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Mord auf Widerruf

Mord auf Widerruf

Titel: Mord auf Widerruf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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junger Freund«, sagte Dalziel. »Was ist los? Verstehen Sie keinen Spaß? Ist das alles, was ich an Dank bekomme, Sie aufgemuntert zu haben, während Sie hier sitzen und warten, ob Sie Ihren Freund getötet haben oder nicht?«
    Endlich hatte er den Nerv getroffen, denn Swain war jäh auf den Füßen. Doch ob seine Wut für einen körperlichen Angriff ausgereicht hätte, sollte Dalziel nie erfahren, denn im Augenblick der Wahrheit öffnete sich die Tür und Wield tauchte auf.
    Desinteressiert blickte er auf die Szene und sagte: »Entschuldigen Sie die Störung, Sir, aber Mr. Stringer wurde gerade aus dem OP gebracht.«
    »Hoffen wir, daß es ihm dort gefallen hat. Wie geht es ihm?«
    »Darüber herrscht Stillschweigen, Sir, aber nach meiner Einschätzung steht es auf der Kippe, ob er noch einmal aufwacht, bevor er stirbt.«
    »So schlimm? Dann lohnt es kaum die Mühe. Andererseits sollte man den letzten Worten eines Menschen immer mit Respekt lauschen, würden Sie das nicht auch sagen, Mr. Swain?«
    Swain antwortete nicht, sondern drängte sich an den beiden Polizisten vorbei und verschwand über den Korridor. »Weitergekommen, Sir?«
    »Schwer zu sagen. Kein sichtbarer Schaden, aber wenn man ihnen immer wieder in die Rippen tritt, geht ihnen irgendwann die Puste aus. Ein paar Stunden irgendwo ohne Fenster und von dicken Mauern umgeben, und ich schätze, er würde weich werden. Doch ich wage zu behaupten, Mr. Pascoes bessere Hälfte würde uns Amnesty International schon auf den Hals gehetzt haben, bevor überhaupt ein Ergebnis in Sicht wäre. Peter, was zum Teufel machst du denn hier?«
    »Hat Ihnen Wieldy das denn nicht gesagt?« fragte Pascoe, der am Fenster stand und auf den schönen grünen Krankenhausgarten blickte. »Stringer ist im Aufwachraum, und seine Frau und Tochter dürfen bei ihm sein.«
    »Und da gehörst du auch hin, mein Sohn. Erste Reihe! Ich wette, auch Swain versucht, eine Eintrittskarte zu kriegen.«
    »Ich habe ihn vor einem Augenblick gesehen. Er sieht schrecklich aus, wirklich ganz aufgelöst.«
    »Ja, ich glaube, er ist tatsächlich ganz aufgelöst«, sagte Dalziel. »Würde es dir anders gehen?«
    »Wenn ich glaubte, einen Freund getötet zu haben? Natürlich wäre ich aufgelöst.«
    »Ach ja? So kann man es natürlich auch sehen.«
    »Wie man es sonst noch sehen könnte, fällt mir beim besten Willen nicht ein«, sagte Pascoe.
    »Fällt dir nicht ein? Und wie, wenn du glaubst, einen Gegner beseitigt zu haben, und du mußt feststellen, daß du die Sache vermasselt hast? Wie würdest du dich dann fühlen, Chief Inspector?«

Sechs
    A rnie Stringer öffnete um drei Uhr nachmittags zum letzten Mal die Augen. Obwohl er in einem sonnigen Zimmer lag, kam ihm einen Augenblick lang alles grau und verschwommen vor. Dann, wie bei einem Ferien-Dia, das man scharf stellt, sah er alles ganz deutlich. Seine Frau und seine Tochter, dunkeläugig und blaß; seinen Freund und Partner, mit vor Sorge trockenen Lippen; und einen irgendwie bekannten jüngeren Mann, dessen Augen stumm um Verzeihung flehten.
    Es fiel Stringer ein, daß dieser Urlaub lausig gewesen sein mußte, wenn das ein Ferien-Dia war. Er machte so selten einen Scherz, daß er diesen gern ausgesprochen hätte, aber er war sich dessen bewußt, daß er nur noch Kraft für sehr wenige Worte hatte. Sein Gehirn schien die körperliche Schwäche zu kompensieren, indem es mit Lichtgeschwindigkeit arbeitete, und er hatte bereits ein Dutzend weiser, ernster Abschiedsworte an seine Familie geprobt, als ihm einfiel, wer der Fremde war.
    Den Blick fest auf Pascoe gerichtet, sagte er langsam und deutlich: »Phil kann nichts dafür. Gottes Wille. Hat nur einem Freund geholfen. War mir ein guter Freund.«
    Und das war es. Zeit für einen letzten Blick … Zuneigung? Ermahnung? Bedauern? … auf seine Frau und Tochter, dann überließ er sich seiner Belohnung, deren exakte Natur ihm immer ein Rätsel gewesen war. Er zweifelte nicht daran, daß sie den Anhängern seiner Kirche die Gelegenheit bieten würde, den anderen ein »Ich hab es euch doch immer gesagt« zu sagen, aber der Rest war … der Rest war … ein Mysterium …
    Eine Krankenschwester, die bestätigen mußte, was keiner Bestätigung bedurfte, rief einen Arzt. Es war Marwood. Er wollte gerade das Laken über das Gesicht des Toten ziehen, da bot ihm Mrs. Stringer mit den Worten Einhalt: »Nein, er konnte es nicht ertragen, zugedeckt zu sein.«
    Marwood nickte und entfernte sich. Pascoe

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