Mord auf Raten
mich in Geschäftsangelegenheiten nicht im Geringsten auskenne.«
»Wir wollten den Fiskus nicht unnötig belästigen«, sagte Banser mit dem Anflug eines Lächelns.
»Können Sie vielleicht noch ein kleines bisschen deutlicher werden?«
»Wir wollten das Finanzamt bescheißen, ganz einfach. Das macht doch heutzutage fast jeder, oder nicht? Es war übrigens Wedels Vorschlag, und ich Depp bin drauf reingefallen.«
»Wenn Sie es sagen. Aber das steht hier nicht zur Debatte. Das heißt, Sie haben von Wedel nach Vertragsabschluss hunderttausend Euro erhalten, und auf den Rest warten Sie noch. Warum haben Sie die Galerie überhaupt verkauft, Sie sind doch noch gar nicht so alt?«
»Weil ich beschissen worden bin.«
»Können Sie mir auch das bitte näher erläutern? Und diesmal in mehr als nur einem kurzen Satz«, sagte Brandt scharf.
»Ich habe jetzt keine Lust. Wenn Sie mich hier behalten wollen, bitte schön, wenn nicht, würde ich jetzt gerne gehen.«
»Da muss ich Sie enttäuschen, aber unter diesen Umständen kann ich Sie nicht gehen lassen. Erst will ich von Ihnen die ganze Geschichte hören, und wenn zweifelsfrei bewiesen ist, dass Sie mit dem Mord an Wedel nichts zu tun haben, können Sie das Präsidium verlassen. Ich habe das Recht, Sie achtundvierzig Stunden in Gewahrsam zu nehmen, wenn auch nur der geringste Verdacht besteht, dass Sie in irgendeiner Weise an dem Mord beteiligt gewesen sein könnten.«
Banser winkte ab. »Auch gut. Gehen Sie nach Hause zu Ihrer Familie, die warten bestimmt schon sehnsüchtig auf Sie. Auf mich wartet keiner.«
»Es ist Ihre Entscheidung.«
Brandt griff zum Telefonhörer und bat einen Beamten, Banser abzuholen und in eine Zelle zu bringen. Dann sagte er: »Ich hoffe, Sie überlegen es sich und sind morgen etwas gesprächiger, sonst bleiben Sie mindestens noch eine Nacht hier.«
»Von mir aus, es ist doch sowieso alles egal. Wenn sich die Welt einmal gegen einen verschworen hat, hat man eh keine Chance mehr.«
Der von Brandt gerufene Beamte erschien, Brandt sagte ihm, er solle mit Banser vorher noch zur KTU gehen und Fingerabdrücke nehmen lassen und diese, sobald die Spurensicherung mit ihrer Arbeit fertig sei, mit den am Tatort sichergestellten vergleichen. Der Beamte führte Banser ab, der sich nicht mehr umdrehte. Brandt schüttelte den Kopf, seine Kiefer mahlten aufeinander. Er schloss kurz die Augen, in seinen Schläfen pochte das Blut. Er ärgerte sich weniger über Banser als über sich selbst. Es war eine falsche Taktik, die er angewandt hatte. Er wusste, er hatte Fehler bei der Befragung gemacht, obwohl er schon seit mehr als fünfundzwanzig Jahren im Dienst war und Befragungen zum Routinealltag gehörten, aber er war nach diesem langen und anstrengenden Tag nicht mehr in der Lage, wirklich klar zu denken. Ich werde wohl doch langsam alt, dachte er und stand auf. Erst jetzt merkte er, wie sehr ihn die letzten Stunden geschlaucht hatten, und wollte nur noch so schnell wie möglich nach Hause. Etwas essen, mit seinen Töchtern und Andrea zusammen sein und nicht mehr über den Tag nachdenken. Und doch wusste er, dass er nicht würde abschalten können.Wie immer, wenn ihn ein Fall so sehr beschäftigte. Um fünf Minuten nach acht kam er zu Hause an.
Mittwoch, 20.05 Uhr
Andrea, Sarah und Michelle hatten den Tisch gedeckt und saßen im Wohnzimmer vor dem Fernseher und sahen sich die Quiz-Show auf SAT1 an.
»Hi, da bin ich endlich. Was duftet denn hier so köstlich?«, fragte er und setzte ein Lächeln auf, das sehr gezwungen wirkte. Ihm war nicht nach Lächeln oder gar Lachen zumute, am liebsten hätte er sich in eine Ecke verkrochen, eine Flasche Bier aufgemacht und sie in einem Zug ausgetrunken. Solche Momente kamen sehr selten bei ihm vor, er war wütend, enttäuscht und unzufrieden. Er hatte nette Personen kennen gelernt, aber auch welche, zu denen er keinen Zugang gefunden hatte. Katharina Wedel kannte er schon länger, aber die Kälte, die sie an den Tag gelegt hatte, hatte ihn erschreckt. Ähnlich fühlte er, was Jochen Wedel betraf. Dazu kam die Aussage von Doreen Müller, die ihm Dinge über Klaus Wedel erzählt hatte, welche, sollten sie sich bewahrheiten, ein noch schlechteres Bild von ihm zeichneten, als Brandt ohnehin schon hatte.
»Wir haben eine chinesische Reispfanne gemacht«, sagte Michelle, kam auf ihren Vater zu und gab ihm einen Kuss auf die rechte Wange. »Schmeckt auch lecker.«
»Ich sterbe vor Hunger«, erwiderte Brandt, begrüßte
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