Mord hat keine Tränen: Ein Fall für Jessica Campbell (German Edition)
ehrlich gesagt«, warf Jess ein. »Obwohl mir bewusst ist, dass er mehr oder weniger zu allem fähig gewesen sein kann, falls er nicht mehr klar gedacht hat.«
»Das herauszufinden ist Ihr Job, nicht meiner«, sagte Palmer. »Aber da ist noch eine Sache ...« Er sah sie verlegen an. »Ich habe mir den Kopf zermartert, ob ich es sagen soll oder nicht. Aber ich denke ... ich denke, ich kenne sein Gesicht. Irgendwie.«
»Tom!«, rief Jess aufgeregt. »Warum haben Sie mir das nicht schon am Telefon gesagt?«
»Warten Sie - es ist nicht so einfach. Gleich als ich ihn auf diesem Sofa sah, dachte ich, Hoppla, dich habe ich schon mal irgendwo gesehen, Kollege. Aber ich weiß nicht wann oder wo! Ich kann ihn nicht einordnen, sosehr ich mir den Kopf auch zermartere. Sie wissen selbst, wie das ist, wenn Ihnen ein Gesicht vertraut erscheint und sie es nicht in einen Kontext bringen können. Es war vor Kurzem, oder zumindest glaube ich das. Ich kann nur sagen, dass es definitiv nichts mit der Arbeit zu tun hat. Es lässt mir keine Ruhe, aber ich kann nur sagen, dass ich ihn irgendwoher kenne und nicht weiß woher. Was den Namen angeht, glaube ich nicht, dass ich ihn gekannt habe.«
»Haben Sie ihn irgendwo in der Umgebung gesehen?«, hakte Jess nach.
»Kann sein. Es muss irgendwo gewesen sein, wo ich normalerweise nicht hingehe. Das engt die Möglichkeiten ein. Ich gehe kaum jemals auf Partys ...«, sagte er phlegmatisch. »Den ganzen Abend lang eng zusammengepfercht zu sein mit anderen Leuten, die sich stetig betrinken, bei viel zu lauter grässlicher Musik schreien zu müssen, um sich verständlich zu machen, und nicht die leiseste Ahnung haben, was der andere sagt - das ist nicht meine Vorstellung von Vergnügen.«
»Mir graut bei der Vorstellung, Mr. Palmer, zu welcher Sorte von Partys Sie eingeladen werden«, sagte sie tadelnd zu ihm.
»Schön, wenn Sie es unbedingt vornehm haben wollen - mir graut allerdings davor, in meinem einzigen ordentlichen Anzug mit weißem Hemd und Krawatte und einem Glas Fusel in der Hand herumzustehen, ohne Essen angeboten zu bekommen außer Erdnüssen und Canapés, die den ganzen Tag im Kühlschrank gestanden haben und bereits völlig durchgeweicht sind. Ich mag keine Menschenmengen. Es ist einer der Gründe, warum ich meine Urlaube mit Wandern verbringe und warum ich meinen Beruf mag.«
»Die Leichen geben keine Widerworte und kippen Ihnen kein Bier über?«, zog sie ihn auf. Ich scheine allmählich betrunken zu werden, dachte sie. Es liegt am Wein auf leeren Magen. Hoffentlich bringen sie bald das Essen!
»Ich bin kein Irrer«, wehrte er sich. »Ich rede nicht mit den Leichen, die ich untersuche. Ich tue meine Arbeit in Ihrem und dem Auftrag anderer Ermittler. Ich versuche herauszufinden, wie sie ihre letzten Stunden verbracht haben, und ich bemühe mich dabei, soweit das möglich ist, ihre sterblichen Überreste mit Respekt zu behandeln.«
»Bitte entschuldigen Sie, Tom. So war das nicht gemeint. Also haben Sie unseren Toten - als er noch lebte, meine ich - nicht in einem geselligen Kontext gesehen, auf einer Feier oder einer Party?«
»Ich glaube nicht ...« Er klang immer noch unsicher. Fester fügte er dann hinzu: »Ich habe ihn auch nicht auf der Arbeit gesehen oder im Zusammenhang damit. Ich weiß beim besten Willen nicht, wo ich ihn gesehen habe. Aber ich habe dieses Gesicht vor Kurzem gesehen, ganz bestimmt.«
Das Essen kam, und Tom Palmers Aufmerksamkeit wanderte zu seinem Teller.
Jess vermochte das Thema nicht so schnell fallen zu lassen. »Vielleicht im Fernsehen?«, fragte sie erwartungsvoll.
Er unterbrach sein gewissenhaftes Spaghettidrehen und sah sie an. »Nein. Nein, ich denke nicht.«
»In der Zeitung?« Jess überlegte angestrengt, wo Palmer sonst überall noch ein ähnliches Gesicht gesehen haben könnte.
Er runzelte die Stirn. »Ah ... nein. Nein, ich glaube nicht. Ich bin ziemlich sicher.«
Jess unternahm einen letzten Versuch. »Und Sie haben ihn auch nicht bei einer Ihrer Wanderungen getroffen?«
Palmer schüttelte den Kopf. »Nein. Daran habe ich selbst schon gedacht. Aber die Antwort ist nein. Er sah nicht nach jemandem aus, der durch die Wälder wandert. Zu schlaff. Ich kann nur sagen, dass ich seine Visage mit absoluter Gewissheit schon einmal gesehen habe. Ich versuche weiter, mich zu erinnern. Es fällt mir schon wieder ein. Aber nicht jetzt. Wie ist Ihr gegrilltes Hähnchen?«
Damit war das Thema zunächst beendet. »Sie geben mir Bescheid,
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