg.
War diese Frau eine Nonne, eine Novizin oder eine Chorfrau der Abtei? War es ein Unfall oder Mord?
Gleich wird das Rätsel aufgelöst …
Althea saß auf Kohlen. Der Dreißigjährige Krieg hatte auch das Chiemgau verheert, Hungersnöte und Seuchen entvölkerten ganze Landstriche. In Süddeutschland überlebte nur ein Drittel der Bevölkerung. Er war auch ein Religionskrieg, in dem die Katholische Liga zusammen mit den kaiserlichen Truppen gegen die
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