Mord auf Frauenchiemsee - Oberbayern Krimi
Hosentasche und stand auf. »Der Empfang ist hier unten schlecht.« Und er marschierte eilig die Stufen hinauf. Kurz darauf hörte Althea oben die Tür zuklappen.
Sie warf noch einen kurzen Blick zur Treppe, ging dann um den Dokumententisch herum und schaute sich das Pergament an, das Seidel vor ihren Blicken verborgen hatte.
Erneut war es ein Plan des Klosters unbestimmbaren Alters; unbestimmbar für Althea. Ein ganz normaler alter Plan, oder?
Aber Seidel hatte sich auf einem Zettel Notizen gemacht, und warum hätte er das tun sollen? Der Plan musste eine Bedeutung haben.
Evtl. beschlagener Holzkasten für Dokumente in Wandnische von geheimer Zelle? Das Fragezeichen bedeutete, er wusste es nicht sicher.
Konnte das wirklich sein? Eine Wandnische in der Büßerzelle?
Wenn sie dort drin die Wände untersuchen wollte, dann musste sie sich etwas anziehen. Vielleicht sogar die warmen Strumpfhosen. Sie tat so, als müsste sie darüber gründlich nachdenken, dabei waren es doch nur ein paar Handgriffe, und das Gefühl der Enge würde ja nicht allzu lange dauern.
Sie deckte Dr. Seidels Offenbarung wieder zu und lief gedankenvoll nach oben. Sollte sie Werkzeuge mitnehmen und wenn ja, welche? Eine Taschenlampe in jedem Fall. Vorerst nur die.
Althea beschloss, erst einmal Seidels Vermutung nachzugehen, ob sich in der Büßerzelle irgendwo eine Wandnische verbarg.
Sie zog ihre Strumpfhose an, die Chiemsee-Stiefel, ihren Mantel und Handschuhe. Im Brustbeutel war ihr Taschenmesser. Wenn sie etwas Interessantes fand, könnte sie mit dem Messer die Fugen freikratzen und vielleicht einen Stein herausnehmen.
Jadwiga war beim Pfarrer, der Archivar mit sich selbst beschäftigt, und den Historiker hatte sie heute noch gar nicht gesehen.
Sie hoffte, dass keine der Schwestern irgendwo auf dem Friedhof und in der Kirche herumschwirrte. Althea wollte keine unnötige Aufmerksamkeit erregen. Sie musste nur Dr. Seidel zuvorkommen, doch der würde sich am ehesten bei Nacht unbeobachtet fühlen.
Kein Mensch war an einem der Gräber. Graupel stach Althea ins Gesicht, und vom See kam Nebel herüber. Sie beeilte sich. Es war ein ungesundes Wetter für Nachforschungen.
Der heilige Benedikt schaute sie bedauernd an, und Althea erklärte ihm, er müsse ja nicht hinsehen. Sie drehte die Figur, die Wand öffnete sich und gab den Blick auf die geheime Kammer frei.
Sie würde etwas brauchen, um die Steine abzuklopfen, aber erst einmal würde sie sich das Gefüge des Mauerwerks und die Verbindungen anschauen. Ob vielleicht einer der Steine markiert war, oder ob es sonst eine Besonderheit gab. Eine Nische konnte auch in Bodennähe zu finden sein. Althea würde einfach unten anfangen und sich die Wände hinaufarbeiten. Zuerst nur mit den Augen und mit den Händen. Sie zog die Handschuhe aus.
Mit einer Hand hielt sie die Lampe und leuchtete, während sie mit den Fingern der anderen dem Licht folgte und sich Stein für Stein vornahm. Sie ließ sich Zeit, um sich anschließend nicht fragen zu müssen, ob ihr möglicherweise etwas entgangen war.
An der steinernen Bank angekommen, dachte Althea mit Grausen daran, wie die alte Kath den Mord an Margarete von Enzensdorf beschrieben hatte. Während Kath diese Vergangenheit deutlich vor Augen gehabt hatte, sah Althea nur die Bilder, die ihr eigenes Gehirn beisteuerte – sicher waren es nicht dieselben, doch die Vorstellung konnte manches Mal ein Folterknecht sein.
Als ihre Finger an der Unterseite der Bank etwas ertasteten, kniete sie sich hin, legte den Kopf schief und leuchtete mit der Taschenlampe, um die Stelle genauer betrachten zu können. Da waren Einkerbungen. Es sah aus wie ein in den Stein gearbeitetes Kreuz, womöglich ein dezenter Hinweis, dass, wer auch immer in dieser Kammer eingesperrt wurde, sich nicht auch noch von Gott verlassen fühlen musste.
Die Bank barg keine weiteren Erkenntnisse. Vielleicht benötigte sie wirklich etwas Werkzeug, und eine größere Lampe wäre auch nicht übel, so sah man einfach nicht genug.
In diesem Moment hörte sie das Schaben. Es war niemand da, es konnte nicht sein, doch die Geheimtür schloss sich.
Althea sprang auf, die Lampe fiel ihr aus der Hand und rollte über den Boden. Sie versuchte den sich schließenden Stein noch irgendwie aufzuhalten, aber genauso gut hätte sie versuchen können, einen voll besetzten Bus zu schieben.
Dann hörte das Geräusch auf. Althea war eingeschlossen.
Die Taschenlampe strahlte ihr mattes Rund an die
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