Mord hat keine Tränen: Ein Fall für Jessica Campbell (German Edition)
verstehe ich. Ich gebe zu, ich selbst würde gerne wissen, wer er ist und warum er im Haus meines Onkels war. Also nur zu, führen Sie mich hin, ich sehe ihn mir an - aber nur ganz kurz, verstehen Sie mich nicht falsch! Ich habe nicht vor, Wurzeln zu schlagen.«
Auf dem Weg ins Haus entschuldigte Jess sich für ihr Ansinnen. »Ich weiß, dass es keine angenehme Sache ist, um die ich Sie gebeten habe.«
Bridget winkte ab. Im Wohnzimmer angekommen beugte sie sich über den Toten, warf einen Blick auf ihn und murmelte leise zu sich selbst: »Du meine Güte!« Sie studierte ihn noch einen Augenblick länger, bevor sie sich wieder aufrichtete und den Kopf schüttelte.
»Ich kann Ihnen nicht helfen, tut mir leid. Ich habe ihn noch nie gesehen. Wie ist er hierhergekommen?« Sie rümpfte ostentativ die Nase. »Er stinkt. Können wir vielleicht wieder nach draußen gehen, bevor mir schlecht wird?«
»Selbstverständlich. Danke, dass Sie versucht haben, uns zu helfen. Wir wissen das zu schätzen.«
»Kein Problem.« Bridget Harwell war bereits auf dem Weg zur Tür.
Draußen atmete sie tief durch. »Ich hoffe sehr, dass ich so was nicht noch einmal tun muss. Ich nehme an, Sie melden sich bei mir?«
Jess blickte dem kleinen blauen Sportwagen hinterher, als sie davonfuhren.
»Der arme alte Kerl«, sagte der junge Constable mitfühlend.
Jess pflichtete ihm insgeheim bei, doch das durfte sie nicht laut sagen. Außerdem gab es in diesem Moment eine Ablenkung.
»Da kommt ein Wagen«, beobachtete der Constable.
Und tatsächlich, ein roter Wagen näherte sich in langsamem Tempo und hielt draußen vor dem Tor von Balaclava House. Jess kannte den Wagen.
»Das ist der Pathologe«, informierte sie den Constable und ging, den Neuankömmling zu begrüßen.
Tom Palmer war ein stämmiger junger Mann mit einem wilden Schopf schwarzer Haare. Er stieg aus und ging zum Kofferraum, wo er sich vorbeugte und unter dem offenen Deckel kramte.
»Hallo Tom!«, rief Jess ihm zu. »Sie waren ausgesprochen schnell heute.«
Tom Palmer richtete sich auf, einen Einwegschutzanzug in der Hand. »Rein zufällig bekam ich einen Anruf von Ihrem Boss, der mir verriet, dass Sie einen mysteriösen Todesfall hätten. Ich hatte mich gerade zu einer wohlverdienten Tasse Tee hingesetzt. Er meinte, Sie wären hierher gefahren und hätten sowohl die Spurensicherung als auch einen Pathologen angefordert.« Sein Tonfall verriet Eile. »Nun, hier bin ich - von der Spurensicherung noch nichts zu sehen ...« Er blickte sich suchend um.
»Sie wird auf dem Weg sein«, antwortete Jess. »Um ehrlich zu sein, Tom ... ich weiß nicht, ob es dringend ist. Ich weiß nur, dass die ganze Sache sehr verdächtig aussieht. Wir haben einen Toten im Haus ...«, sie nickte in Richtung des Eingangs, »... und niemand weiß, wer er ist. Der betagte Bewohner fand ihn nach seiner Rückkehr aus der Stadt. Er sagt, er hätte den Toten noch nie im Leben gesehen.«
»Wo ist er jetzt?«, erkundigte sich Palmer, während er sich in den Anzug mühte. »Der betagte Bewohner, meine ich.«
»Er wurde von einer Verwandten abgeholt, wo er für ein paar Nächte bleibt.« Sie zögerte. »Die beiden waren in dem blauen Mazda MX5, dem Sie wahrscheinlich eben auf dem Weg hierher begegnet sind.«
Palmer grunzte. »Die Frau am Steuer hat mich angesehen, als hätte ich versucht, sie in den Straßengraben abzudrängen.«
»Es entspricht nicht ganz den Gepflogenheiten, ich weiß«, fuhr Jess nach kurzem Zögern verlegen fort. »Aber ich habe Mrs. Harwell, so heißt die Dame, gefragt, ob sie nicht vielleicht einen Blick auf den Toten werfen würde.«
Palmer hob eine Augenbraue. »Wie viele Personen sind in der Zwischenzeit durch das Haus getrampelt?«
Jess schnitt eine ironische Grimasse. »Viel zu viele, Tom. Trotzdem, ich wollte sicher sein, dass der Tote dem Hausbewohner tatsächlich unbekannt war, selbst wenn Mr. Bickerstaffe - so heißt der alte Mann - behauptet, dass er ihn nicht kennt.«
»Vielleicht ist Mr. Bickerstaffe verwirrt? Ältere Leute sind häufiger nicht mehr ganz zurechnungsfähig.«
»Oh, das denke ich nicht, Tom«, versicherte ihm Jess. »Mrs. Harwell meint, er hätte vielleicht beschlossen, sich störrisch zu geben. Sie kennt den Toten übrigens auch nicht.«
»Also gut«, sagte Palmer resigniert. »Zeigen Sie mir diesen geheimnisvollen Toten.«
Noch während er sprach, kam ein ziviler Lieferwagen rumpelnd über die schmale Straße und parkte am Ende der inzwischen
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