Mord auf Raten
hart auf.«
»Soll ich das als Kompliment werten?«, fragte er lächelnd.
»Eigentlich war es so gemeint.«
Sie wartete, bis Brandt und Andrea in den Wagen eingestiegen und losgefahren waren, dann ging sie ins Haus zurück. Sie ließ sich in den Sessel fallen und trank und weinte, trank und weinte …
Freitag, 21.55 Uhr
Sie hatten sich nur kurz über Katharina Wedel unterhalten, denn ihre Gedanken waren fast die gleichen. Andrea hatte nichts dagegen, Christine Wedel noch einen Besuch abzustatten, sie sagte sogar, es sei wichtig, es gleich zu erledigen.
Die Rollläden waren heruntergelassen, doch durch die Eingangstür schimmerte Licht. Brandt klingelte. Nach einer Weile meldete sie sich und öffnete, nachdem Brandt sich zu erkennen gegeben hatte, das Tor.
»Sie, um diese Zeit?«
»Wir sind eben immer im Dienst, vor allem, wenn es um Mord geht. Dürfen wir reinkommen?«
»Bitte«, sagte sie kühl und machte die Tür frei. »Ich dachte, ich hätte Ihnen schon alles gesagt.«
»Das dachte ich auch«, entgegnete Brandt auf dem Weg ins Wohnzimmer.
»Was soll das denn heißen?«
»Das werden Sie uns bestimmt gleich erklären können. Das ist übrigens Dr. Sievers, sie ist Rechtsmedizinerin.«
»Schön, aber …«
»Setzen wir uns doch einfach, Sie beantworten mir ein paar Fragen, und umso schneller sind wir wieder weg.«
»Also, ich höre«, sagte sie, die Arme in Abwehrhaltung über der Brust verschränkt.
»Frau Wedel, ich glaube, Sie haben mir heute Nachmittag nicht die Wahrheit gesagt. Zumindest nicht die ganze. Deshalb noch einmal meine Frage – wie lange ging das Verhältnis zwischen Ihnen und Ihrem Schwager?«
»Das habe ich Ihnen doch gesagt. Bis Januar.«
»Aha. Es gibt aber zwei Ungereimtheiten in Ihrer Aussage, die ich gerne aus dem Weg geräumt haben möchte. Die eine ist, Sie haben sich einem Aidstest unterzogen, obwohl Sie mit Ihrem Schwager angeblich nur mit Kondom verkehrt haben. Warum haben Sie diesen Aidstest dann gemacht, wenn Sie nichts zu befürchten hatten?«
»Ich habe meine jährliche Blutuntersuchung machen lassen und dabei hat mich der Arzt gefragt, ob ich mich nicht auch auf Aids hin testen lassen möchte. Ich habe zugestimmt.«
»Frau Wedel«, mischte sich jetzt Andrea ein, die Mühe hatte, die Ruhe zu bewahren, ihr Ton war scharf, fast unerbittlich, »kein Arzt in Deutschland wird Ihnen einfach so vorschlagen, diesen Test zu machen. Dafür müssen ausreichende Gründe vorliegen, wie zum Beispiel ein schlechtes Blutbild, bestimmte Krankheitserscheinungen und so weiter. Wenn Sie gesund sind, gibt es keinen Grund anzunehmen, dass Sie HIV-positiv sind. Ich weiß das, denn ich bin Ärztin, wenn auch nur Rechtsmedizinerin. Warum also haben Sie diesen Test gemacht, und vor allem, wann?«
»Was wollen Sie eigentlich von mir?! Sie schneien hier mitten in der Nacht rein und bezichtigen mich der Lüge! Bitte, verlassen Sie sofort mein Haus, ich habe alles gesagt.«
»Nein, das haben Sie nicht«, entgegnete Brandt ebenfalls scharf. »Dr. Sievers hat Recht, kein Arzt wird Ihnen zu einemsolchen Test raten, es sei denn, es liegt die Vermutung nahe, dass Sie das Virus in sich tragen. Wer hat den Test gemacht? Dr. Kaufung?«
»Nein.«
»Frau Wedel, bitte, seien Sie nicht so verstockt, sonst müssen wir annehmen, dass Sie uns etwas ganz Wesentliches verschweigen. Und wenn Sie jetzt nicht reden, lade ich Sie aufs Präsidium vor, wo es um einiges unangenehmer wird als hier. Also, wann haben Sie den Test machen lassen und warum? Nachdem Ihr Schwager Ihnen von seiner Infektion berichtet hat?«
Christine senkte den Blick, ihr ganzer Körper wurde von einem plötzlichen Weinkrampf durchgeschüttelt. Sie sprang auf, rannte an das Barfach, holte eine Flasche Cognac heraus, schüttete ein auf dem Tisch stehendes Wasserglas halb voll und trank es in einem Zug aus. Anschließend zündete sie sich eine Zigarette an und nahm einen tiefen Zug. Brandt ließ ihr Zeit, sich zu beruhigen, und legte eine Hand auf Andreas Arm, die schon wieder etwas sagen wollte. Nach einer Weile sagte Christine mit einem Blick, der in die Leere zu gehen schien: »Dieses verdammte Schwein hat mir das angehängt!« Sie sah Brandt aus traurigen Augen an. »Es war ungefähr eine Woche, nachdem Kaufung ermordet worden war. Mein Mann war für zehn Tage unterwegs, Malaysia, Australien. Klaus und ich haben uns in einer Wohnung getroffen, die ihm gehörte …«
»Moment, von was für einer Wohnung sprechen Sie?«
»Sie ist in
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