Mord auf Raten
oder nicht. Banser war schwer zu durchschauen, er war offensichtlich Alkoholiker, er war zynisch, doch dies musste Gründe haben, denn keiner wurde als Zyniker geboren.Was Brandt jedoch sofort feststellte, war, dass Banser ein sehr intelligenter Mann war, auch wenn seine Wohnung ein einziger Saustall war.
»Nein, aber Sie werden’s mir bestimmt gleich verraten. Oder lassen Sie mich überlegen.« Er strich sich mit einer Hand ein paarmal über das stopplige Kinn, dann fuhr er fort: »Er hat Sie geschickt, um mir zu sagen, dass er in Zukunft nicht mehr von mir belästigt werden möchte. Habe ich Recht?«
»Nein, er hat mich nicht geschickt. Herr Wedel ist tot, und ich denke, dass Ihnen das längst bekannt sein dürfte.«
Banser lachte meckernd auf und schlug sich auf die Schenkel. »Was, dieses Stinktier ist tot? Ich hätte damit rechnen müssen, dass er eines Tages abhaut. Große gottverdammte Scheiße! Und nein, ich höre das zum ersten Mal, ob Sie es glauben oder nicht.«
»Wann haben Sie ihn zuletzt gesehen?«
»Keine Ahnung. Warum interessiert Sie das?«
»Beantworten Sie nur meine Frage.«
»Ich sag doch, ich habe keine Ahnung«, erwiderte er scheinbar gelangweilt, um gleich darauf um so zynischer zu fragen: »Woran ist er denn krepiert?«
»Er wurde erschossen. Deshalb meine Frage an Sie – wo waren Sie zwischen einundzwanzig Uhr dreißig und Mitternacht?«
»Hier zu Hause. Ich hab ferngesehen und gesoffen. Was soll diese Frage überhaupt?«
»Und es gibt keine Zeugen?«
»Sehen Sie hier irgendjemanden? Ich lebe seit zwei Jahren allein in diesem großen verfluchten Haus.«
»Aber Sie hatten Streit mit Herrn Wedel. Um was ging’s dabei?«
»Er hat mir Geld geschuldet, vierhunderttausend Mark, um genau zu sein, die Zinsen nicht mitgerechnet. Nicht gerade wenig, oder?«
»Und warum hat er Ihnen dieses Geld geschuldet?«
»Das ist eine Sache zwischen ihm und mir«, erwiderte Banser kurz angebunden.
»Jetzt nicht mehr, Herr Banser. Jetzt ist es nur noch eine Sache zwischen Ihnen und mir. Also, warum hat er Ihnen vierhunderttausend Mark beziehungsweise zweihunderttausend Euro geschuldet?«
»Wen juckt das noch, jetzt, wo er tot ist. Oder sehen Sie das anders?«
»Allerdings. Was ist nun, wollen Sie mir jetzt meine Frage beantworten, warum er Ihnen angeblich so viel Geld geschuldet hat, oder wäre es Ihnen lieber, wenn wir die Befragung auf dem Präsidium fortsetzen würden?«
»Sie können mich fragen, sooft Sie wollen, ich werde Ihnen darüber keine Auskunft geben, egal, ob hier oder in Ihrem Büro.«
»Aber Sie haben sich des Öfteren in der Galerie aufgehalten, haben dort angerufen, haben Herrn Wedel bedroht und auch seine Angestellten belästigt. Warum?«
»Wenn ich jemanden belästigt habe, der nicht Wedel heißt, dann will ich mich in aller Form dafür entschuldigen. Ansonsten ist das ganz allein meine gottverdammte Sache. Ich werde jedenfalls nichts mehr sagen. Und jetzt verschwinden Sie.«
Brandt beugte sich nach vorn und sah Banser an, der seinem Blick nicht auswich. »Herr Banser, warum machen Sie es mir so schwer? Ich weiß doch, dass die Galerie bis vor drei Jahren Ihnen gehört hat. Danach haben Sie sie an Wedel verkauft. Hat er Ihnen deshalb noch Geld geschuldet?«
»Kein Kommentar. Fragen Sie doch von mir aus seine Frau, die kann es Ihnen bestimmt sagen.«
»Sie kennen auch seine Frau?«
»Hab sie mal kennen gelernt. Ist ganz nett, aber viel zu schade für ein Arschloch wie Wedel.«
»Warum haben Sie die Galerie aufgegeben?«
»Hatte keine Lust mehr«, antwortete Banser gespielt gelangweilt und schenkte sich Wodka nach, wieder ein Wasserglas voll. »Einfach keine Lust mehr auf diesen Kunstkram.«
»Das glaube ich Ihnen nicht. Wie lange war denn die Galerie in Ihrem Besitz?«
»Fast dreißig Jahre. War schon ’ne tolle Zeit, bis …« Er stockte, kniff die Augen zusammen und schüttelte den Kopf. »Hören Sie, wenn Sie mich ausquetschen wollen, vergessen Sie’s. Es ist vorbei, Schluss und Ende. Wenn es sonst nichts mehr gibt, Sie wissen ja, wo die Tür ist.«
»Sie wollen mir also nicht helfen?«
»Ihnen helfen? Schulde ich Ihnen etwa einen Gefallen?« Er kam ebenfalls nach vorn, die Ellbogen auf die Schenkel gestützt, und sah Brandt mit glühenden Augen an. »Wissen Sie was, diese gottverdammte, beschissene Welt hat sich alles in den Rachen gesteckt, was mir gehörte und mir etwas bedeutete, und mir hat kein Schwein geholfen. Und jetzt verschwinden Sie endlich, ich
Weitere Kostenlose Bücher