Mord auf Raten
ansah, auf das Büro von Elvira Klein zu. Er klopfte, ein aufforderndes »Herein« kam von drinnen. Sie saß hinter ihrem Schreibtisch und machte ein paar handschriftliche Notizen in einer Akte. Es war angenehm kühl in dem Raum, ganz anders als im Präsidium. Das Privileg der Staatsanwaltschaft.
»Einen schönen guten Tag, Herr Brandt. Nehmen Sie bitte Platz«, sagte sie, ohne aufzublicken.
»Ich hab nicht viel Zeit, meine Kollegin wartet, wir haben eine Menge zu tun.«
»Das verstehe ich. Trotzdem hätte ich gerne Informationen über den gegenwärtigen Stand der Ermittlungen. Was haben Sie bis jetzt? Sie haben doch schon Informationen, oder?«
»Sicher nicht mehr als Sie. Wir arbeiten an dem Fall, und ich werde Sie zu gegebener Zeit wissen lassen, wenn wir etwas rausgefunden haben. Haben Sie auch Bereitschaft?«
Sie schlug die Akte zu und legte sie auf einen Stapel anderer Akten, lehnte sich zurück und faltete die Hände. »Herr Brandt, ich bin immer im Dienst, nur so kommt man weiter. Aber um Sie zu beruhigen, ich habe Bereitschaft, deshalb ist auch meine Sekretärin hier. Netter Zufall, nicht?«
»Wenn Sie meinen.«
»In welcher Richtung ermitteln Sie, wenn ich fragen darf?« Da war wieder dieser Ton, den er nur schwer ertragen konnte, spitz und von oben herab.
»Es gibt noch keine Richtung«, erwiderte Brandt trocken. »Wir befragen das Umfeld von Kaufung, seine Freunde, seine Bekannten, seine Liebschaften und so weiter. Mehr kann ich Ihnen nicht sagen.«
»Liebschaften?«, fragte Elvira Klein, hellhörig geworden und mit hochgezogenen Brauen. »Wie habe ich das zu verstehen?«
»So, wie ich es gesagt habe. Der gute Mann hat keine Gelegenheit ausgelassen. Kannten Sie ihn zufällig?«
»Nein. Hätte ich ihn kennen sollen?«, fragte sie mit unergründlichem Lächeln.
»Es hätte vielleicht Ihr Leben bereichert«, konnte Brandt sich nicht verkneifen zu sagen.
»Herr Brandt, ich bitte Sie, wofür halten Sie mich?«
Für eine, die irgendwann als alte Jungfer endet, wenn du immer nur Arbeit im Kopf hast, dachte Brandt, antwortete aber stattdessen: »Ich dachte nur, dass er es bestimmt auch bei Ihnen versucht hätte.«
»Soll ich das etwa als Kompliment auffassen?«
»Wenn Sie möchten. Fakt ist, Kaufung hatte zahlreiche Affären, und es könnte immerhin sein, dass sein Mörder in diesem Umfeld zu finden ist. Ein eifersüchtiger Ehemann, eine sitzen gelassene Frau …«
»Ja, ja, wenn Frauen hassen …«
»Das hab ich vorhin schon einmal gehört. Sie hätten ihn doch bestimmt umgebracht, oder?«
»Wer weiß, kommt drauf an, was für ein Mann er war. Aber hören wir mit diesem dummen Geplänkel auf. Woher wissen Sie, dass Kaufung zahlreiche Affären hatte?«
»Er wurde von seiner Geliebten gefunden, einer jungen Frau, die mit einem dreißig Jahre älteren Mann verheiratet ist. Die beiden hatten für gestern Abend eine Verabredung.Ich habe mich daraufhin im Tennisclub umgehört, wo Kaufung gestern zuletzt gesehen wurde, und habe erfahren, dass er schon einige andere Frauen von dort flachgelegt hat. Unter anderem verheiratete Frauen.«
»So einer war das also. Das wirft natürlich ein ganz besonderes Licht auf die Angelegenheit. Was aber nicht unbedingt bedeuten muss, dass eine von ihnen etwas mit seinem Tod zu tun hat. Was ist mit Drogensüchtigen? Haben Sie auch diese Möglichkeit in Erwägung gezogen? Soweit ich gehört habe, wurde sein Medikamentenschrank geplündert.«
»Meine Kollegen arbeiten dran. Wie gesagt, es gibt noch keine Richtung, wir stehen am Anfang. Aber Sie werden selbstverständlich mit den nötigen Informationen gefüttert, sobald wir welche haben«, sagte er ironisch.
»Ich habe nichts anderes erwartet«, erwiderte sie spöttisch. »Und wann, glauben Sie, können Sie mit ersten Ergebnissen aufwarten?«
»Von was für Ergebnissen sprechen Sie? Kaufungs Tod liegt gerade einmal«, Brandt schaute auf seine Uhr, »knapp fünfzehn Stunden zurück. Wir können nicht hexen, falls Sie das denken. Aber wir kriegen den oder die Täter.«
»Das hoffe ich doch, denn wie würden wir in der Öffentlichkeit dastehen, wenn die Kripo Offenbach nicht in der Lage wäre, den Mörder eines Prominentenarztes zu fassen.«
»Ja, wie würden wir wohl dastehen, Sie und ich? Ich werde mich dann mal an die Arbeit machen. Einen schönen Tag noch.«
»Und Sie halten mich auf dem Laufenden?«
»Sie hören von mir«, sagte Brandt nur und ging nach draußen. Er holte tief Luft, schüttelte den Kopf und
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