Mord fuer Mord
nur dürftig beschreiben. Durch die nur durch eine Straßenlaterne beleuchtete Dunkelheit war allenfalls eine schmächtige Gestalt erkennbar, die dunkel gekleidet war und eine Schildkappe tief ins Gesicht gezogen hatte.
»Ich hatte ja etwas gezweifelt«, fügt Wittig hinzu, »aber Sie hatten wirklich den richtigen Riecher, Frau Hetzel.«
Ich nehme das Lob schweigend entgegen.
Nun sitzen wir also zu dritt in unserem Büro. Kaspar und ich spielen das »Schweigen im Walde«. Wittig wird die Sache aber allmählich zu bunt.
»Haben Sie sonst noch was zu erledigen?«, spricht er sichtlich verärgert in den Raum hinein.
Kaspar ergreift statt meiner das Wort.
»Nehmen Sie es uns bitte nicht übel, Kollege Wittig, aber die Sache mit Ihrem Vorgänger, dem Kommissar Karl, hat uns doch arg zugesetzt. Und nun hat man uns mit Ihnen wieder jemand Unbekanntes zugeteilt. Sie mögen durchaus kompetent sein und Ihre Versetzung zu uns durchaus angemessen, aber Sie müssen uns erst ein wenig Zeit geben, alles zu verdauen.«
Kommissar Wittig nickt ihm zu.
»Das Problem ist nur, wir haben nicht die Zeit dazu. Oder glauben Sie ernsthaft, der Täter wartet, bis wir uns angenähert haben?«
Er hat Recht. Wir sind in Zugzwang.
Bisher war uns der Täter immer mindestens einen Schritt voraus. Es bleibt uns nichts weiter übrig, als zusammenzuarbeiten.
»Gut«, stimme ich zu, »Kaspar, gib bitte unserem neuen Kollegen die Informationen zu dem aktuellen Fall. Schlimmer kann es nicht werden.«
Damit verabschiede ich mich kurz auf die Toilette.
Auf dem Gang zurück stellt sich mir jemand in den Weg.
»Na«, sagt er, »die Kinderchen gut zu Hause abgeliefert?«
Meine kleine Notlüge hat mich wieder eingeholt. Vor mir steht der Zeitungsreporter in seiner speckigen Jeans und der enganliegenden Lederjacke, eine Sonnenbrille klebt an den langen strähnigen Haaren.
»Oder sind wir vielleicht doch Frau Hauptkommissarin Dorothea Hetzel? Die hat nämlich gar keine Kinder.«
»Kennen wir uns?«, frage ich.
»Wir können uns auch gerade eben kennenlernen. Ich komme von der Zeitung, Rumpel mein Name.«
»Kein Bedarf!«, entgegne ich knapp und will mich schon wieder auf den Weg machen, als ein paar kräftige Hände meinen Arm festhalten.
»Hören Sie. Ich kann auch anders.« Er spricht leise und fast drohend. »Sie wollen doch nicht, dass über ihre Unfähigkeit in der Zeitung geschrieben wird. Oder stimmt es etwa nicht, dass Sie einen Kommissar Karl haben laufen lassen, der aller Wahrscheinlichkeit nach der Täter ist?«
Ich reiße mich los.
»Lassen Sie mich los, oder glauben Sie, dass es intelligent ist, eine Polizeibeamtin im Revier zu belästigen?«
Augenblicklich wird er sich der Situation bewusst, in der er sich befindet.
Er lässt sofort los, schaut sich nur noch kurz um und macht dann den Abflug, aber nicht, bevor er mir noch ein »Wir sehen uns!« zugeraunt hat.
Die Probleme nehmen einfach kein Ende.
30.
Der Rest des Tages vergeht sehr schnell.
Kaspar, Wittig und ich haben uns darauf geeinigt, gleich am Montag mit unseren Ermittlungen dahingehend fortzufahren, dass zwei von uns in die Hassberge fahren, um Adalbert Hofmann nochmals zu vernehmen.
Wittig, der Wochenenddienst schiebt, will versuchen, noch mehr über diesen Erhängten, diesen Adam Karl, und seine beiden Söhne herauszufinden.
Kaspar ist inzwischen so weit genesen, dass er seinen Drehstuhl selbständig verlassen kann.
Er hat mich nochmals dringlichst ermahnt, auf jeden Fall mein Handy aufzuladen und stets eizuschalten, wenn ich unterwegs bin.
Und ich selbst? Ich bin von der ereignisreichen Woche dermaßen geschlaucht, dass ich mir nichts sehnlicher wünsche, als ein warmes Bad und einen geruhsamen Schlaf.
Mit diesen Gedanken mache ich mich auf den Heimweg.
Ist es nicht zum Verzweifeln, wenn der Druck zunimmt? Wenn einen der Fall nicht zur Ruhe kommen lässt. Wenn man sich permanent mit dem Tod beschäftigt. Wenn man sich fragen muss, ob man nicht auch schuldig ist, weil man etwas übersehen hat, oder weil man eine falsche Entscheidung getroffen hat. Könnte Peter Schmitt noch leben? Sicherlich, wenn man früher seine Fingerabdrücke identifiziert hätte.
Seltsam. Normalerweise konnte es doch nicht so schwierig sein, irgendwelche Fingerabdrücke durch den Computer zu jagen und mit registrierten alten Bekannten zu vergleichen. Warum hatte es in diesem Fall so lange gedauert? Vielleicht waren die Fingerabdrücke genau von dieser Person verwischt… Oder Sie
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